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Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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will er die Kassette ausgerechnet jetzt?« fragte ich.
    Sie zeigte mir den Mittelfinger, der Wagen machte einen Satz und schoß auf die Straße, daß das Heulen des Motors durch die Reihen der Grabmäler hallte.
    Es gibt Tage, die sind anders. Nicht für die Mitmenschen, aber an einem gewissen Morgen wacht man auf und weiß mit absoluter Sicherheit, daß man aus unerfindlichen Gründen zum Mitspieler in einem historischen Stück bestimmt wurde und daß man trotz aller Bemühungen nicht würde ändern können, was längst ins Drehbuch geschrieben wurde.
    Am Mittwoch graute der Morgen fahl, wie ein ausgeblichener Knochen, wie an jenem Tag, als Megan nach New Iberia zurückgekehrt war; die Luft war prickelnd, die Holztäfelung unseres Hauses knackte in der Morgenkühle. Dann polterten Hagelkörner auf das Blechdach und durch das Geäst der Bäume und kullerten die leichte Böschung auf die unbefestigte Straße hinunter. Als die Sonne über dem Horizont aufging, flimmerte in den Wolken am östlichen Himmel ein Glühen, wie die Spiegelung eines fernen Waldbrands. Als ich zum Bootsanleger hinunterging, war die Luft noch kühl und schwirrte vor Rotkehlchen, wie ich es seit Jahren nicht gesehen hatte. Ich begann, die gefrorene Asche aus der halbierten Tonne zu kratzen, die wir als Grill benutzten, und wusch mir die Hände in einem Eichenholzeimer, der sich in der Nacht zuvor mit Regenwasser gefüllt hatte. Aber Batist hatte darin eine Nutria enthäutet, um sie als Köder zu benutzen, und als ich das Wasser auskippte, war es blutrot.
    Vom Büro aus rief ich Adrien Glazier in New Orleans an.
    »Was neues über den Scarlotti-Killer?« fragte ich.
    »Sie haben rausgekriegt, daß er Frankokanadier ist. Da sind Sie uns voraus. Was gibtʼs denn?«
    »Was es gibt? Er wird jemanden umbringen.«
    »Wenn es Sie beruhigt, ich habe Billy Holtzner bereits angerufen und ihm Zeugenschutz angeboten. Wissen Sie, was er gesagt hat: ›Wo denn? Auf einer Eisscholle am Südpol?‹ Dann hat er aufgelegt.«
    »Schicken Sie ein paar Kollegen rüber, Adrien.«
    »Holtzner ist aus Hollywood. Er kennt die Spielregeln. Man kriegt, was man will, wennʼs einem über den Weg läuft. Sie machen sich zu viele Sorgen.«
    Kurz nach Sonnenuntergang begann es zu regnen. Das Licht über dem Sumpf schwand schnell, und die Luft war voller Vögel. Im nächsten Moment trommelte der Regen auf den Bootsanleger und das Blechdach des Köderladens und füllte die Mietboote mit Wasser, die an der Bootsrampe festgemacht waren. Batist schloß die Kasse ab, zog seinen Segeltuchmantel an und setzte seinen Hut auf.
    »Megans Daddy, der, den sie an die Scheune genagelt haben. Weißt du, wie viele schwarze Männer getötet wurden, ohne daß man je jemand dafür belangt hätte?« fragte er.
    »Dadurch wirdʼs auch nicht richtiger«, sagte ich.
    »Dadurch wirdʼs, wie es eben ist«, entgegnete er.
    Nachdem er gegangen war, löschte ich die Außenbeleuchtung, um späte Kunden abzuhalten, und begann den Fußboden aufzuwischen. Das Trommeln des Regens auf dem Dach war ohrenbetäubend, so daß ich gar nicht hörte, wie die Tür hinter mir aufging. Ich fühlte plötzlich einen kühlen Luftzug in meinem Rücken.
    »Legen Sie Ihren Mob weg. Ich habe andere Arbeit für Sie«, sagte die Stimme.
    Ich richtete mich auf und sah in das zerfurchte, regennasse Gesicht von Harpo Scruggs.

32
    Sein Gesicht war blutleer, schrumplig wie eine Dörrpflaume, glitzernd unter der durchnäßten Hutkrempe. Von seinem Regenmantel triefte Wasser auf den Boden. Er hielt einen blauschwarzen 22er Ruger-Revolver mit Elfenbeingriff, den Hahn gespannt, in der rechten Hand.
    »Ich habe eine Magnumpatrone in der Kammer. Das Ding durchschlägt Ihren Schädel von einer Seite zur anderen«, sagte er.
    »Was wollen Sie, Scruggs?«
    »Machen Sie mir einen Kaffee mit Milch in einem Glas von da drüben.« Er deutete mit dem Finger darauf. »Und geben Sie ungefähr vier Löffel Honig rein.«
    »Sind Sie verrückt?«
    Er stützte sich mit dem Handballen auf der Theke ab. Dabei zuckte sein Mund, und er atmete geräuschvoll aus. Sein Atem wehte mich an wie der faulige Geruch aus einem lecken Abflußrohr.
    »Sie haben ja Schlagseite«, meinte ich.
    »Machen Sie den Kaffee, wie ich gesagt habe.«
    Kurz darauf griff er mit der Linken nach dem Glas und trank in zügigen Schlucken, bis es leer war. Dann stellte er das Glas auf die Theke und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. Dabei kratzten seine Barthaare hörbar über
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