Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sydney Bridge Upside Down

Sydney Bridge Upside Down

Titel: Sydney Bridge Upside Down
Autoren: David Ballantyne
Vom Netzwerk:
Stadt finden und muss nicht mehr ewig weit zur Arbeit fahren. Auch Mutter wird es in Bonnie Brae bestimmt besser gefallen als in Calliope Bay, sagte er leise und warf Caroline einen Blick zu. Sie hat sich oft über die Einsamkeit hier beklagt, sie hat ja immer gesagt, wie schön es wäre, wenn sie einfach mal vors Haus gehen, vielleicht hier und dort etwas einkaufen könnte. Wenn sie aus der Stadt zurückkehrt, erklärte Papa, werde ich mit ihr darüber sprechen. Oder besser noch: Ich warte nicht, bis sie zu Hause ist, ich schreibe ihr einfach. Ein ausgezeichneter Plan, sagte ich, in Bonnie Brae könnte man bestimmt viel tollere Sachen machen. Papa lachte und erklärte, er würde sich gleich hinsetzen und den Brief schreiben.
    Danach hatte er Bonnie Brae nicht mehr erwähnt. Hoffentlich hat er den Plan nicht verworfen, dachte ich, nur wenn wir umziehen, kann ich Sam Phelps und den fetten Norman abschütteln. Ich wusste außerdem überhaupt nicht, womit ich mir die Zeit vertreiben sollte, wenn die Fabrik tatsächlich abgerissen wurde.
    Ich hörte Stimmen, es waren Buster und Caroline. Die Haustür wurde geöffnet. Buster und Caroline würden jetzt sicher eine Runde auf dem Motorrad drehen. Caroline hatte so ein Glück. Wie schön es wäre, wenn ich auf der Indian säße, wenn wir durch Kurven brausen, durch Schluchten und über Berge rasen könnten.
    Ich stellte mich ans Fenster und spähte durch das Rollo. Erstaunt beobachtete ich, dass sie die Indian stehen ließen. Sie spazierten über die Straße, Caroline wirkte so glücklich. Sie strahlte Buster an, sie lachte und war wunderschön. Sie trug ein weißes Kleid und ihre blauen Strandsandalen. Mir fiel zum ersten Mal auf, wie braun sie geworden war, ihre Arme, ihre Beine, und ich erinnerte mich, wie bleich sie bei ihrer Ankunft gewesen war. Sie wirkte klein neben Buster. Niemand hätte in diesem Augenblick besser zu Caroline gepasst als ebendieser Buster mit seiner goldenen Haut, seinem rotblonden Haar. Sein leuchtend blaugelbes Hemd, die kurze, weiße Hose – alles an ihm wirkte sauber und frisch. Es war richtig, dass sie zusammen gingen, es war richtig, dass er ihre Hand genommen hatte. Unter Busters rechtem Arm steckte die grüne Matte aus Carolines Zimmer, sie waren auf dem Weg zum Strand, um sich zu sonnen.
    Ich trat vom Fenster zurück, kroch aber nicht wieder unter das Bett. Ich könnte ja auch ein wenig spazieren gehen, dachte ich. Ich hatte das Haus in der letzten Zeit kaum verlassen, was mir nun beinahe albern vorkam. Erst jetzt, als ich den vor Gesundheit strotzenden Buster sah, fiel mir auf, wie dürr, wie schwach ich selbst geworden war. Ich hatte mein Training vernachlässigt und meine ganze Kraft eingebüßt. Meine Haut war hell und fahl, die Sommersprossen stachen umso mehr hervor. Meine Beobachtung, dass Buster so gut zu Caroline passte, hing wohl auch damit zusammen, dass ich mich überhaupt nicht neben ihr sehen konnte – ich wusste, es würde ganz falsch aussehen. Eine Zeitlang war ich ihr kaum von der Seite gewichen. Jetzt sah ich sie nur noch selten. Lange war es her, seit sie mit mir gespielt, mit mir gemeinsam Dinge entdeckt hatte, lange war es her, seit sie mir aus ihrer Autobiographie vorgelesen hatte. Kaum zu fassen, dass ich es gewesen war, der sie begleitet und beschützt hatte, der sie vor Mr Wiggins gerettet hatte.
    Ich könnte noch einmal zur Fabrik gehen. Die Ruinen noch einmal anschauen. Tagsüber gab es dort keine Gespenster. Die Sonne schien, die oberste Etage war warm und geschützt, sie war immer noch mein geheimer Rückzugsort. Ein letztes Mal könnte ich dort oben sitzen. Wenn ich später einmal an meine Zeit in Calliope Bay zurückdenken würde, wenn ich mich fragen würde, wie es damals gewesen war, dann müsste ich mich nur an diesen einen Augenblick erinnern: Wie ich zum letzten Mal dort oben saß.
    Ich rannte los. Niemand hatte gesehen, dass ich das Haus verlassen hatte. Auch auf der Straße hatte mich niemand gesehen. Niemand hatte beobachtet, wie ich auf das Gelände geschlichen, wie ich leise an der Ofenhütte vorbei zum Schlachthaus gegangen war. Ich war allein. Ich kletterte hinauf und setzte mich hin. Niemand kam so hoch wie ich. Hier hinauf, zum letzten Mal.
    Backsteine für die Höhle brauchte ich nun nicht mehr, mit der Höhle war es nun auch vorbei. In Bonnie Brae müssten wir uns etwas anderes ausdenken, andere Orte zum Spielen finden. Das war auch richtig so, es entsprach meinem Gefühl – auch Dibs und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher