Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmkaempfer

Sturmkaempfer

Titel: Sturmkaempfer
Autoren: Tom Lloyd
Vom Netzwerk:
dich daran, wie ich dir von Sergeant Kulet erzählte? Junge, das war ein richtiger Bastard, das übelste Weißauge, das ich
jemals getroffen hab. Der Mann tötete mit sechzehn Jahren seine ganze Familie – nun ja, bis auf seine Mutter natürlich, aber wir können euch Weißaugen ja kaum vorwerfen, dass ihr als Neugeborene so groß seid. Das müsste man den Göttern vorwerfen, und so dumm sind die meisten doch nicht. Wie dem auch sei, der Schwertmeister durfte Kulet nicht hinrichten. Der Nartis-Hohepriester trat dazwischen und sagte, sein Muttermal im Gesicht wäre ein Zeichen dafür, dass Kulet von Nartis berührt worden sei.« Carel gab ein höhnisches Schnauben von sich. »Eher war es die Berührung von einem Dämonen, wenn du mich fragst, aber das Muttermal war so blau wie eine Tempeltür, da gab es keinen Zweifel. Wir haben ihn immer für gerade betrunken genug gehalten, dass er den ganzen Tag über nur Scherze machte – über den Kerl konnte ich sogar noch lauter lachen als über deine Dummheiten –, denn sonst wäre ihm langweilig geworden und er hätte in der Kaserne einen Kampf angezettelt. Aber wenn man ihn auf dem Schlachtfeld sah – oh gnadenvoller Tod! Wenn man Kulet neben sich hatte, konnte man sich glücklich schätzen. Er kämpfte wie ein Besessener, wich nie zurück, deckte immer den Mann neben sich. An seiner Seite war man sicher.«
    Carel zog lang an seiner Pfeife, dann klopfte er Isak damit auf den Kopf. »Lächele! Du bist einer der Gesegneten. Ihr seid alle gewalttätig, unverschämt, finster und herzlos. Aus euch werden die besten Soldaten, weil ihr doppelt so stark und halb so liebenswürdig seid. Versteh mich nicht falsch, du bist wie ein Sohn für mich, aber ich kannte viele. Hinter euren Augen lauert etwas, das kaum zu kontrollieren ist. Vielleicht ist es für dich schlimmer – dein Vater konnte auch noch nie gut Befehle entgegennehmen. Aber kein Weißauge war je so zahm wie ein Lamm. Gehorche deinem Vater bis zum Frühjahr, dann bist du frei, das verspreche ich dir. Halte nur dein Temperament bis dahin im Zaum.«

    »Es fühlt sich nicht so an, als sei ich gesegnet.«
    »Ach, Junge, das Land ist rau. Es ist ein grausamer Ort, und man braucht die Weißaugen, um ihn zu zähmen. Die Götter wussten das, als sie für die Geburt des Ersten von euch sorgten. Der Letzte aus der Reihe der Farlan war ihr Vorbild, und die Schrift erzählt, dass er nicht eben ein Hofnarr gewesen ist.« Carel legte Isak die Hand auf die Schulter und zog ihn herum, um ihm in die Augen zu schauen. Es lag beinahe so etwas wie Schwermut in seiner Stimme, als er erneut sprach: »Unsere Götter mögen erhaben und mächtig sein, aber hintersinnig mussten sie nie sein.«
    Isak kannte die Worte, sie waren das Lieblingsmantra eines alten Soldaten.
    Der Veteran lächelte. »Komm schon, wisch dir den Gram aus dem Gesicht. Die Lektion ist beendet.« Er legte die Füße hoch und lehnte sich gegen den hölzernen Rahmen des Wagens, zufrieden in die Sonne schauend, die sie, wenn sie erst die Heimat erreichten, monatelang nicht mehr sehen würden.
    Isak setzte sich zurecht und machte sich für einen langen und unbequemen Tag bereit. Während er die Gedanken schweifen ließ, versuchte er die Monate zu zählen, die ihn noch vom Erwachsenenalter trennten. Egal ob er gut genug war, um den Geistern beizutreten, im nächsten Jahr könnte er tun und lassen, wozu er Lust hatte; man würde ihn nicht wie ein verlaufenes Maultier wieder zurückzerren, wenn er ging. Sein Vater hatte die Gesetze hinsichtlich der Kindheit so großzügig wie möglich ausgelegt, aber er konnte Isak nicht für immer halten.
    Ein Geist zu werden, war noch immer nur ein Traum, aber eines war sicher: mit dem Schwert war er besser als Carel. Es gab nichts mehr, was er von ihm lernen konnte. Wenn die Schwertmeister wie die Wagenlenker waren, würde er eben woanders hingehen – vielleicht würde er ein Söldner werden, wie Carel es
jetzt war, und in fremde Städte reisen. Viele seiner Art taten dies, und einige fanden niemals eine Heuer, auf die sie stolz sein konnten. Aber Weißaugen waren nicht für ein Leben als Einsiedler in stiller Bescheidenheit geschaffen. Dafür war ihre Natur nicht friedfertig genug.
    Isak war immer noch in seine Tagträume vom kämpferischen Ruhm versunken, als ihn ein Laut aus den Gedanken riss. Beinahe an jedem Plan- und Kastenwagen des Zuges zeigten sich Köpfe, denn man erwartete etwas, das die Eintönigkeit der Reise durchbrechen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher