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Summer Westin: Todesruf (German Edition)

Summer Westin: Todesruf (German Edition)

Titel: Summer Westin: Todesruf (German Edition)
Autoren: Pamela S. Beason
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besitzen, stimmt’s?« Lili zupfte an dem Schopf schwarzer Haare herum, der mit einem Gummiband oben an ihrem Hinterkopf zu einem Pferdeschwanz gebändigt war. »Das Flugzeug gehört Deborah nicht mal selbst, und sie kann es auch gar nicht fliegen.«
    Jetzt wusste Sam wieder, worum es ging. »Also nein, das ist nicht fair von … Robbie …«
    »Rocky!«
    »… von Rocky, Deborah vorzuziehen, nur weil ihre Familie reich ist. Aber leider sind viele Leute so – sie suchen sich ihre Freunde danach aus, wie viel sie haben, nicht danach, wie sie sind.«
    Lili zog die Stirn kraus. »Genau das hat Marsianer auch gesagt.«
    »Marsianer?« Nannten die Leute ihre Kinder inzwischen schon nach Planeten?
    Das Mädchen lachte. »So nennen wir Mr Martinson. Er unterrichtet Geowissenschaften. Er ist mein Lieblingslehrer.« Sie fischte einen weiteren Brownie aus der Plastikverpackung, die neben ihr auf dem Boden lag. »Rocky mag ihn nicht sonderlich, aber das liegt wahrscheinlich daran, dass Marsianer der Fußballtrainer ist und Rocky nur der Assistent.«
    »Klingt, als wäre Rocky ziemlich oberflächlich.«
    »Da hast du recht«, erwiderte Lily zwischen zwei Bissen. »Aber er ist der interessanteste Typ hier. Er hat wenigstens Einfälle, im Gegensatz zu den anderen Jungen. Also einen gibt’s, der ist noch interessanter.« Ihre Augen leuchteten träumerisch auf, als sie hinzufügte: »Der ist richtig klasse.« Lili spülte den Brownie mit einem Schluck Eistee aus ihrer Plastiktasse hinunter.
    Zucker und Koffein um elf Uhr abends. Wenn Lilis Vater hier wäre, würde er Sam den Kopf abreißen. Joe Choi war Polizeiranger im Olympic National Park, und Sam war noch nicht lange mit ihm befreundet. Sie hätte sich nicht von ihm dazu überreden lassen sollen, Lili die Nacht über zum Feuerturm mitzunehmen. Joe fürchtete, Lili habe Probleme, sich an das Leben im ländlichen Washington zu gewöhnen. Er hatte Sam angefleht, mit Lili »von Frau zu Frau« zu sprechen, ihr die »nuttigen Tops und diese Röcke, die kürzer sind als Shorts« auszureden und sie »auf den richtigen Weg zu bringen« – was immer das heißen mochte.
    »Warum ich?«, hatte Sam gefragt. Sie hatte sich nie als Vorbild für irgendjemanden gesehen, schon gar nicht für ein leicht zu beeinflussendes Kind. Außerdem hielt sie Laura für eine großartige Mutter.
    »Lili redet nicht mehr mit Laura, und mit mir auch nicht«, hatte Joe erwidert. »An dir hängt sie. Vielleicht kannst du rausfinden, was da neuerdings in ihrem Kopf vor sich geht.«
    Sam hatte den Verdacht, dass Joe in erster Linie wissen wollte, ob seine minderjährige Tochter bereits an Sex dachte oder – da möge Gott vor sein! – bereits Sex gehabt hatte. Bis jetzt hatte Sam aus Lili nichts herauskitzeln können, was nach einem ernsthaften Techtelmechtel klang. Bauchnabelfreie T-Shirts und Mikroröcke waren einfach das, wovon Lili glaubte, es würde die Jungs in der Gegend beeindrucken, genau wie das Hennatattoo an ihrem linken Knöchel – ein rundes, blattartiges Motiv, das Sam an einen Lebensbaum-Quilt erinnerte.
    Vielleicht würde allein die Vorstellung, Lili wolle Jungs beeindrucken, schon ausreichen, um Joe ausrasten zu lassen. Er war der festen Überzeugung, 13-Jährige hätten keinen Gedanken an das andere Geschlecht zu verschwenden. Aber er musste sich sein ältestes Kind unbedingt mal genauer ansehen. Lili war – wie Sams Großmutter es genannt hätte – »früh erblüht«: knospende Brüste, Schmollmund, dazu mandelförmige Augen, von der Schöpfung dazu auserkoren, selbst vorpubertäre Jungs wahnsinnig zu machen. Obwohl Lili so amerikanisch war wie Kentucky Fried Chicken, verlieh ihr das koreanische Erbe – auch wenn sie nur zu einem Viertel Koreanerin war – eine exotische Anziehungskraft, um die andere Mädchen sie beneiden und nach der sich die Jungs verzehren würden.
    »Was ist los? Habe ich einen Pickel auf der Nase oder was?« Lili fuhr sich mit der Hand über das Gesicht.
    »Ich war gerade mit den Gedanken ganz woanders«, gestand Sam. »War ein langer Tag heute. Putzen wir uns die Zähne und gehen ins Bett.«
    Sie zeigte Lili, wie man aus dem zusammenlegbaren Plastikkanister Wasser pumpte. Dann gingen sie, Zahnbürsten und Tassen in der Hand, nach draußen auf den Balkon. Die Nacht war kalt und feucht. Unter ihnen in den dichten Douglasfichten quakte ein Chor aus Königslaubfröschen.
    Lili spuckte einen Mundvoll Zahnpasta über das hölzerne Geländer und beobachtete, wie die
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