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Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Titel: Sündenkreis: Thriller (German Edition)
Autoren: Claudia Puhlfürst
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Zeit dazu.« Der Mann mit der barschen Stimme räusperte sich und fuhr fort. »Du hast gesündigt. Und dafür wirst du bestraft werden. Wenn du einsichtig bist, kannst du dir viel Leid ersparen.«
    Etwas quietschte, und Nina dachte, dass es sich wie ein rostiges Scharnier anhörte. Gleich darauf hörte sie etwas klicken – ein Schloss? – und danach Schritte, die sich entfernten. Dann war alles still. Zu still.
    Nina Bernstein zwang sich, noch ein paar Augenblicke zu warten. Womöglich war der Typ noch im Raum und machte sich einen Spaß daraus, sie zu beobachten. Ihre übrigen Sinne schienen durch die Augenbinde, die das Sehen verhinderte, sensibler geworden zu sein. Schnüffelnd sog sie die Luft ein und versuchte, den Geruch zu analysieren. Kälte, Feuchtigkeit, ein Hauch von Schimmel mit einer Beimengung von Salpeter. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie sich in einer sitzenden Position befand, die Beine gerade ausgestreckt, den Rücken an eine Wand gelehnt. Ihre Hände waren hinter dem Rücken fixiert. Dünne, harte Streifen schnürten die Gelenke ab.
    Handschellen waren das nicht. Nina wusste, wie sich Handschellen anfühlten. Schließlich war sie nicht zum ersten Mal in ihrem Leben gefesselt.
    Vorsichtig bewegte sie die Hände. Sie konnte mit den Fingerspitzen kalten Stein ertasten. Oder zumindest glaubte sie, dass es Stein war. Auch die Füße waren verschnürt.
    Nina fühlte, wie sie wütend wurde. Was hatte dieser Typ eigentlich mit ihr vor? Ob es Sinn hatte, um Hilfe zu rufen? Aber hätte er ihr dann nicht zusätzlich einen Knebel verpasst? Wahrscheinlicher war, dass niemand sie würde hören können. Stattdessen sollte sie lieber darüber nachdenken, was sie tun konnte, um sich zu befreien, oder was der Mann von ihr als »Buße« erwartete. Sie kramte in ihrem Gedächtnis nach längst vergessenen Liturgien, suchte nach Floskeln, die reumütige Kinder vor einem gestrengen Pfarrer verwenden würden, aber ihr Kopf gab nichts frei.
    Wie war sie eigentlich hierhergekommen? Nina kniff die Lider hinter dem derben Stoff fest zusammen, so als sei es nicht sowieso schon stockfinster, und versuchte, Erinnerungen heraufzubeschwören.
    Das letzte Ereignis, welches ihr einfiel, war der Besuch im Nachtwerk . Samstagabend. Nina ging jeden Samstag ins Nachtwerk. Die riesige Diskothek im Süden Leipzigs war ein beliebter Treffpunkt für Leute, die sich amüsieren wollten. Sie war also im Nachtwerk gewesen, so viel war sicher.
    Wie lange mochte das her sein? Wenn sie ihren Körper prüfte, ihr Durstgefühl, den Drang, pinkeln zu müssen, konnte es nicht länger als einen halben Tag zurückliegen. Es sei denn, zwischen dem Besuch in der Disco und Dem Hier lag eine Zeit, die ihr Gedächtnis nicht gespeichert hatte. Nina sah im Moment keine Möglichkeit, das herauszufinden. Also weiter: War der Abend in der Disco wie immer verlaufen?
    In ihrem Kopf tauchte ein unscharfes Bild auf. Dieser gutaussehende Bursche mit den blauen Augen, die im Dunkeln geleuchtet hatten wie die Xenonscheinwerfer einer Nobelkarosse. Er war ihr sofort aufgefallen, und Nina hatte sich behutsam an ihn herangepirscht. Bloß nicht zu aufdringlich wirken! Das mochten die begehrten Typen nämlich gar nicht. Man musste es so aussehen lassen, als seien sie von selbst auf einen aufmerksam geworden. Und Nina Bernstein beherrschte das Spiel perfekt. Wenn man die Kerle einmal an der Angel hatte, konnte man mit ihnen machen, was man wollte.
    Und Nina wollte nur eins: richtig guten Sex. Danach konnte der Typ sich schleichen. Manche checkten das nicht und wollten hinterher ihre Telefonnummer oder am nächsten Tag mit ihr essen gehen. Nina fand das spaßig. Was bildeten sich diese Typen eigentlich ein? Sie wollte keine Beziehung, sie wollte Sex . Harten Sex. Manche von den One-Night-Stands sah sie später im Nachtwerk oder in irgendeiner anderen Disco wieder. Wenn sie richtig gut gewesen waren – aber nur dann –, gab Nina ihnen eine zweite Chance. Oft war das jedoch noch nicht geschehen. Die, die am attraktivsten aussahen, brachten es oft nicht. Es war wie mit holländischem Obst: sah super aus, schmeckte nach nichts. Die besten waren die Unscheinbaren, die kleinen dürren oder auch die untersetzten. Und doch fiel sie immer wieder auf diese Strahlemänner herein, die mit den gutgebauten Körpern und den blauen Augen. Nina lächelte kurz, bis ihr einfiel, in welcher Lage sie sich befand. Schnell zwang sie ihre Gedanken wieder zurück zu dem Typen mit den Xenonaugen.
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