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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01
Autoren: Christoph Hardebusch
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von der Windreiter aus zur Küste über; offenbar war die Korvette dem vorgeblichen Händler unterlegen.
    »Was geschieht dort?«
    »Eine Entladung von Vigoris. Ungelenk, aber von einiger Macht.«
    »Wer weiß, was auf der Insel passiert ist, während wir hier draußen gekämpft haben. Ich werde eine Mannschaft an Land schicken, sobald wir die nötige Ruhe gefunden haben. Derzeit gilt es jedoch erst einmal, die Spuren des Gefechts zu beseitigen und sich um unsere Verwundeten zu kümmern. Apropos, wären Sie so freundlich, der Ärztin unter die Arme zu greifen?«
    »Selbstverständlich«, erwiderte der Maestre, doch er verzog dabei das Gesicht. Ich kann wirklich keine Rücksicht darauf nehmen, wenn er den Anblick von Blut nicht verträgt. Wir tun hier alle unsere Pflicht!
    Wieder guckte sie zur Windreiter hinüber, als würden ihre Blicke magnetisch von dem Schiff angezogen. Sowohl das ehemalige Sklavenschiff als auch die Korvette hatten unter dem Feuer gelitten. Taue hingegen kraftlos von den Masten herab, selbst die gerefften Segel zeigten Beschädigungen. Trümmer lagen an Deck, Teile der Reling waren zerstört, und die Seiten der Rümpfe würden gewiss ebenfalls die Spuren des erbitterten Gefechts zeigen, wenn sich die Schiffe voneinander lösten.
    Was auch immer dort geschehen ist, der Bastard schuldet mir eine Erklärung. Und sie sollte besser gut sein, sonst lasse ich ihn mitsamt seiner Besatzung in Eisen legen und werfe höchstpersönlich den Schlüssel weg!

FRANIGO

    Der Mann grinste breit und enthüllte dabei eine Reihe schneeweißer, ebenmäßiger Zähne, deren Anblick Franigo auf eine unbestimmte Art erboste. Es dauerte einen Augenblick, bis er begriff, was ihn verstimmte: Ein Rosstäuscher wie dieser sollte faulige Zähne haben. In jedem Theaterstück wäre er missgebildet und bucklig, und die Korruption seiner Seele würde sich in jeder Faser seines Äußeren spiegeln. Doch anscheinend lebt es sich gut davon, harmlose Reisende bis aufs letzte Hemd auszunehmen.
    »Das ist Euer letztes Wort?«, erkundigte sich Franigo, doch es war weniger ein Feilschen als ein Betteln. Er befand sich in einer Zwangslage, und Menschen wie dieser Pferdehändler konnten Not vermutlich riechen wie Ratten einen Kadaver.
    »Ja. Wenn es dir nicht passt, dann geh doch woandershin.«
    Mit einem gequälten Lächeln reichte Franigo dem Mann den Großteil seines verbliebenen Vermögens. Als Gegenleistung erhielt er an einem groben Strick ein nicht minder grobes Grautier. Die großen, dunklen Augen starrten Franigo vorwurfsvoll an, als er versuchsweise an dem Strick zog, dann setzte die Eselin sich in Bewegung, mürrisch zwar, aber nicht störrisch.
    »Du bist also sehr genügsam, hm?«, brummte der Poet, während sie die Straße entlangzogen. »Wie wäre es, wenn ich dich Modestine nenne? Würde dir das gefallen?«
    Die Eselin schien ihn gar nicht zu beachten, sondern schritt eigenbrötlerisch neben ihm her. Nur ihre Ohren zuckten, um eine freche Fliege zu vertreiben, die sich dort niedergelassen hatte.
    »Das werte ich einmal als ein Ja.«
    Bei jedem Schritt schmerzte der Fuß des Poeten. Seit seiner Flucht aus Cabany hatte er weder die Zeit noch die Finanzen gehabt, um einen Arzt zu bezahlen, von einem Maestre ganz zu schweigen. Der Fuß war geschwollen, von blauen Blutergüssen überzogen und pochte selbst, wenn Franigo ihn abends hochlegte. Doch er konnte keine Rücksicht auf seine Verwundung nehmen, denn die Häscher des Marschalls waren ihm immer noch auf den Fersen.
    Ein Schiff wäre eine gute Alternative zu dem beschwerlichen Fußmarsch gewesen, doch ein kurzer Besuch am Hafen hatte ihm gezeigt, dass Soldaten jeden der Passagiere kontrollierten. Vermutlich bin ich nicht der Einzige, der Géronay bei Nacht und Nebel hinter sich lassen möchte. Man sagt, es gäbe viele Aufwiegler, die die Krone lieber heute als morgen hängen lassen möchte.
    Also war Franigo davongehumpelt, hatte die Stadt auf Schleichpfaden verlassen und sich auf den direkten Weg in Richtung seiner hiscadischen Heimat gemacht. Nur durch Glück war er einer Gruppe von Kürassieren entgangen, die laut die Straße entlanggaloppierten, während er sich hinter einem Busch erleichterte. Er musste annehmen, dass sie nach ihm ausgesandt worden waren. Natürlich schmeichelte es ihm, dass der Marschall selbst solche hervorragenden Soldaten für die Hetzjagd auf ihn missbrauchte, doch ihm war auch die Gefahr bewusst, denn viele Hunde waren bekanntlich des Hasen Tod.
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