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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde
Autoren: O Krouk
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verschmelzen.
    »Unsere Einsatzzentrale hatte einen Notruf empfangen, dass dort ein Formwandler wütete. Das automatische GP S -System hatte dich als diejenige, die am nächsten dran war, lokalisiert. Die Verstärkung kam etwas später, aber zum Glück nicht zu spät, sonst hätten wir dich verloren.«
    »Aha.« Sie war eine richtige Dämonin. DÄ-MO-NIN . Endlich. Nicht zu fassen.
    »Nach deiner Entlassung aus dem Krankenhaus steht dir eine Woche Erholungsurlaub zu. Danach erwarte ich deinen Bericht, und wir besprechen den Fall. Bitte entschuldige mich jetzt, im Büro ist es momentan etwas hektisch. Wir haben hier interne Untersuchungen am Hals. Keine große Sache, aber unglaublich lästig. Bis dann!«
    Womöglich würde sie in ihrer Dämonengestalt sogar mit Ash fliegen können?
    Unwahrscheinlich, bei ihrer Abstammung.
    Aber so schön, die Vorstellung.
    Einmal hatte er sie mitgenommen, sie über das nächtliche Hamburg getragen. Sie hatte ihre Arme ausgebreitet und ihre Finger gespreizt, und für eine Weile hatte sie sich der Vorstellung hingegeben, selbst fliegen zu können. Hoch am schwarzen Himmel und weit über allem anderen.
    »Weißt du, ob …« Das Phon schwieg. Die Videokonferenz war beendet, das Display zeigte den Bildschirmschoner, und sie war nicht viel schlauer als zuvor.
    Der Formwandler. Vielleicht sollte sie mit dem anfangen. Erst nach und nach gelang es ihr, die Bruchstücke ihrer Erinnerungen zusammenzuklauben. Die Einsatznachricht der Zentrale kam ihr in den Sinn. Ein wütender Formwandler? Quatsch. Die rissen ihren Opfern nicht das Herz heraus. Die handelten nicht so gezielt. Das Vieh musste unter einem Bann gestanden haben.
    Nicht schlecht für den Anfang. Was noch?
    Um ein herausgerissenes Herz weiterschlagen zu lassen, bedurfte es jeder Menge Magie, die kein Formwandler in sich trug. Vermutlich handelte es sich sogar um Magie ersten Grades.
    Sie blinzelte.
    Wow.
    Sogar unter Dämonen, die den höchsten Kasten angehörten, gab es nur wenige, die über solche Kräfte verfügten.
    »Ungeklärte Frage Nummer eins«, sie drückte ihren kleinen Finger in die Handfläche der anderen Hand, »wenn jemand die Magie in einem solchen Ausmaß beherrscht, aus welchem Grund sollte er dann einen Formwandler als Handlanger benutzen?«
    Eine Kreatur primitiver Natur benahm sich unter einem Bann meist wie ein wilder Dilldapp im Kartoffelgarten. Ein erfahrener und starker Magier würde auf keinen Fall ein solches Risiko eingehen.
    »Ungeklärte Frage Nummer zwei«, der Ringfinger gesellte sich zum kleinen Finger, »woher kam der Notruf tatsächlich? Da ist doch etwas faul.«
    Erneut rief sie Ashs Namen ins Phon, damit es ihn anwählte. Bitte melde dich! Bitte, bitte, bitte!
    Bloß die Nachrichtenbox.
    Warum ging er nicht ran? Sie schleuderte das nutzlose Gerät in die Schublade. Wo war er? Ging es ihm gut? Unzählige bange Fragen kreisten in ihrem Kopf, bis sie sich kaum noch konzentrieren konnte.
    Ihm darf nichts passiert sein.
    Nicht an dem Abend, nicht danach …
    Nicht meinetwegen!

»Nie war Zukunft so nahe wie heute«
    Hubert Burda,
dt. Kunsthistoriker und Verleger
    Die Stimmen. Schon wieder hatten sie mich geweckt. Während ich irritiert zur Decke schaute, versuchte ich abermals festzustellen, ob das Flüstern von draußen kam. Meistens war es still, wenn ich aufwachte, und ich konnte den Wind in den Bäumen rauschen hören. Nur selten verirrte sich jemand hierher, denn mein Leben verstrich am Rande der Welt. Und manchmal außerhalb jeglicher Zeit. Die Leute, die meine Existenz überhaupt bemerkten, hätte ich an einer Hand abzählen können. Wie hätte es auch anders sein sollen, wenn ich meine vier Wände kaum verlassen durfte.
    Auch jetzt lag ich allein in meinem Bett, in dem ich jede Latte spürte, egal, wie dick die Matratze war. Sonst war niemand hier. Die Stimmen, die ich vor knapp einem Monat zum ersten Mal gehört hatte und seitdem immer häufiger, drängten sich in meinen Kopf, und ich vermochte sie weder zum Schweigen zu bringen noch zu bannen. Heute waren sie lauter und ungeduldiger denn je. Sie schienen mit mir zu sprechen, obwohl sie meinen Namen nicht riefen und ich kein Wort in diesem Wirrwarr verstand. Als würde ein Bär durch ein Dickicht brechen. Nein, eine ganze Schar von Bären, die aus verschiedenen Richtungen kamen. Und ich war ihr Ziel. Sie kämpften sich zu mir durch.
    Ich fluchte und versteckte den Kopf unter dem Kissen, aber es wurde schlimmer, mit jeder Sekunde
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