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Sündiges Abenteuer: Roman (German Edition)

Sündiges Abenteuer: Roman (German Edition)

Titel: Sündiges Abenteuer: Roman (German Edition)
Autoren: Christina Dodd
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schaute zu den Männern, die sie umstanden, und suchte vergeblich Hilfe. Keiner der verarmten Aristokraten und Gentlemen, schon gar nicht jene, die sie in diese Schwierigkeiten gebracht hatten, scherten sich auch nur im Geringsten um das Schicksal einer Dienerin. »Ich flehe Euch an. Lasst mich bei Euch bleiben.«
    »Es tut ihr eigentlich nicht leid«, erklärte Lady Lettice den anderen. »Sie sagt das nur, weil sie eine Waise ohne Familie ist. Ohne meine Freundlichkeit müsste sie verhungern. Nicht wahr, Emma?«
    »Ja, Ma’am.« Emma zupfte das Tuch um Lady Lettices Schultern zurecht, dann nahm sie das Taschentuch, das Lady Lettice umklammert hielt, und betupfte ihre Wange.
    »Also gut, hör schon auf damit.« Lady Lettice schob sie weg. »Du machst mich rasend. Ich behalte dich, aber wenn du mich noch einmal schlägst …«
    »Das werde ich nicht! Ich danke Euch.« Emma machte einen Knicks. Und noch einen.
    »Eigentlich …« Lady Lettice nahm das Taschentuch entgegen und starrte es nachdenklich an. Michael konnte förmlich sehen, wie ihr Verstand begann zu arbeiten und etwas Bösartiges ersann. »Ich möchte das hier gerne angefeuchtet haben. Geh zu den Waschräumen und mach es nass.«
    »Wie Ihr wünscht, Lady Lettice.« Emma nahm das Taschentuch und eilte davon.
    »Seht genau hin, Gentlemen«, sagte Lady Lettice. »Das wird unterhaltsam. Dieses dumme Ding hat absolut keinen Orientierungssinn. Sie geht nach rechts, wenn sie nach links muss, nach Norden, wenn ihr Ziel im Süden ist. Die Waschräume befinden sich rechts, daher wird sie nach links gehen.«
    Die Männer um sie herum beobachteten, wie Emma zu der Tür ging und zögerte.
    Im Stillen drängte Michael sie, nach rechts zu gehen.
    Aber wie versprochen wandte sie sich nach links.
    Der kleine Kreis der Speichellecker brach in schallendes Gelächter aus.
    Michael verzog das Gesicht.
    Lady Lettice kicherte. »Möchten die Gentlemen gerne wetten, wie lange es dauert, bis meine dumme Gesellschaftsdame ihren Weg zu mir zurückfindet?«
    »Weidmannsheil!«, rief Bedingfield. »Und ich wette, Euer Taschentuch wird noch immer staubtrocken sein, wenn sie zurückkommt.«
    Die kleine Gruppe drängte sich um Lady Lettice, und sie machten sich einen Spaß daraus, ein Mädchen zu verhöhnen, das keinem von ihnen etwas Böses getan hatte.
    Michael, der schon immer eine Schwäche für Außenseiter gehabt hatte, ging leise davon. Er wollte die bedauernswerte Gesellschaftsdame vor ihrer eigenen Dummheit bewahren.

2

    Emma war verloren. Sie lief die hell erleuchteten Korridore auf und ab, stolperte in verdunkelte Zimmer, wohin Paare sich zurückgezogen hatten, um sich zu lieben. Dann stolperte sie rückwärts schnell wieder heraus, murmelte eine Entschuldigung und wünschte, sie wäre in England, wo die Paarungsrituale eher im Geheimen stattfanden und nicht so animalisch waren.
    Schließlich fand sie eine Tür zum Garten und trat auf die Terrasse. Sie schaute zu dem Chateau zurück. Von hier konnte sie die Musik aus dem Ballsaal hören und sah die Lichter, die durch die hohen Fenster nach draußen fielen. Wenn sie sich genau umschaute, fand sie den Weg zurück ins Haus bestimmt und konnte dort ihre Suche erneut beginnen.
    Aber wie ging es dann weiter? Sie hätte ihre Mission immer noch nicht erfolgreich erfüllt, und sie wusste, was es sie kosten würde, wenn sie Lady Lettices Befehlen nicht gehorchte.
    Moricadia war ein wunderschöner kleiner Edelstein hoch oben in den Pyrenäen. Gesegnet mit spektakulären Ausblicken, ländlichen Almen und heißen Quellen, denen man nachsagte, sie könnten die Kranken heilen. Aber Emma stand hier unter dem Sternenzelt, starrte auf einen sprudelnden Springbrunnen und wünschte, sie wäre reich, adelig und schön, statt arm, gewöhnlich und gut ausgebildet zu sein. Was brachte es einer Frau, wenn sie gesunden Menschenverstand und einen scharfen Verstand hatte, wenn ihre Hauptaufgabe doch darin bestand, einem schwitzenden Biest frische Luft zuzufächeln und nachts die von Hühneraugen übersäten Füße zu massieren? Wenn Gott schon keines ihrer Gebete erhörte, hätte sie wenigstens gedacht, Er könne ihr die Fähigkeit verleihen, heil ihren Weg von Punkt A zu Punkt B zu finden, ohne unterwegs verloren zu gehen. Wenigstens dieses eine Mal, damit sie das Taschentuch von dem Biest anfeuchten konnte.
    Wie ihr Vater so schön gesagt hatte, war sie immer ein schüchternes Kind gewesen. Aber sie hatte auch immer einen analytisch arbeitenden
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