Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Summer Sisters

Titel: Summer Sisters
Autoren: Ann Brashares Nina Schindler
Vom Netzwerk:
den Rücken und
den Topfpflanzen in den Händen über den East-West Highway rennen. Mitten auf der Straße hat Jo ihren Topf fallen lassen, und wir sind alle drei stehen geblieben und haben auf den kleinen umgeknickten Stängel und auf die Würzelchen und auf die Erde heruntergeblickt, die auf den Asphalt gerieselt war. Ich weiß noch, wie wir uns gebückt und die Pflanze wieder eingetopft und hektisch die Wurzeln in die Erde gedrückt haben, während die Fußgängerampel umschaltete und »STOP« blinkte. Und ich weiß noch, wie Ama geschrien hat, wir müssten uns beeilen, und wie ich über die Schulter geguckt und gesehen habe, dass die Autos den Hügel runter auf uns zurasten. Ich weiß noch, wie ich mit den Fingern über den rauen Asphalt gekratzt habe, um die letzten Erdkrumen zusammenzuscharren, und wie ich mir dabei die Knöchel aufgeschabt habe. Ich glaube, Jo hat mich dann am Arm gepackt und auf den Bürgersteig gezerrt. Und ich kann mich noch an den langen, an- und abschwellenden Lärm der Autohupen erinnern.

Ama
    Wir haben uns am ersten Tag der dritten Klasse kennengelernt, weil wir von allen hundertdreiundzwanzig Kindern unseres Jahrgangs die Einzigen waren, die nicht abgeholt wurden. Ich hab mich schrecklich gefürchtet, weil meine Mutter mich bis dahin noch nie irgendwo warten gelassen hatte. Sie hatte sich vorher auch noch nie verspätet.
    Zuerst haben wir nicht miteinander geredet. Mir war das alles peinlich, und ich hatte Angst, wollte mir aber nichts anmerken lassen. Dann wurden wir in den Übungsraum mit den Glaswänden gesetzt. Wir haben wie Tiere im Zoo durch die Scheibe geglotzt und auf unsere Eltern gewartet.

    An diesem Tag hatten wir im Sachunterricht die kleinen Weidenstecklinge bekommen. Wir sollten uns um sie kümmern und sie ein Jahr lang beobachten. Ich weiß noch, wie wir dasaßen, jede mit ihrem kleinen Plastiktöpfchen vor sich.
    Polly hat bei ihrem immer wieder geprüft, ob die Erde noch feucht genug war, und irgendwas vor sich hin gesummt. Jo hat die Füße in den Turnschuhen auf den Tisch gelegt und sich zurückgelehnt. Sie meinte, ihre Pflanze würde wahrscheinlich nicht mal die erste Woche überleben.
    Mir war es schleierhaft, wieso die beiden sich so wenig darüber aufregten, dass man sie vergessen hatte. Ich war völlig verängstigt, aber später habe ich erfahren, dass meine Mutter eine wirklich gute Entschuldigung dafür hatte, dass sie an diesem Tag nicht gekommen war.

Jo
    Wahrscheinlich war es meine Idee, dass wir zusammen von der Schule weglaufen sollten. Wir hatten schon anderthalb Stunden auf unsere Eltern gewartet, uns war langweilig und wir hatten Hunger. Besonders ich. Mittlerweile saßen wir vor dem Büro des Rektors, als ob wir wegen irgendwas bestraft werden würden. Ms Lorenz, die Konrektorin, versuchte, unsere Eltern telefonisch zu erreichen, während alle anderen Lehrer nach Hause gingen.
    Ama musste aufs Klo, also sind Polly und ich mit ihr mitgegangen. Wir haben in die leeren Klassenzimmer reingesehen und sind in der Cafeteria auf die Tische gestiegen. Irgendwie hat es Spaß gemacht, durch die leere, dunkle Schule zu geistern. Als wir am Hintereingang vorbeikamen, hab ich zu Ama und Polly gesagt, dass sie sich bestimmt nie trauen würden,
einfach rauszugehen - aber sie haben es wahrhaftig gemacht! Also standen wir auf einmal draußen vor der Schule. Wir hatten gar nicht wegrennen wollen, aber nachdem wir schon mal draußen waren, konnten wir einfach nicht wieder reingehen. Freiheit ist eine Einbahnstraße und wir standen mitten darauf.
    »Na los«, sagte ich.
    Ich hatte ein Gefühl wie im Sommer und ich kannte den Heimweg.
    Ama war diejenige, die gezögert hat.
    »Wir bringen dich nach Hause«, versprach ihr Polly.
    Wir rannten durch die Nebenstraßen zum 7-Eleven. Ich hatte in meinem Rucksack einen Zwanzigdollarschein für Notfälle, also deckten wir uns mit Eis, Chips und Schokoriegeln ein. Dann fing es an zu regnen, es schüttete wie aus Kannen, und wir saßen an unserem Tisch und sahen durchs Schaufenster, wie vom Parkplatz Dunst aufstieg und wie sich der Himmel verdunkelte, als ob es Nacht wäre. Wir hätten gern das Videospiel Drachentöter gespielt, das im Laden stand, aber der Apparat war kaputt.
    Als wir wieder nach draußen konnten, war es kühl und die Luft prickelte. Wir liefen über den East-West Highway nach Hause; ich weiß noch genau, wie wir mit den Plastiktöpfchen losgerannt sind. So eine Pflanze ist eins der wenigen Dinge, die man nicht in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher