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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde
Autoren: O Krouk
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Raum.
    »Zarah! Nimm!« Seine Pistole schlitterte über die Dielen zu ihr. »Was ist hier los? Wie hast du den Bann durchbrochen, wenn ich es nicht konnte?«
    Sie griff nach der Waffe. »Keine Ahnung. Wollen wir die Einsatzbesprechung nicht ein wenig verschieben?« Sie feuerte in der Hoffnung, ihr würde es endlich gelingen, die Kreatur von der Menschenfamilie abzulenken und gleichzeitig in die Nähe des Kachelofens zu gelangen.
    Ash begann Zaubersprüche zu murmeln, um die magischen Kräfte herbeizulocken. Mit den Armen machte er ausholende Bewegungen, fast wie ein Vogel beim Abheben. Die unberechenbare Magie, die stets einen eigenen Willen hatte, zeigte sich gnädig. Von seinem Rücken löste sich eine Gestalt, die wie ein Schatten hinter ihm zu schweben begann: die zweite Gestalt des Rauchflügler-Dämons, mit beeindruckenden Schwingen, die von einer Wand des Zimmers bis zur anderen reichten. Dabei hatte er sie nicht einmal gespreizt.
    Ash ließ sich nach hinten fallen und wurde von der Schattengestalt aufgesaugt. Seine Arme wurden zu Flügeln, der Körper verformte sich. Die Füße verwandelten sich in Klauen, packten den Wandler und rissen ihn herum. Die Rauchschwingen schlugen beinahe majestätisch, drangen widerstandslos durch Decke und Wände, während Ashs Leib an den einer überdimensionalen Fledermaus erinnerte.
    Auch sein Gegner begann, sich zu wandeln. Aus der Gestalt des Familienvaters entwickelte sich langsam ein Basilisk mit Drachenflügeln, Hahnenkopf und einem Schlangenkörper, aus dem stämmige Reptilienbeine ragten.
    Super. Im Tierpark Hagenbeck hatte er sich also auch bedient.
    Endlich war sie beim Kachelofen, zog den Schürhaken aus dem Eimer und rannte auf die Kämpfenden zu. »Ash, weg da! Das Eisen kommt.«
    Der Dämon wich zur Seite. Mit dem Stiefelabsatz trat sie der Fabelechse auf die Vorderpfote. Der Schnabel schnappte nach ihr. Sie duckte sich, rammte dem Vieh den Eisengriff in den Rachen und schoss ihm ins Auge.
    Sein Gebrüll ließ die Wände erzittern. Es schüttelte den Kopf, schlug dabei die Wand zum Flur ein, röchelte und versuchte, den Schürhaken herauszuwürgen.
    »Verdammt, der Eisenanteil ist zu gering. Ash, wir werden mit ihm nicht fertig. Bring die Menschen in Sicherheit!«
    Der geflügelte Dämon glitt auf Alessa zu und schloss behutsam die Krallen um ihren Körper.
    »Mama!« Das Mädchen wand sich in seinem Griff, als Ash sie davontrug.
    Der Wandler begann zu schrumpfen – im massigen Körper des Basilisken hatte er kaum Bewegungsfreiheit.
    Alessas Mutter musste sich irgendwo hinter ihm befinden. Hoffentlich hatte er sie nicht zerdrückt.
    Erneut nahm er die Gestalt des Mannes an. Nur die Reptilienklauen – in einer kleineren Ausführung – blieben ihm erhalten. Mit einer davon presste er die bewusstlose Frau gegen den Boden.
    Zarah zog ihr Kurzschwert und hackte damit auf die Pranke ein, mit der er sein Opfer hielt. Der Wandler fauchte und holte aus.
    Der Hieb traf sie in den Bauch und schleuderte sie einige Meter davon. Kaum war sie auf dem Boden aufgeschlagen, spürte sie, wie Blut ihre Kleidung tränkte. Warmes, klebriges Blut, das die Kraft aus ihrem Körper spülte.
    Vier Tage.
    Noch vier verdammte Tage, und ich hätte auch eine andere Gestalt annehmen können, um Alessas Mutter zu befreien und sie wegzutragen.
    Ich habe versagt.
    Der Wandler rammte der Frau die Klaue in die Brust. Als die Pranke wieder auftauchte, hielt sie einen blutenden Klumpen fest, der sich rhythmisch zusammenzog. Das Herz!
    Mit großen Sätzen durchquerte der Wandler den Raum. Zarah sah, wie sein Körper über sie hinwegschnellte und gegen das Fenster prallte. Das Glas zersprang. Sie spürte ein paar Scherben, die auf sie herabprasselten und Wunden in ihr Gesicht ritzten, den kalten Wind von draußen, der ihr Blut erstarren ließ.
    Nein, er darf Ash und das Mädchen nicht auch noch erwischen!
    Ein Elefant aus Spanien …
    Plötzlich fiel ihr der helfende Reim nicht mehr ein, und tiefe Dunkelheit umfing sie.

2
    Zarah war tot. Zumindest jetzt.
    Oder träumte sie nur?
    Er nimmt ihre Hand, die in der seinen völlig verschwindet, und steigt mit ihr tiefer in die Dunkelheit. Seine Haut fühlt sich trocken und rau an, warm und kein bisschen vertraut. Denn er fasst seine Brut nur an, wenn es sich nicht vermeiden lässt.
    Zarah eilt neben ihm her, ohne sich dessen bewusst zu sein, dass sie ihre Beine bewegt, körperlos und doch in ihren Leib gezwängt. Hier, im Nirgendwo, scheinen weder Zeit noch
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