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Susannah 4 - Auch Geister lieben süße Rache

Titel: Susannah 4 - Auch Geister lieben süße Rache
Autoren: Meg Cabot
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umgingen, wie hatte es der älteste nur geschafft, so …
    So scharf zu werden?
    Ja, das war das Wort, das mir durch den Kopf schoss, als Paul die Suitentür aufmachte und mich angrinste, eine Hand in der Tasche seiner Chinohose vergraben, die andere um ein Buch von einem Typen namens Martin Heidegger geschlossen.
    Ratet mal, was das letzte Buch war, das ich gelesen
hatte? »Clifford, der kleine rote Hund«. Ja, genau. Okay, ich hatte es einem Fünfjährigen vorgelesen, aber trotzdem. Heidegger! Mann!
    »Okay, also, wer hat beim Zimmerservice ein hübsches Mädchen bestellt?«, fragte Paul.
    Na gut, so irre witzig war das nicht. Ging eher in Richtung sexuell übergriffig. Aber die Tatsache, dass der Witzreißer in meinem Alter, gut einsachtzig groß und sonnengebräunt war, lockiges braunes Haar und Augen hatte, die so blau waren wie das Meer direkt hinter dem Pebble-Beach-Golfplatz - das machte den Spruch um Längen witziger.
    Ach, was sag ich da? Der Typ hätte mich meinetwegen auf alle möglichen Arten anmachen und sexuell belästigen können. Immerhin war jetzt mal einer da, der das überhaupt wollte.
    Nur dass er leider nicht der Typ war, von dem ich mir das gewünscht hätte.
    Aber das sagte ich natürlich nicht laut, sondern: »Haha. Ich wollte Jack abholen.«
    Paul verzog das Gesicht. »Oh«, sagte er und schüttelte in gespielter Enttäuschung den Kopf. »Immer hat nur der Kleine so ein Glück.«
    Er hielt mir die Tür auf und ich betrat das schicke Wohnzimmer der Suite. Jack war da, wo er immer war - er lag auf dem Boden vor dem Fernseher. Wie üblich nahm er von mir keinerlei Notiz.
    Seine Mutter hingegen bemerkte mich sehr wohl. »Oh, hallo, Susan«, sagte sie. »Rick, Paul und ich werden den ganzen Vormittag auf dem Golfplatz sein. Danach
gehen wir dann ins Grotto Mittag essen, und hinterher haben wir Einzeltermine bei unseren persönlichen Trainern. Ich wäre Ihnen also sehr dankbar, wenn Sie bis zu unserer Heimkehr hierbleiben könnten - bis gegen sieben, denke ich. Sorgen Sie dafür, dass Jack ein Bad nimmt und sich dann zum Abendessen umzieht. Ich hab einen Anzug für ihn rausgelegt. Er hat nämlich heute Geburtstag. Okay, dann bis später, ihr beiden. Viel Spaß, Jack.«
    »Natürlich wird er Spaß haben«, sagte Paul mit einem vielsagenden Blick in meine Richtung.
    Und dann waren die Slaters weg.
    Jack blieb, wo er war - vor dem Fernseher. Er redete nicht mit mir, ja, er schaute mich nicht mal an. Dieses Verhalten war typisch für ihn, deshalb machte ich mir keine Sorgen.
    Ich durchquerte das Zimmer - wobei ich über Jack hinwegsteigen musste -, stieß die breite Glastür auf und trat auf die Terrasse, die auf das Meer hinausblickte. Für diesen Ausblick berappten Rick und Nancy Slater sechshundert Dollar pro Nacht. Blitzend türkisfarben erstreckte sich direkt vor mir die Bucht von Monterey unter dem wolkenlosen blauen Himmel. Von hier konnte man auch die gelbliche Strandsichel erkennen, an der ich, wäre mein wohlmeinender, aber fehlgeleiteter Stiefvater nicht gewesen, meinen Sommer selig verbummelt hätte.
    Ach, es ist nicht fair. Das Leben ist einfach nicht fair.
    »Okay, Großer«, sagte ich, nachdem ich ein, zwei Minuten den Ausblick genossen und dem besänftigenden Rauschen der Wellen gelauscht hatte. »Los, zieh deine
Badehose an. Wir gehen zum Pool. Zum Drinhocken ist das Wetter einfach viel zu schön.«
    Jack reagierte wie üblich so, als hätte ich ihn geschlagen.
    »Aber warum?!«, schrie er. »Du weißt doch, dass ich nicht schwimmen kann.«
    »Und genau deswegen gehen wir jetzt hin«, entgegnete ich. »Du bist heute acht Jahre alt geworden. Und ein Achtjähriger, der nicht schwimmen kann, ist der totale Loser. Du willst doch kein Loser sein, oder?«
    Darauf gab Jack mir zu verstehen gab, dass er lieber ein Loser war, als das Zimmer zu verlassen. Nichts Neues also.
    »Jack«, sagte ich und ließ mich in seiner Nähe auf eine Couch fallen. »Was hast du eigentlich für ein Problem?«
    Statt zu antworten, rollte er sich wieder auf den Bauch und starrte auf den Teppich. Aber diesmal würde ich ihn nicht so einfach davonkommen lassen. Das mit dem Loser, das war nicht so dahingesagt. Sich von seinen Altersgenossen zu unterscheiden, kommt im amerikanischen Bildungssystem überhaupt nicht gut - auch nicht an Privatschulen. Wie Paul hatte zulassen können, dass sein kleiner Bruder sich in ein Mini-Weichei verwandelte, das man am liebsten kräftig durchgeschüttelt hätte, war mir ein Rätsel.
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