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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01
Autoren: Christoph Hardebusch
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ihm die Reime ein, die sein derzeitiges Missgeschick verursacht hatten, weil es Menschen gab, die der Wahrheit nicht ins Gesicht blicken mochten. Favare war eine notorisch rebellische Provinz, war es immer schon gewesen. Die Bewohner sahen sich zuerst als Favaren, dann erst als Géronaee oder Hiscadi, wenn überhaupt als eines von beidem. Eine Spitze gegen die Mächtigen, denen sie ohnehin weder Vertrauen noch Liebe schenkten, mochte ihnen gefallen. Probeweise brummte der Poet einige Zeilen in einem langsamen Rhythmus, und er verstand, warum sie sich so schnell in Cabany verbreitet hatten. Sehr eingängig. Schlängelt sich wie ein Wurm ins Ohr und nistet sich dort ein.
    »Tretet Ihr dann auf heut Ab’nd?«
    »Sicherlich, Meséra, mit Vergnügen. Denkt Ihr, dass ich mir damit Kost und Logis verdienen kann?«
    »Häh?«
    »Für ein wenig Eintopf und eine Übernachtung trete ich sehr gerne auf, Meséra.«
    »Ah. Das is’ gut.«
    Obwohl ihre Sprache einfach war, erinnerte ihr Ton ihn an Yuone. Es schwang ein Hauch des Akzents mit, der schon die Schauspielerin ausgezeichnet hatte, obwohl die Gegenden ihrer Herkunft verschiedener nicht hätten sein können. Wo sie wohl gerade ist? Vermutlich in den Armen eines vom Glück begünstigten Gönners. Ich hoffe doch sehr, dass meine Flucht ihr nicht geschadet hat.
    Wieder seufzte der Poet und begann, sich ein Programm für den Abend zurechtzulegen. Er war kein Schausteller, kein fahrender Sänger, aber er konnte mit Worten umgehen, und wenn es so sein sollte, dass er sich seinen Unterhalt mit diesem Talent verdienen musste, dann würde er es zumindest voll ausschöpfen. Und wenn ich dabei Bouflons Namen auch in der Provinz lächerlich machen kann, nun, umso besser!
     
    So verdingte sich Franigo auf seiner Heimreise als Geschichtenerzähler und Wirtshauspoet und ließ seine Zuhörer über die Mächtigen lachen. Eine ganze Reihe von neuen Gedichten und Spottversen kamen bald zu den alten hinzu, mit denen er seiner Verachtung für jene Ausdruck verlieh, zu denen er sich eigentlich hatte gesellen wollen.
    Zumindest mussten weder Modestine noch er eine weitere Nacht im Freien verbringen, und sein Fuß begann schließlich zu heilen, wenn ihm auch ein Hinken zurückblieb.
    Die Lieder und Verse waren seine kleine und vielleicht missgünstige Rache, doch der Samen fiel auf fruchtbaren Boden, und bald schon sprossen viele kleine Pflanzen daraus.

JAQUENTO

    Die Fahrt in dem Dingi erschien Jaquento wie der Gang zum Schafott. Die Mantikor ragte über ihm auf wie der Richterstuhl, und er war sich wohl bewusst, dass er gesündigt hatte. Leider bleibt mir keine andere Wahl, als mich in die Gewalt der Thayns zu begeben. Eine Flucht war mit den befreiten Sklaven kaum möglich, zumal die Windreiter in ihrem jetzigen Zustand kaum segeltüchtig war. Gleiches galt allerdings für die Fregatte, wie Jaquento aus der Nähe nun noch besser erkennen konnte. Das Schiff hatte einige Treffer einstecken müssen, während es auf Grund gelaufen war; die Takelage hing in Fetzen, der Hauptmast war beschädigt, und das Heck war durchlöchert.
    Doch als der junge Hiscadi an Bord kletterte, konnte er sich von der Effizienz der Thayns überzeugen, die offenbar nicht beeinträchtigt worden war. Das Deck war gesäubert, alle Trümmer beseitigt, und die Mannschaft war bereits damit beschäftigt, die Schäden auszubessern und das Schiff wieder flottzumachen.
    »Sind Sie Mister Jaquento?«, fragte ein junges Mädchen in einer tadellosen Uniform. Jaquento nickte. Vermutlich hat der Käpt’n nach der Schlacht erst mal die ganze Mannschaft zum Quartiermeister geschickt, um sie neu einzukleiden. Typisch für die Thaynrics.
    »Ich bin Fähnrich Levman, diensthabender Erster Offizier. Folgen Sie mir bitte. Der Kapitän erwartet Sie bereits.«
    Wieder nickte der junge Hiscadi. Und vermutlich sein hübscher Leutnant auch. Sie wird mir den Kopf abreißen und vor aller Augen verspeisen, nehme ich an. Mit diesen Gedanken folgte er dem Mädchen unter Deck zur Kapitänskajüte, vor der diesmal keine Wache stand. Der Fähnrich öffnete die Tür und bedeutete ihm einzutreten, was Jaquento nach einer kleinen Verbeugung auch tat.
    Auch hier hatten die Thayns bereits die gröbsten Auswirkungen des Gefechts beseitigt, doch die Kajüte hatte unter dem Feuer offenbar stark gelitten, und noch immer sah man überall gesplittertes Holz.
    An dem breiten Tisch, mit dem Rücken zu den Heckgeschützen, saß Leutnant Hedyn. Sonst war niemand
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