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Suzanna

Suzanna

Titel: Suzanna
Autoren: Nora Roberts
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Klauen wand. Der Mann im Boot arbeitete weiter, offensichtlich ungerührt von dem Drama von Leben und Tod in seiner Nähe.
    Suzanna zwang ein – wie sie hoffte – höfliches Lächeln um ihren Mund und ging auf den Bootssteg zu. »Entschuldigen Sie!«
    Als er seinen Kopf hochreckte, erstarrte Suzanna. Wenn er eine Waffe hätte, würde er auf mich zielen, dachte sie unwillkürlich. Innerhalb eines Sekundenbruchteils hatte er sich von entspannt zu voll angespannt gewandelt, zusätzlich mit einer Bereitschaft zur Gewalttätigkeit in der Haltung seines Körpers. Suzannas Mund wurde trocken.
    Während sie darum kämpfte, ihren Herzschlag zu beruhigen, stellte sie fest, dass Holt sich verändert hatte. Der finstere Junge war ein gefährlicher Mann geworden. Ihr fiel kein anderes Wort ein. Sein Gesicht war gereift und scharf gezeichnet. Ein Drei-Tage-Bart unterstrich das raue Aussehen.
    Doch es waren erneut seine Augen, die sie auf unheimliche Weise beeindruckten. Ein Mann mit solchen scharfen Augen brauchte keine Waffe.
    Holt starrte sie an, stand jedoch nicht auf und sagte auch nichts. Er brauchte einen Moment, um sich zu fangen. Hätte er seine Waffe getragen, hätte er sie schon im Anschlag gehalten. Das war einer der Gründe, weshalb er hier war, wieder ein Zivilist.
    Er hätte sich zum Entspannen zwingen können. Er wusste, wie er das machen konnte. Aber er erinnerte sich an ihr Gesicht. Ein Mann vergaß dieses Gesicht nicht. Der Himmel wusste, dass er es nicht vergessen hatte. Es war zeitlos. In seiner jugendlichen Fantasie hatte er Suzanna als Prinzessin in fließender Seide gesehen und sich selbst als ihr Ritter, der hundert Drachen erschlagen hätte, um ihre Hand zu bekommen.
    Bei der Erinnerung daran zeigte er eine mürrische Miene.
    Sie hat sich kaum verändert, dachte er. Ihre Haut ist noch immer wie irische Rosen und Milch, ihr Mund voll und romantisch weich, und ihre Augen besitzen dieses tiefe, verträumte Blau unter langen Wimpern. Diese Augen betrachteten ihn verblüfft und alarmiert, während er sich die Zeit nahm, Suzanna nur anzusehen.
    Sie hatte ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden, doch Holt erinnerte sich daran, wie es lang und locker und schimmernd blond um ihre Schulter geflossen war.
    Sie war groß – alle Calhoun-Frauen waren es –, doch zu dünn. Seine Miene verdüsterte sich daraufhin noch mehr. Er hatte gehört, dass sie geheiratet hatte und geschieden worden war und es schwierige Erfahrungen gewesen waren. Sie hatte zwei Kinder, einen Jungen und ein Mädchen. Es war schwer zu glauben, dass diese gertenschlanke Frau in schmutziger Jeans und verschwitztem T-Shirt jemals Kinder bekommen hatte.
    Es war noch schwerer zu glauben und noch härter zu akzeptieren, dass sie seine Nerven vibrieren lassen konnte, indem sie einfach nur drei Meter von ihm entfernt stand.
    Seine Augen unverändert auf sie gerichtet, widmete er sich wieder dem Polieren. »Wollen Sie was?«
    Suzanna stieß den Atem aus, den sie unbewusst angehalten hatte. »Tut mir leid, dass ich einfach hier so auftauche. Ich bin Suzanna Dumont, Suzanna Calhoun.«
    »Ich weiß, wer Sie sind.«
    »Ach ja …« Sie räusperte sich. »Ich sehe, dass Sie beschäftigt sind, aber ich möchte mich ein paar Minuten mit Ihnen unterhalten. Wenn es jetzt nicht passt …«
    »Worüber?«
    Wenn er so reizend ist, dachte sie verärgert, kann ich gleich zur Sache kommen. »Über Ihren Großvater. Er war Christian Bradford, nicht wahr? Der Künstler.«
    »Richtig. Na und?«
    »Das ist eine längere Geschichte. Darf ich mich setzen?«
    Weil Holt bloß die Schultern zuckte, ging sie zum Bootssteg, der ächzte und unter ihren Füßen schwankte, als sie sich vorsichtig darauf setzte.
    »Eigentlich fing es 1912 oder 1913 mit meiner Urgroßmutter Bianca an.«
    »Ich habe das Märchen schon gehört.« Er konnte sie nun riechen. Blumen und erhitzte Haut. Sein Magen verspannte sich. »Sie war eine unglückliche Ehefrau mit einem reichen und schwierigen Ehemann. Das glich sie aus, indem sie sich einen Liebhaber nahm. Irgendwann hat sie angeblich ihre Smaragdkette versteckt. Die Rückversicherung, falls sie den Schneid fand zu gehen. Anstatt mit ihrem Geliebten in den Sonnenuntergang hinein zu verschwinden, sprang sie aus dem Turmfenster, und die Smaragde wurden nie gefunden.«
    »Es war nicht genau so …«
    »Jetzt hat Ihre Familie beschlossen, eine Schatzsuche zu starten«, fuhr er fort, als hätte Suzanna nichts gesagt. »Hat viel Pressewirbel
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