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Taenzer der Nacht

Taenzer der Nacht

Titel: Taenzer der Nacht
Autoren: Andrew Holleran
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und Adverben vorsingen? Und hat er vielleicht einen Lieb haber, einen schlanken asiatischen Jungen, der mit ihm in einem kleinen Bungalow unter Oleander-Bäumen lebt? Oder ist er Steward auf dem Passagierdampfer einer Reede rei in Mombasa, wie Jody Myers behauptet – und sieht jetzt aus wie diese holländischen Matrosen, die er als Kind so moch te, die immer auf die Veranda des Seemannsheimes kamen, neben der Kirche, in die er auf Ceylon ging; die See leute in ihren frisch gestärkten weißen Hemden, die im Schat ten der Veranda saßen, Zigaretten rauchten, Gin und Bier tranken und den Frauen nachsahen (und vielleicht auch den Männern), die vorbeiliefen, diese Seeleute, die mit ihren frisch gekämmten Haaren und dem billigen Eau de Cologne für Malone die strahlende männliche Welt symbolisierten ? Ist er jetzt einer dieser frisch geduschten, gebräunten hollän dischen Seeleute auf der Veranda einer Vorstadt von Djakar ta?
    Das einzige, was ich mir nicht vorstellen kann, ist, daß Malone alt wird und stirbt. Wenn ich die alten Männer hier an der Tankstelle sehe, wie sie in ihren Schaukelstühlen sitzen und den Autos zuwinken, die gelegentlich auf der Suche nach der Autobahn nach Savannah vorbeifahren, star re ich auf die Knochen in ihren harten oder schwabbeligen Gesichtern und denke mir: das waren einmal gutaussehende Männer. Sehr gut aussehende Männer sogar. Die Stadthalle ist voll mit ihren Fotos: Baseball-Mannschaften von 1910, 4. Juli-Feiern, und die Errichtung des ersten Telefonmasten im Landkreis. Zu schweigen von der Tatsache, daß ich in die Hälfte ihrer Enkel verknallt bin!
    Denn was waren denn in Wirklichkeit unsere gemeinsa men Sommer, in denen ich nicht einschlafen konnte, so begie rig war ich auf den nächsten heißen Morgen, Nachmit tag, Abend? Als ich wie ein Nervenkranker lebte und jeden Morgen, an dem ich in diesem zusammenbrechenden Haus aufstand, glücklich war, daß die Luft auf den Teerdächern, auf denen noch die Pfützen vom Gewitter in der Nacht zuvor standen, vor Hitze glühte; und die Straße unten war geschmückt mit Puertoricanern, die mit aus den Hosenta schen baumelnden Hemden die Straße entlang schlenderten. Diese Wochen im Hochsommer, wenn ich nachts in der U-Bahn kreuz und quer durch die Stadt fuhr und auf betrun kene Soldaten traf, die versuchten, nach Fort Dix zurückzu kommen, und Tunten, die, hochnäsig wie Kleopatra, von einer Nacht in den Bars, in denen sie jeden hatten abblitzen lassen, nach Hause fuhren; Nächte so warm, so schön, daß ich die Augen nicht zumachen konnte. Was war diese völlig irrwitzige Verrücktheit, als wir einen ganzen Sommer von dem kleinen billigen Lied leben konnten, das der WNJR spielte, als reine Lebensfreude? Es war alles in unseren verrückten Köpfen, es mußte so sein. Die größte Droge von allen, mein Lieber, war nicht eine von diesen Pillen in diver sen Farben, die man im Laufe der Jahre einnahm, war nicht das Opium, das Hasch, das man in den Häusern am Strand rauchte, oder das Speed, das man sich in Sutherlands Woh nung reinzog, nein, nichts dergleichen. Es war die Stadt, meine Liebe, es war die Stadt, die unglaubliche Stadt, die Stadt an sich.
    Und verstehst Du jetzt, warum ich da weg mußte? Wie Santayana sagt, Liebling, Künstler sind unglücklich, weil sie sich nicht für das Glück interessieren: sie leben für die Schönheit. Mein Gott, war diese dampfende, ekelhafte Stadt schön!!! Und letzten Endes habe ich keinen menschlichen Lieb haber gefunden, weil ich in alle Männer verliebt war, in die Stadt an sich. Und Ma lo ne war noch verrückter als ich. Du konntest ihm schon auf dem Gesicht ansehen, wie tief sich die Krankheit in ihn eingefressen hatte. Das Leben seines Fleisches schwand dahin, aber sein Geist stieg wie die Engel in die Höhen vollkommener Liebe! Und doch war er immer noch mit einem sterblichen Körper behaftet, seinen sterb lichen Begierden und seiner sterblichen Schönheit: Man kann nicht nur von der Verheißung eines zufälligen Lä chelns leben, das an einem vorbeihuscht, während man auf einer Veranda sitzt und auf einen Luftzug vom Fluß wartet! Verrückte Trine! Man kann nicht Augen lieben, mein Engel, man kann nicht die Jugend an sich lieben, nicht die sommer liche Abenddämmerung, die uns aus dem Haus auf die Straße stürzen ließ wie Wasser, das die Felsen herunterfällt – nein, mein Lieber, dafür braucht es schon einige Verrückt heit. Du mußt auf dem Boden bleiben, Du mußt einen anderen Mann
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