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Titel: Suche: Roman
Autoren: Monica Kristensen
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schaute weg. Alle wussten, dass die Chance, Knut Fjeld lebend zu finden, mikroskopisch klein war. Es würde mehrere Tage dauern, bis die Gaskonzentration wieder niedrig genug war und nochmals mehrere Tage, um die Passage zum alten Schacht wieder freizulegen.
    Sie sammelten sich in den Tagesanlagen. Die Kumpel mit ihren Helmen in der Hand. Der Steiger und der Direktor standen beieinander, beide mit den Helmen in der Hand, wie bei einer Beerdigung. »Jetzt dürfen wir den Mut nicht verlieren«, erklärte der Direktor und schaute jedem in die Augen, der an ihm vorbeiging. »Momentan ist die Gaskonzentration über dem Grenzbereich. Die Explosionsgefahr ist dann geringer, wie ihr alle wisst. Aber wir müssen warten, bis das Methan ausgelüftet ist, dann gehen wir mit einem Bagger rein und entfernen das Geröll.«
    Niemand dachte auch nur im Traum daran, ihm zu widersprechen. In solchen Situationen war Hoffnung eine Pflicht, kein Privileg. »Hauptsache, es knallt nicht«, murmelte der Direktor vor sich hin. Auch er hatte Angst, gestattete es sich aber nicht, sie zu zeigen.
    Sie lag hinter ein paar großen Felsen auf einem Bündel alter Kleider, mit einem schmutzigen graugelben Baumwollanorak als Decke und einer dicken Ledermütze als Kissen unterm Kopf. Der Überhang ragte über ihr in den Raum hinein. Die alte Zechenstrecke endete an einem Haufen herabgestürzter Steine. Über dem Geröll war eine enge Öffnung zu sehen. Aber sie war ja wohl zu klein, um sich dort durchzupressen?
    Durch den Steinschlag war die Strecke hier höher. Die beiden Männer konnten ihre Rücken strecken und aufrecht stehen. Die Luft war klarer, auch wenn immer noch Kohlenstaub im Licht der Kopfleuchten tanzte. Der Bergmann nahm den weißen Helm und die Maske ab. Es war Per Leikvik.
    Ich hätte sie selbst finden müssen , dachte Knut, und sein erstes Gefühl war Verblüffung. Wenn ich nur ein bisschen mehr Zeit gehabt hätte und weiter hätte suchen dürfen, dann hätte ich sie gefunden .
    Sie sah aus wie eine Puppe, die jemand an diesem ungewöhnlichen Platz vergessen hatte. Ihr Gesicht war unnatürlich blass, die Augenwimpern wie schwarze Pinselstriche auf den Wangen.
    Knut blieb reglos stehen. Ein lähmendes Gefühl der Enttäuschung durchzog ihn. Die bedrückende Furcht, die er in den letzten Stunden erlebt hatte, war Wirklichkeit geworden. Er war zu spät gekommen. Er ließ sich auf einen Felsen sinken und nahm den Helm ab. Wie konnte er nur so dumm sein? Warum hatte er nicht darauf bestanden, dass die Leute von der Kripo alle Ressourcen einsetzten, um den Spanner zu finden? Per Leikvik war es gewesen, er hatte sie die ganze Zeit bei sich gehabt.
    Aber eines konnte er zumindest für Tone Olsen tun, er konnte ihre Tochter aus dem Berg holen. Wenn er nur wüsste, wie. Sie mussten zurückgehen, natürlich, das mussten sie. Die Öffnung über ihnen war viel zu klein, um dort weiterzukommen. Und der letzte Ort, an dem die Leute von der Store Norske ihn gesehen hatten, das war an dem alten Holzverschlag gewesen. Alle erdenklichen Regeln für das Verhalten bei Katastrophen sahen vor, dass man dort bleiben sollte, wo man zuletzt gesehen worden war. Er sammelte seine letzten Kräfte, stand auf und wollte den kleinen Körper hochheben, eingehüllt in die Kleider. Der alte Bergmann betrachtete ihn genau dabei.
    Da bewegte sie eine Hand und seufzte leise, als hätte sie etwas Schönes geträumt. Knut warf sich auf die Knie und legte die Wange an ihren Mund.
    »Sie atmet!« Er starrte Per Leikvik ungläubig an. »Sie lebt ja. Hättest du das nicht sagen können?«
    Der alte Bergmann verdrehte die Augen und spuckte wütend auf die Sohle.
    Ella war am Leben, aber es war offensichtlich, dass sie in schlechter Verfassung war. Knut gelang es nicht, sie zu wecken. Die Augäpfel rollten unter halb geöffneten Augenlidern hin und her. Aber soweit Knut es sehen konnte, war sie nicht verletzt. Keine Wunden oder blaue Flecken, kein Blut im Haar.
    Per Leikvik berührte Knut an der Schulter und hielt die Hand vor den Mund, während er gleichzeitig den Kopf zurücklegte.
    »Hat sie Durst?«
    Per Leikvik nickte.
    »Dehydriert?« Ja, natürlich. Ella war mehr als einen Tag lang allein im Schacht gewesen. Und Knut hatte in dem alten Pausenraum nichts gefunden, was Wasser hätte enthalten können.
    »… a-asser … a-asser.« Per Leikvik zeigte an dem Steinhaufen vor ihnen vorbei, hinauf zur Öffnung.
    »Du weißt, wo es Wasser gibt?«
    Per Leikvik nickte und hob die
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