Sturz der Marionetten: SF-Thriller
Moment mal ...«
Croyd ließ sich durch meinen Versuch, ihm das Wort abzuschneiden, nicht zum Schweigen bringen. »Wir bekommen viele Mitteilungen von Leuten, die denken, ihre vermissten Angehörigen könnten unter den Pilgern sein. Die bilden sich ein, wir hätten Zeit und Lust, an ihrer Stelle nach diesen Vermissten zu suchen. Aber Schiff ist hier, und Schiff hat Beziehungen spielen lassen, und die einzige Möglichkeit, ihn dazu zu bringen, mich in Ruhe zu lassen, war das Versprechen, dass wir einen Ihrer Leute auf den Fall ansetzen werden, sobald einer entbehrlich ist.«
Das war mehr als unverschämt. Meiner offiziellen Berufsbezeichnung innerhalb des Dip Corps zufolge war ich Sonderstaatsanwältin ohne spezielles Ressort, ein Titel, der mir erlaubte, mir meine Arbeit selbst auszusuchen, ohne befürchten zu müssen, für die Aufgaben irgendeiner anderen Person herangezogen zu werden. Auf keinen Fall hatte auf Vlhan oder in New London oder sonstwo irgendein halb irrer und total nackter Berufsbotschafter das Recht, meine Mission auf diesem Planeten zu stören, weil ihm die Notlage eines gepeinigten Vaters lästig war. »Ich habe mich um meine eigenen dringenden Angelegenheiten zu kümmern, Sir, Angelegenheiten, die wichtiger sind als ein vermisstes Mädchen.«
»Ich verlange keine Ergebnisse. Ich möchte nur, dass Sie sich einmal mit Schiff treffen, sich von ihm alle Informationen geben lassen, die er Ihnen geben will, und ihm versichern, dass Sie sich seine Sache zueigen machen werden. Wenn Sie wollen, können Sie die ganze Geschichte dann vergessen. Ehrlich, mir ist das völlig egal. Aber wenn Sie die Unterstützung meiner Leute wollen, dann werden Sie mir diesen kleinen Gefallen tun, damit ich nicht wieder damit belästigt werde. Ich muss nur daran denken, und ich bekomme Albträume.«
Mir ging es genauso. Ein kleines Mädchen mitten auf einem Schlachtfeld, die Seele beschmutzt, die Hände rot vor Blut. Und die Albträume, die diesem folgten: Gefangenschaft. Vergewaltigung. Töten, um zu überleben. Dem einen Zuchtmeister zu entfliehen, indem sie sich an einen anderen verhökerte. Die Erkenntnis, erst ein paar Monate alt, dass alles, was man ihr über ihre Herkunft erzählt hatte, eine Lüge war.
Und dann war da noch dieses furchtbare Schreckgespenst, das alles überschattete.
Der wahre Grund für meine Anwesenheit, gewaltiger als alles andere.
Die drohende Auslöschung der Menschheit.
KAPITEL ZWEI
SCHIFF
Aktuellen Informationen zufolge war Derek Schiff eine halbe Welt entfernt und belästigte dort die Menschen und Aliens, die sich oberhalb des östlichen Rands des Amphitheaters versammelten.
Dieser Schiff wusste, was er tat, so viel musste ich zugeben. Immerhin war das Amphitheater der einzige Ort, an dem er garantiert Gelegenheit haben würde, die Repräsentanten sämtlicher außerweltlicher Spezies anzusprechen, die die Vlhani studierten. Hier konnte er den Leuten auf die Nerven gehen und sie bedrängen, ihm etwas über den Verbleib seiner Tochter zu erzählen, ohne zuvor sämtliche Level der Bürokratie zu durchwandern, die die Mächtigen zwischen sich und den Leuten, die mit lästigen Anliegen an sie herantreten wollten, aufgebaut hatten. Aber wenn das der Kernpunkt seines Plans war, dann würde er nicht viel erreichen. Das Ballett war eben auch das Ereignis, das zu studieren all diese Diplomaten und Wissenschaftler auf diesen Planeten gekommen waren. Es fand nur einmal im Jahr statt, und morgen ging es los. Die diplomatische Gemeinde dürfte viel zu sehr mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt sein, um sich auch noch Sorgen um seine zu machen.
Ich grollte, weil ich zu der Person gemacht worden war, die sich der Formalität anzunehmen hatte, so zu tun, als kümmere sie das Ganze mehr als nur einen Dreck.
Immerhin waren wir keine zwanzig Minuten nach meinem Zusammentreffen mit dem mürrischen nackten Mann wieder in der Luft und auf dem Weg zum Amphitheater.
Hammersmiths Gleiter war ein verbeultes Modell ohne Dach, zum Himmel offen, aber durch einen ionischen Schild so gut vor Wind und Elementen geschützt, dass ich kaum eine Bewegung wahrnahm. Sein ursprüngliches Elfenbeinweiß war stellenweise immer noch erkennbar, versank aber überwiegend in einem dumpfen Braunton - eine Folge der unzähligen Staubschichten, die zu entfernen sich niemand, der die Wüsten von Vlhan bereiste, allzu viel Zeit nehmen würde. Erfreulicherweise war neben unserem Gepäck noch genug Platz, sodass die
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