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Summer Sisters

Titel: Summer Sisters
Autoren: Ann Brashares Nina Schindler
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den Rücken und betrachtete die Zimmerdecke.
Sie sah aus wie Hüttenkäse. In dem gläsernen Schirm der Deckenlampe lag ein totes Insekt.
    »Was hab ich mir dabei bloß gedacht ?«, brüllte sie die Decke an.
    Sie holte tief Luft und setzte sich auf. Ihr war, als wäre sie aus einem Traum aufgewacht.
    Entschlossen rutschte sie vom Bett, ging ins Bad und schlüpfte erleichtert aus den fremden Klamotten. Dann duschte sie und wusch sich das verschmierte Make-up vom Gesicht und das Haarspray aus den Haaren. Als sie die Farbschlieren durch den Abfluss kreiseln sah, fühlte sie sich, als hätte sie nach einem sehr langen Theaterstück ihr Kostüm ausgezogen. Sie rubbelte sich mit einem Handtuch trocken und zog ihre vertrauten Sachen an.
    Als sie mit dem Aufzug hinunter ins Foyer fuhr, konnte sie wieder klar denken. Der Zug, mit dem sie und Dia nach Hause fuhren, ging erst in einer Stunde. Die Zeit bis dahin wollte sie ein bisschen in Manhattan herumlaufen, sie konnte jetzt unmöglich still sitzen.
    Wie gut, dass sie ihre eigenen bequemen, flachen Schuhe anhatte. Sie ging die 45. Straße entlang und bog dann in die Fifth Avenue ein. Auf einmal stürmten unendlich viele Eindrücke gleichzeitig auf sie ein: das bunt gemischte Gedränge auf den Gehwegen, lauter unterschiedliche Gesichter, die spiegelnden Fassaden der Häuser und die glänzenden Karosserien der Autos. Obwohl sie jedes Detail ganz deutlich wahrnahm, gelang es ihr nicht, das Ganze zu erfassen. Die Geräusche verwebten sich in ihren Ohren zu einem gigantischen Summen und die Welt um sie herum schien plötzlich ins Unermessliche anzuschwellen. Sie hob den Blick und sah zu den Spitzen der Gebäude auf, die tatsächlich fast an den Wolken zu kratzen schienen.

    Auf einmal hatte sie das merkwürdige Gefühl, dass sie lange in einem Tunnel gelebt hatte, der von Tag zu Tag düsterer und enger geworden war. Jetzt war er plötzlich aufgebrochen, und die Welt um sie herum war wieder so groß wie früher und sie selbst war wieder ein Teil davon. Was hab ich nur so lang da drin gemacht? , fragte sie sich fassungslos. Wie einsam bin ich gewesen?
    Sie wagte einen neuen Gedanken: Ich werde niemals Model werden.
    Nie und nimmer.
    Auch wenn sie ihrer Großmutter ähnlich sah. Sie würde nie groß genug und nie dünn genug sein. Sie würde ihre Kurven niemals platt drücken können, und wenn sie es versuchte, würde das nur bedeuten, dass sie sich selbst hasste.
    Das war die Wahrheit.
    Ich werde niemals Model werden.
    Sie dachte den Satz wieder und immer wieder, aber er konnte ihr nicht mehr wehtun. Die Wirklichkeit war zwar anstrengend und schwierig, aber sie war riesig groß und bot unendlich viele Möglichkeiten. Es war ein wunderbar erleichterndes Gefühl, das zu begreifen.

24
     
     
     
     
    Nachdem Polly und Dia aus New York zurückgekehrt waren, ging Dia nicht mehr ins Atelier. Es war völlig ungewohnt für Polly, dass ihre Mutter noch schlief, wenn sie zu ihren Babysitterjobs ging, und auch dann zu Hause war, wenn sie wieder zurückkam. Manchmal lag Dia dann immer noch im Bett, manchmal sah sie im Wohnzimmer fern, manchmal saß sie auf der Veranda und tat gar nichts.
    Zuerst war es fast wie die Erfüllung eines Wunschtraums. Obwohl Polly sich damit abgefunden hatte, dass Dia nie da gewesen war, hatte sie sich immer gewünscht, dass ihre Mutter zu Hause blieb. Sie hatte von einer Mutter geträumt, die Essen kochte und »Mom« genannt werden wollte. Nachdem Dia allerdings den dritten Tag in Folge das Haus nicht verlassen hatte, wurde es Polly allmählich ein bisschen unheimlich. Dia kochte nicht und lieh auch keine Filme aus, die sie sich zusammen ansehen konnten. Sie lag oder saß einfach nur rum.
    »Jo hat angerufen«, sagte Dia am zweiten Tag, als Polly nach Hause kam. »Das ist doch schön, oder?« Es war ihr offenbar nicht entgangen, dass Jo in letzter Zeit kaum noch angerufen hatte. Polly war immer wieder überrascht, wie viel ihre Mutter doch mitbekam. »Sie ist wieder zurück und würde sich freuen, wenn du sie anrufst.«
    Polly zögerte. Wollte Jo wirklich, dass sie anrief? Und wenn sie es tat - welche Jo würde dann ans Telefon gehen? Die,
die sie zurückgestoßen, oder die, die sich dafür entschuldigt hatte? Es hatte wehgetan, dass Jo sie so behandelt hatte, aber sie wollte auch nicht, dass sie nur aus schlechtem Gewissen wieder nett zu ihr war.
    Als Polly am dritten Tag mittags von den Rollins’ zurückkam, lag Dia auf der Couch.
    »Ama war vorhin hier«,
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