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Sturm über Freistatt

Titel: Sturm über Freistatt
Autoren: Robert Asprin
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ebenso Zeitlosigkeit zurückzuholen vermag, die Sterbliche verlieren, kann er als Mystagogzauber eingesetzt werden, als Initiator. Doch auch hier ergibt sich das Problem der Zutaten – der Alraune, beispielsweise. Auch sind tapfere Männer nicht bereitwilliger als Feiglinge, eine gute Hand herzugeben. Der Zauber ist heutzutage hauptsächlich seines Verfahrens wegen interessant. Dieser mittlere Teil über die Knochen, ist schon allein ein Handbuch der Taxidermie. Wenn ihr Geistern die ewige Ruhe bescheren wollt, dann nehmt jedoch lieber den nächsten Zauber, der ist einfacher und ebenso wirkungsvoll …«
    Die weiß-goldene Erinnerung verging wieder zu düsteren Schatten. Harran starrte auf die blutverkrustete Schale mit ihrem Inhalt.
    Es müßte zu machen sein. Er brauchte allerdings auch die anderen Zutaten. Einfach wäre es allerdings nicht, die Alraune zu finden, dafür aber auch nicht allzu gefährlich. Und er benötigte diese alte Leinenschriftrolle. Er war ziemlich sicher, daß er wußte, wo sie sich befand …
    Harran stand auf, stocherte im Feuer, danach goß er Wasser aus einem gesprungenen Tonkrug in einen eisernen Kessel und setzte ihn auf das Feuer. Dann griff er nach seinem Chirurgenmesser und holte die Schale.
    Tyr kam in die Stube zurückgerannt. Sie blickte ihn mit ihren sanften Rehaugen an und sah die Schale. Sofort stellte sie sich auf die Hinterpfoten und tanzte und hüpfte, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, dabei streckte sie den Hals so weit sie konnte, um zu sehen, was in der Schale lag.
    Harran mußte lachen. Er hatte sie vor zwei Jahren verwahrlost und winselnd in einer Gasse im Basar gefunden – als er noch neu in seiner Stellung war und Mitleid mit verlassenen Kreaturen hatte. Tyr hatte sich sehr gut entwickelt – sie war eine schöne Hündin geworden, mit kurzem, glänzendem Fell, schmalem Kopf, braun und grazil wie ein Reh. Aber sie war sehr dünn, das machte ihm Kummer. Der Krieg am Hexenwall und dann das Eintreffen der Beysiber hatte die Preise von Rindfleisch ebenso steigen lassen wie für alles andere auch. Die Pseudostiefsöhne fluchten über den Hafermampf, den sie dreimal in der Woche vorgesetzt bekamen, und verschlangen natürlich ihre Fleischrationen wie hungrige Wölfe – da blieben so gut wie keine Abfälle, die er hätte für Tyr zusammenkratzen können. Harran wagte es auch nicht, sie außerhalb des Kasernengeländes herumlaufen zu lassen, weil sonst die Gefahr bestand, daß sie bereits innerhalb einer Stunde in irgendeinem Kochtopf enden würde. Also fraß sie gewöhnlich die Hälfte seiner Mahlzeiten. Es machte ihm nichts aus, er hätte noch mehr für sie gegeben. Im Gegensatz zu früher, als er zu beschäftigt gewesen war, Sivenis Liebe anderen zukommen zu lassen und deshalb wenig für sich selbst gebraucht hatte, benötigte Harran jetzt alle Liebe, die er bekommen konnte …
    Er beobachtete die herumtänzelnde Hündin, dabei wurde ihm der Geruch in der Stube bewußt – er war noch übler, als Shals Urin rechtfertigte. »Tyr«, sagte er und täuschte Ärger vor, »hast du vielleicht wieder einmal in den Küchenabfällen herumgebuddelt?«
    Sie hörte zu tänzeln auf … dann setzte sie sich ganz, ganz langsam und legte kummervoll die Ohren an. Sie hörte jedoch nicht auf, die Schale anzustarren.
    Harran blickte sie bekümmert an. »Na gut«, sagte er schließlich. »Ich brauche sowieso nur die Knochen. Aber bloß dieses eine Mal, hörst du?«
    Tyr sprang hoch und tänzelte wieder erfreut um ihn herum.
    Harran trat an die Kommode und löste die Knochen mit neun oder zehn sicheren Schnitten aus und hob das erste Fleischstück für Tyr hoch. »Komm, Süße. Setzen! Schnapp!«
    O meine Lady, dachte er, dein Diener hört. Bewaffne dich. Nimm deinen Speer. Bald wirst du nicht mehr umherirren müssen. Ich werde dich zurückholen …
     
    Danach beschäftigten die Vorbereitungen Harran eine gute Weile. Er traf sie so unauffällig wie möglich. Warum sollte er die Stiefsöhne darauf stoßen, was er beabsichtigte, oder Raik einen Grund geben, ihn im Auge zu behalten – Raik, der nun bei jeder Begegnung nach ihm spuckte und ihm drohte, sich ›ihn vorzunehmen‹, sobald es Shal besser ging. Harran achtete nicht auf ihn. Die Vobfs wurden immer aktiver und sorgten dafür, daß Harran genug einzurenken, zusammenzustückeln und zu verbinden hatte. Und zwischendurch, wenn ihm langweilig wurde, blieb immer noch Mriga.
    Genau wie Tyr hatte er sie herrenlos aufgefunden. Sie war
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