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Titel: Suche: Roman
Autoren: Monica Kristensen
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Neuen herumführen und ihn mit den Sicherheitsvorschriften wie auch mit ungeschriebenen Gesetzen vertraut machen. »Sorgt dafür, dass er sich im Team willkommen fühlt«, wie der Steiger sich hilflos ausgedrückt hatte. Aber die beiden hatten andere Pläne. Ohne große Eile saßen sie da und rauchten zu Ende, einen Metallaschenbecher, der bis zum Rand mit Kippen gefüllt war, zwischen sich.
    »Morgen«, sagte der neue Grubeningenieur und blieb in der Türöffnung stehen.
    Die beiden Kumpel standen langsam auf, hatten keine Eile, zu ihm zu kommen. Als Grubeningenieur würde der Neue keinen direkten Einfluss auf ihren Alltag haben. Als der Steiger sie gefragt hatte, ob sie ihn herumführen könnten, hatten sie nicht gerade vor Begeisterung gejubelt. »Warum gerade wir? Kann das nicht einer aus dem Büro oder der Grubenleiter oder …«, hatte Lars Ove in mürrischem Ton protestiert. Der Steiger hatte seine Wut hinuntergeschluckt und geduldig geantwortet, dass sie doch sicher auch wussten, dass am Ende des Transportbandes im Stollen ein Problem entstanden sei und der Grubenleiter wie der Steiger damit den ganzen Vormittag beschäftigt sein würden. »Ist mir doch scheißegal«, hatte Kristian erwidert, womit er die meisten Gespräche beendete.
    Nur aus reinem Jux – und weil die beiden Bergwerksveteranen dafür bekannt waren, dass sie das gerne mit Leuten machten, die neu waren – hatten sie die Absperrung vor einem Durchbruch entfernt, der zu einem schon lange geschlossenen Stollen führte. Dieser Stollen war bereits seit vielen Jahren geschlossen, aber dennoch zog irgendetwas immer wieder Leute dorthin – es gab etwas Unheimliches dort in dem Dunkel, die niedrigen, ungesicherten Gänge hatten etwas Bedrohliches und gleichzeitig Geheimnisvolles an sich. Die beiden Führer hatten geplant, mit dem Jeep ein Stück hineinzufahren und waren gespannt darauf, ob der neue Ingenieur erkennen würde, dass es so in einem modernen Kohlenbergwerk nicht aussah. Soweit sie wussten, hatte er in Tromsø gearbeitet, bevor er nach Spitzbergen gekommen war – irgendetwas war dort mit irgendeiner Anlage in dem Tunnel passiert, der von einer Seite der Insel zur anderen führte.
    Anfangs führten sie sich für ihre Verhältnisse mustergültig auf. Sie stellten sich vor, hießen den neuen Ingenieur willkommen und versahen ihn mit Overall, Sicherheitsstiefeln und Helm mit Leuchte. Sie befestigten die Batterie an seinem Gürtel und gaben ihm Staubmaske, Sauerstoffbehälter und Selbstretter. Doch dann, als er sich langsam entspannte, begannen sie ihn das Fürchten zu lehren, indem sie ihn mit ernster Miene vor allem warnten, was passieren konnte. Sie tauschten Blicke aus. Sie schüttelten wortlos den Kopf, als würden sie bestimmte Informationen zurückhalten. Und schließlich hatten sie ihm erklärt, dass er in dem offenen Grubenjeep flach auf dem Rücken liegen musste, damit der Kopf nirgends anstieß, gegen Geräte, Kabel und Felsen, die aus der Decke herausragten. Aber das wusste der Neue sicher alles bereits schon? Er zuckte jedenfalls nur mit den Schultern. Er und Angst? Nein.
    Ungefähr zehn Minuten lang fuhren sie normal, aufrecht sitzend, einen breiten Hauptweg entlang hinein in den Berg. Das war der Lebensnerv der Grube – ein Stollen mit angenehmer Deckenhöhe, Stützkonstruktionen aus stehenden Baumstämmen entlang den Wänden und ausreichend Licht, um gut nach vorn und seitwärts sehen zu können. Doch dann näherten sie sich der Strosse Nummer 12. Hier kam nach einer scharfen Kurve die Verbindung zu dem geschlossenen Stollen zum Vorschein. Der alte Absatz zeigte ihnen sein schwarzes, ungewöhnlich niedriges Maul. Die Chefs hatten so eine Ahnung, dass er für das Eine und Andere benutzt wurde, und deshalb hatte die Grubenleitung streng verboten, hineinzufahren. Aber in der ganzen Zeit, seitdem sie für die Gesellschaft arbeiteten – Kristian seit sechs Jahren und Lars Ove sogar seit neun –, hatten sie noch nie von jemandem gehört, der in dem alten Stollen von herabfallenden Brocken verletzt worden war.
    Der niedrige Jeep mit dem großen breiten Planverdeck bog auf den schmalen Weg ein und schaukelte auf dem unebenen Untergrund von einer Seite zur anderen. Über der Öffnung zu dem Absatz hing eine einsame Glühbirne, danach war Schluss mit der Beleuchtung. Nur die Autoscheinwerfer reichten ein kurzes Stück die schwarzen Felswände entlang, die nach dem Kohleabbau uneben und voller spitzer Ecken waren. Der neue Ingenieur
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