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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01
Autoren: Christoph Hardebusch
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sie dich tatsächlich nicht gehängt. Verflucht, ich schulde Bihrâd einen Solar!«
    »Ihr habt um meinen Tod gewettet?«, empörte sich Jaquento. »Du solltest weniger von dem Zeug rauchen. Das verdirbt den Charakter!«
    »Ah. Im Gegenteil: Es macht mich normal. Du solltest mich sehen, wenn ich nicht rauche! Wie ist die Stimmung auf dem fetten Pott da?«
    »Schlecht. Das Gefecht hat sie übel mitgenommen, und eine Menge ihrer Offiziere sind gefallen. Ein Leutnant hat jetzt das Kommando, und ihre Unteroffiziere sind noch halbe Kinder. Aber sie wollen uns nicht ans Leder. Immerhin. Wir werden die Befreiten nach Lessan schippern. Ich werde mich nachher darum kümmern, wie das am besten zu organisieren ist. Und danach wählen wir einen neuen Kapitän, wie es Brauch ist.«
    »Es wird sich niemand neben dir zur Wahl stellen, Jaq. Die Mannschaft ist zufrieden mit dir.«
    »Ich habe uns in diese Katastrophe geführt. Und wir machen nicht einmal Gewinn bei der Sache. Ich denke nicht, dass die Besatzung allzu begeistert von mir ist.«
    »Abwarten«, erwiderte Manoel. »Ich habe dir doch von dem Vigoris-Ausbruch erzählt? Auf der Insel?«
    »Ja. Und?«
    »Es war ein Mädchen. Eine Sklavin, pardon: Ex-Sklavin. Ihr Name ist Sinao. Sie ist – ich kann es nicht genau beschreiben. Ziemlich mächtig auf jeden Fall. Nur im Moment steht sie reichlich neben sich. Ich kümmere mich um sie.«
    »Eine Maestra?«
    Manoel lachte. »Die ehrwürdigen Herren und Damen würden einen Hirnschlag bekommen, wenn sie mir zuhören könnten, aber ja. Sie hat Macht. Starkes Mojo. Richtig starkes Mojo. Aber es geht ihr nicht gut.«
    »Ist sie eine Gefahr?«
    Sie beide wussten, dass es gefährlich war, einen Maestre an Bord zu haben, der sich vielleicht nicht kontrollieren konnte.
    »Du musst dir keine Sorgen machen, Käpt’n. Ich kümmere mich um sie«, bekräftigte Manoel. »Ich werde ihr das wenige beibringen, was ich weiß. Bihrâd wird mir helfen, bis sie ihre Kräfte versteht; er kann ihre Magie ja trinken. Vermutlich kann er das Schlimmste verhindern.«
    »Das Schlimmste? Mehr nicht?«, hakte Jaquento nach.
    Der junge Maestre lächelte. »Sie ist stark … aber ich vertraue Bihrâd. Wir kümmern uns um sie.«
    »Gut. Dann untersteht sie eurer Verantwortung. Sag Bihrâd außerdem, dass er sich um die Befreiten kümmern soll. Lass Boote klarmachen, um die Gefangenen zur Mantikor zu bringen. Und überleg mal, wem wir die Luchs anvertrauen können.«
    Gutmütig nickte Manoel und drehte sich um. Der junge Maestre paffte an seiner Pfeife und schien alle Zeit der Welt zu haben, während sich Jaquento sorgenvoll umblickte. So viele Dinge, die erledigt werden müssen. Und mit jeder Minute wird Deguays Vorsprung größer.
    Geistesabwesend streichelte er Sinosh. Die Echse blickte ihn aus schwarzen Augen direkt an.
    »Was für ein Schlamassel.«
    Eine leise Stimme ertönte, doch nicht in seinen Ohren, sondern in seinem Kopf: Und dabei hat es gerade erst begonnen.

EPILOG

    Der Himmel war sternenklar und so mit Lichtpunkten übersät, wie er es nur in der Sturmwelt sein konnte. Von dem anderen Schiff wehte Gesang herüber, in den sich immer wieder raues Lachen mischte. Die Besatzung feierte ihren Sieg, und der Kapitän ließ sie gewähren. Irgendwo auf diesem Schiff saßen auch die Gefangenen fest. Noch in dieser Nacht mussten sie sterben, darauf hatte die Frau bestanden. Keiner, der die Ladung auch nur gesehen haben konnte, durfte leben. Ihre eigenen Anweisungen waren in diesem Punkt eindeutig. Die drei Maestre an Bord waren noch im Ausklang des Gefechts getötet worden; sie waren hilflos wie Welpen gewesen, und man hatte ihnen die Kehlen durchgeschnitten.
    Schon bei ihrem ersten Treffen hatte sie in Deguay eine verständige Seele erkannt und ihn darüber informiert, wie die Befehle lauteten. Wer auch immer auf dem schwarzen Schiff fuhr, würde den Tod finden. So hatte der Kapitän jene als Mannschaft entsandt, die er entbehren konnte. Es war nur eine Frage des richtigen Hebels gewesen, und die Frau war gut darin, die Ansatzpunkte solcher Hebel in Menschen zu erkennen.
    Für einen Moment fragte sie sich, ob sie ebenfalls dem Tod geweiht war, doch dann vertrieb sie die lächerlichen, irrationalen Ängste mit einer wegwerfenden Handbewegung. Sie war eingeweiht und ein wertvolles Werkzeug für den alten Mann. Solange sie diesen Wert behielt, war sie sicher.
    Die Seeleute an Bord machten einen Bogen um sie. Es kümmerte sie nicht. Sie alle waren bereits tot.
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