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Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten
Autoren: Carl Hiaasen
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»Hallo?«
    »Mr. Santana?« Boyd fand, dass der Sprecher zu jung klang, obgleich ja immer die Möglichkeit einer Nebenhöhlenentzündung bestand.
    »Was verkaufen Sie, Mister?«, wollte die Stimme wissen.
    Shreave legte los.
    »Mr. Santana, ich rufe wegen eines einmaligen Immobilienangebots an, das wir ausgewählten Kandidaten unterbreiten möchten. Für einen begrenzten Zeitraum bietet Suwannee Bend Properties unberührte, bewaldete Grundstücke von vier Hektar Größe im Norden von Zentralflorida für nur …«
    »Aber wir wohnen doch schon in Florida«, quiekte die Stimme.
    »Ja, Mr. Santana, dieses hochwertige Angebot wird ausschließlich Bewohnern der Südwestküste unterbreitet.« Boyd Shreave warf einen raschen Blick auf sein Skript. »Sie leben in dem am rasantesten wachsenden Teil der Vereinigten Staaten, Mr. Santana, und in letzter Zeit sind viele Ihrer Nachbarn den Verkehr, die hohen Steuern, die Kriminalität und den Großstadtstress leid geworden. Einige wenige Glückliche unter ihnen sind ins wunderschöne Gilchrist County gezogen, das Herz des traditionellen alten Florida – ein sicherer, friedlicher und erschwinglicher Ort, um Kinder großzuziehen. Anstatt wie Ratten in einen verstopften Vorort gezwängt zu sein, können Sie sich auf einer üppigen, abgeschiedenen Vier-Hektar-Hobbyranch entspannen, nicht weit vom historischen Suwannee River entfernt. Darf ich Ihnen Informationsmaterial schicken oder vielleicht einen Termin vereinbaren, zu dem einer unserer qualifizierten Makler Sie zurückrufen kann?«
    »Eine Hobbyranch?«, sagte die Stimme. »Ist das so was wie eine Viehranch?«
    »Nein. Das ist ein Begriff aus der Immobilienbranche, Mr. Santana.«
    »Aber wir wohnen gar nicht in einem verstopften Vorort. Wir wohnen in den Everglades«, wandte die Stimme ein. »In der ganzen Stadt gibt’s nur fünfhundertdreizehn Leute.«
    Mittlerweile war Shreave klar geworden, dass er mit einem Halbwüchsigen sprach und dass hier seine Zeit verschwendet wurde. Es juckte ihn, etwas richtig Atzendes von sich zu geben, doch er musste vorsichtig sein, weil Relentless die ausgehenden Anrufe aus Gründen der »Qualitätskontrolle« nach dem Zufallsprinzip aufzeichnete.
    »Mr. Santana«, sagte er mit übertriebener Höflichkeit, »würde es Ihnen etwas ausmachen, mich noch einmal mit Ms. Santana zu verbinden?«
    »Ich bin hier«, ließ sich die Frau vernehmen und erwischte Shreave damit kalt. Offenbar hatte die dämliche Zicke an einem anderen Apparat mitgehört.
    »Dann brauche ich unser Angebot ja wohl nicht noch einmal zu wiederholen«, sagte er spröde.
    »Nein«, bestätigte Ms. Santana. »Wir haben absolut kein Interesse daran, eine ›Hobbyranch‹ in Gilchrist County zu kaufen, wo immer das auch sein mag.«
    »Aber vom Suwannee River haben Sie schon gehört, oder?«
    »Ich habe das Lied gehört, Mr. Eisenhower. Es besteht kein Grund, sarkastisch zu werden.«
    »Das war nicht meine Absicht.« Shreaves Blick wanderte zu Eugenies Scheitel hinüber. Er fragte sich, ob der Idiot, der am anderen Ende ihrer Leitung lauschte, jemals auf die Idee käme, dass sie einen echten Perlenstecker in der Zunge hatte.
    Ms. Santana war noch nicht fertig. »Das Lied heißt ›Old Folks at Home‹, und es wurde von Stephen Foster geschrieben, und wissen Sie, was? Der ist nie auf dem Suwannee dahingetrieben, weil er niemals einen Fuß in das ›Wunderschöne Gilchrist County‹ gesetzt hat, oder sonst wohin in Florida. Er hat in Pennsylvania gewohnt, und den Namen Suwannee River hat er von einer Landkarte, und er hat das ›u‹ weggelassen, damit die Silben zur Melodie passen. Übrigens, Mr. Eisenhower, wie ist der Name Ihres Vorgesetzten?«
    »Miquel Truman«, antwortete Shreave tonlos.
    »Und wie heißt dessen Vorgesetzter?«
    »Shantilla Lincoln.«
    »Weil ich nämlich vorhabe, ein Wörtchen mit ihnen zu reden«, verkündete Ms. Santana. »Sie klingen wie ein netter, anständiger Kerl – weiß Ihre Mutter eigentlich, womit Sie sich Ihren Lebensunterhalt verdienen, Mr. Eisenhower? Damit, Fremde am Telefon zu belästigen? Zu versuchen, Leuten, die mit einem festen Gehalt auskommen müssen, irgendwelche Dinge anzudrehen, die sie nicht brauchen? Hat sie Sie dazu erzogen, Ihre Mutter? Zu einer hauptberuflichen Landplage?«
    In diesem Moment hätte Boyd Shreave sich bei den Santanas ruhig für die Störung entschuldigen und dann auflegen sollen. Das war die eiserne Regel bei Relentless: Niemals mit den Leuten Streit
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