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Sydney Bridge Upside Down

Sydney Bridge Upside Down

Titel: Sydney Bridge Upside Down
Autoren: David Ballantyne
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Verwandte von dir? Sie ist meine Mutter. Und wie ist es gekommen, Kleiner, dass du deine Mutter verloren hast? Sie ist abgehauen. Abgehauen? Wo? In Calliope Bay. Und wo oder was ist Calliope Bay? Es ist ein Ort am Rand der Welt. Vielleicht ist sie ja runtergefallen, hast du das mal üb erlegt? Klar, habe ich, aber ich weiß, dass sie hier irgendwo in der Stadt ist. Weiß sie denn, dass du sie suchst? Nein, das nicht, aber sie wird mir nicht böse sein, wenn ich sie finde, sie kommt dann mit nach Calliope Bay. Wenn ich ihr erkläre, wie schlecht es Papa geht und wie schlecht es Cal geht, kommt sie bestimmt sofort mit zurück nach Calliope Bay. Sie wird bestimmt nicht bei Mr Dalloway bleiben. Und wer ist Mr Dalloway? Er war mein Lehrer, dann hat er meine Mutter gefangen und in die Stadt verschleppt, wahrscheinlich hat er sie eingesperrt, in einem kleinen Zimmer vielleicht, in dem keine Möbel stehen, nur auf dem Boden ist ein Teppich. Und auf den Teppich muss sie sich legen, dann tut er ihr etwas und sie seufzt und schreit. Er hat zwei Beine. Meine Mieter seufzen und schreien schon lange nicht mehr, Kleiner. Und was machst du, wenn sie nicht mit dir zurückkehren will? Ich werde ihr nicht weh tun, ich werde ihr keine Schmerzen zufügen, auch wenn sie Papa solche Schmerzen zugefügt hat, ich werde sie auch nicht mit der Peitsche jagen, die in meinem Ranzen steckt. Warum hast du sie dann dabei, Kleiner? Falls mich die großen Kinder wieder verprügeln wollen. Wieder? Ja, wieder. Ich bin eines Abends durch die Stadt gegangen, da sind sie gekommen, sie kamen in riesigen, rostigen Autos, mit heulenden Motoren, sie hielten an und zerrten mich hinein und brachten mich in ihre Burg, wo sie mich in ein Verlies steckten und mit meiner eigenen Peitsche blutig schlugen. Ich habe die Zähne zusammengebissen, ich habe nichts gesagt, ich habe sie nur angestarrt, als sie mir erklärt haben, dass es sich um eine Entführung handelte. Sie sagten, sie würden mich in dem Verlies gefangen halten, bis meine Eltern eine Menge Geld rausrücken. Und? Hat deine Familie gezahlt? Sie müssen doch gezahlt haben, wie bist du sonst da rausgekommen? Ach, nein, ich habe Liegestützen gemacht, bis ich sehr stark war, und als eines Tages ein böser großer Junge in mein Verlies kam, habe ich ihm einen Schlag versetzt, er ist zu Boden gegangen, dann bin ich die Treppe raufgestürmt und abgehauen. Und jetzt suchst du also nach deiner Mutter? Ja, ich gehe jede einzelne Straße ab, ich klopfe an jede Tür, ich schaue in jedes Fenster. Ich sehe jeder Frau ins Gesicht, ich laufe jeder Frau hinterher, ich suche immer nur meine Mutter, immer nur sie. Viel Glück, dann, bei deiner Suche. Danke, mein Herr. Sie wünschen mir immer Glück, alle, sie hoffen alle, dass ich eines Tages meine Mutter finden werde. Allen erzähle ich von ihr, nur nicht meinem Freund. Es ist wichtig, dass ich einen Freund habe, wenn ich ihm von meiner Mutter erzähle, ist es mit der Freundschaft vorbei. Er wird mich aus seinem Keller werfen, er wird mich fortschicken, weil er meint, ich hätte es mit meinen Lügengeschichten zu weit getrieben. Und deshalb tue ich, als würde ich mich für die Mädchen mit ihren dicken Waden interessieren, die auf der Hauptstraße flanieren, als würden mich ihre weißen Stiefel erregen, wie sie ihn erregen. Ich grinse, wenn er unauffällig über die jungen Männer lästert, die in den Fenstern ihrer alten geparkten Autos hängen und die Mädchen mit den dicken Waden und weißen Stiefeln anquatschen, sie sind wie Jäger, sie machen ein paar Witze, gerade so viele wie nötig, um die Mädchen zum Einsteigen zu bewegen. Und ich tue, als würde es mich interessieren, wenn zwei der Jäger, die eben noch in einem Hauseingang gesessen haben, drei Mädchen hinterherlaufen, und ich tue, als würde ich die Zweifel meines Freundes teilen, dass die Jäger ihre Beute erlegen werden. Ich weiß, dass sie es schaffen werden, innerhalb der nächsten drei, vier Minuten. Mein Freund jagt natürlich auch. Wenn wir am Café sind, lasse ich ihn allein, ich gehe weiter und halte mich von der Kellerwohnung fern, bis er seinen Fang wieder ins Wasser geschmissen hat. Würdest du mir abnehmen, frage ich, als ein rückwärts einparkendes Auto versucht, uns aus dem Weg zu räumen, wenn ich murmel murmel murmel? Ganz bestimmt nicht, sagt er. Würdest du mir glauben, sage ich, als der Wagen davonbraust, wenn ich dir sagen würde, dass niemand in Calliope Bay so laut pfeifen konnte
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