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Taenzer der Nacht

Taenzer der Nacht

Titel: Taenzer der Nacht
Autoren: Andrew Holleran
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versprach, wenn auch nicht immer neue Liebesaffären, so doch zumindest neue Klamotten. Wie eigenartig, wie perfekt arrangiert war es doch, daß man am Ende des Sommers müde wurde und sich da nach sehnte, den Strand zu verlassen und die Gesichter wieder im Spiel der frühen Dunkelheit zu sehen. Ich stand eine Weile so da, das Geräusch der zuklappen den Taxitüren im Ohr, das Rauschen der Bäume im kühlen Wind, der aus Kanada herabgekommen war, zusammen mit den Gänsen, die jetzt weiter südwärts zu den einsamen Stränden flogen, die diese Menschen mas se hier vor kurzem verlassen hatte. Die zufallen den Türen, die Gesichter, die zu Abendeinladungen, Verabredungen, Liebesaffären verschwanden, die Kör - per, das Lächeln – alles war, wie Malone, flüchtig und verheißungsvoll. Aus der Dunkelheit erhob sich jetzt eine Stimme, die der Sutherlands ähnelte, diese tiefe, atemlose Stimme, die immer den Eindruck erweckte, daß der Sprecher gerade bei irgendetwas ganz Großar ti gem gewesen war und im Moment auf dem Weg zu etwas noch Exotischerem (im Grunde die Verheißung von ganz New York). „Mein Lieber“, sagte die Queen aus der vorigen Generation, der Sutherland viel von seinem Stil verdankte, „glaubst du, die Mädchen ha ben recht, wenn sie sagen, daß nur unsere Liebhaber unsere Freunde sind? Oder, noch schlimmer, nur unse re Drogendealer? Wenn Sutherland doch nur aus die sem Schlaf aufgewacht wäre, dann würde er heute mit uns tanzen können. Laßt uns darum beten, ihr Lieben, daß er einen Engel, wie er einer war, gefunden hat, und daß für uns, die wir noch auf der Erde sind, die Musik in diesem Loch nicht zu schrecklich sein wird.“ Und mit einem Winken verschwand er der Dunkelheit, die anscheinend an diesem Abend zum ersten Mal so fr ü h einfiel.

Mitternacht
    The Lower East Side
     
    Mein Lieber,
    die Spanische Lily ist übrigens an einer eigenartigen neuen Droge gestorben, die selbst die Angel dust-Fans nicht an rühren würden; so sehen wir sie jetzt nie mehr auf der Tanz fläche. John Schaeffer ist nach Europa gefahren, entweder um durch die deutschen Alpen zu trampen oder sich an der London School of Economics einzuschreiben, oder beides; mit 26 Millionen ist das ja auch egal – wir werden auch sie nie wiedersehen. Frankie ist die totale Subkultur-Trine gewor den – er hat diese kubanische Meute im Stich gelassen und läßt sich jetzt von einem Typen aushalten, dessen Familie halb Sydney gehört. Die Hälfte der Leute, die immer zu Suther land gegangen sind, um sich mit neuem Stoff zu ver sor gen, sind jetzt nach San Francisco gezogen, und ich hörte, daß Rafael einen Blumenladen in Queens aufgemacht hat. Denn, Liebling, was passiert denn im Endeffekt mit die sen ganzen Leuten? Sie haben ihre Abenteuer gehabt, und dann verschwinden sie. Sie müssen schließlich einen Job als Telefonist, Barkeeper oder Teilhaber an einem Lampen ge schäft in einer kleinen Stadt in den San Fernando-Bergen annehmen ... und andere nehmen ihren Platz ein ... aber mei stens verschwinden sie einfach, und du vergißt sie, außer du hörst eines Tages einen bestimmten Song.
    Gut, keiner kann Ma lo ne vergessen: ich habe diesen Win ter eines Abends einen von diesen jungen Teilhabern von Shearman & Sterling aus der Park Avenue 399 kommen sehen, in einem Chesterfield, ganz blond, und mein Herz stand still. In den Abgründen dieses grauen Nachmittags mit ten im Winter dieser große Mann, schön wie ein Prinz, wie ein nordischer Krieger: darum dreht sich doch alles. Oliver Wende l l Holmes Jr. sagte einmal, alle Gesellschaften leben vom Blut junger Männer; und wenn sie es nicht durch einen Krieg bekommen, dann kriegen sie es ebenso unerbitt lich auf andere Weise...
    Hier sind sie alle gleich geblieben: Selbstmordankündi gun gen am Montag, einen Liebhaber gefunden am Dienstag, ge schie den am Donnerstag; das einzige, was sich hier ändert, Liebes, sind die Wohnungen, die Haarschnitte und Winter män tel. Und richtige Tunten fahren immer noch zum Ster ben nach San Francisco. (Mit umso mehr Berechtigung jetzt, da die Everard-Sauna weg ist; es gibt einfach überhaupt keinen Ort mehr, wo man hingehen könnte, und alle sind ganz fertig deswegen. Wußtest Du, daß es allein an größeren Saunen in San Francisco fünfzehn Stück gibt?) Schreib mir bald. Ich bin sehr gespannt auf Deine Reaktion auf den Roman.
    Rima das Vogelmädchen
     
    Tiefer Süden
    Stinkend heiß
     
    Lebenssinn,
    der Roman ist tatsächlich lebendiger, als
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