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Sturm ueber Cleybourne Castle

Sturm ueber Cleybourne Castle

Titel: Sturm ueber Cleybourne Castle
Autoren: Candace Camp
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langwierig und in einem Haus voller Menschen, von denen immer einer aufwachen und ihn entdecken konnte, nahezu ausgeschlossen.
    Noch während der Fremde darüber nachdachte, hörte er, wie der Türknopf gedreht wurde. Mit einem Sprung war er in der Ecke neben dem riesigen Schrank und hielt erschrocken den Atem an. Schlurfende Schritte näherten sich dem Bett. Der flackernde Schein einer Kerze fiel auf die reglose Gestalt. Der Mann im Schlafrock, der den Leuchter in der Hand hielt, mochte etwa so alt wie der General sein. Vermutlich handelte es sich um den Kammerdiener. Der Alte betrachtete den
    scheinbar Schlafenden eine Zeit lang, ging dann auf die andere Seite und beugte sich tief über das bleiche Gesicht. Schließlich brach er in lautes Wehklagen aus. „Oh nein, oh nein, oh, mein Gott!"
    Leise vor sich hin jammernd, verließ er eilig den Raum.
    Der Eindringling folgte ihm in fliegender Hast, spähte durch die Tür und beobachtete, wie der Diener weinend durch die Halle lief und mit zitternder Stimme unaufhörlich rief: „Er ist von uns gegangen! Er ist von uns gegangen! Der General ist tot!"
    Kaum war der Alte außer Sicht, setzte sich auch der Fremde in Bewegung. Mit raschen, lautlosen Schritten durchquerte er die Eingangshalle in die entgegengesetzte Richtung und schlüpfte durch eine Seitentür, wo er im Dunkel der Nacht verschwand.

2. KAPITEL
    Die Kutsche verlangsamte ihre Fahrt, bevor sie schließlich anhielt, Jessica schob die Vorhänge zur Seite, um den Grund für den Aufenthalt festzustellen. Doch als sie erkannte, was vor ihnen lag, erübrigte sich diese Frage. Der Kutscher hatte den Wagen vor einem wuchtigen, düsteren Gebäude zum Stehen gebracht. Es war ein Bauwerk aus dunkelgrauen Steinen und stammte offensichtlich aus einer lange zurückliegenden Zeit häufiger Fehden. Im Laufe der Jahrhunderte waren immer wieder Anbauten hinzugekommen, sodass das Ganze jetzt eine einzige Ansammlung von Steinmauern, Brustwehren und normannischen Wachttürmen war. An jeder Seite des offenen Eingangstores brannte eine Laterne, ohne dass deren Licht die Dunkelheit wesentlich erhellt hätte. Das Schloss wirkte öde und irgendwie bedrückend. Cleybourne Castle.
    Dennoch konnte man es sich gut als Landsitz einer alten und einflussreichen Familie vorstellen. Unwillkürlich stiegen Jessica bei seinem Anblick Bilder von Kämpfen und Belagerungen auf. Im Geiste sah sie riesige Steinschleudern vor den Mauern und hinter den Zinnen Soldaten, die mit Armbrüsten auf die Angreifer zielten.
    Schwieriger hingegen war es, sich dieses Haus als einen Ort vorzustellen, an dem ein halbwüchsiges Mädchen, das soeben seinen letzten Verwandten verloren hatte, willkommen war.
    Jessica seufzte. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, die Anweisungen des Generals überstürzt auszuführen, wie sie es getan hatte. Aber sie war so betroffen gewesen, als der alte Diener jammernd von einem Zimmer zum anderen gelaufen war, um den Tod des Hausherrn zu verkünden, dass sie sich sofort, darangemacht hatte, alles für die Abreise zu Gabrielas neuem Vormund vorzubereiten. General Streatherns Ableben, das seinen nunmehr geradezu prophetisch wirkenden Worten unmittelbar gefolgt war, hatte sie so durcheinander gebracht, dass sie seinen Erklärungen und Anweisungen jetzt eine gespenstische Bedeutung beimaß. Hatte der alte Herr etwa geahnt, dass ihn der Tod so rasch ereilen würde? Und hatte er vielleicht gar noch ganz andere Dinge vorausgesehen - Dinge, die ihn darauf bestehen ließen, dass sie Gabriela so schnell wie möglich aus der Zugriffsmöglichkeit von Lord Vesey brachte? Den Rest der Nacht hatte sie das schluchzende Mädchen in ihren Armen gewiegt, bis Gaby schließlich in einen unruhigen Schlaf gesunken war. Sie selbst hatte in dem gepolsterten Schaukelstuhl neben dem Bett nur ein wenig vor sich hin gedöst und dabei an den General gedacht, der so freundlich zu ihr gewesen war, nachdem sich alle Welt von ihr abgewandt hatte. Dabei flössen nun auch ihre Tränen in einem nicht enden wollenden Strom. Seit dem Tod ihres Vaters hatte sie nicht mehr so geweint.
    Am anderen Morgen hatte sie den Butler von General Streatherns Anweisungen in Bezug auf Gabriela in Kenntnis gesetzt, und der alte Mann hatte sogleich zwei Hausmädchen damit beauftragt, Kleidung und Wäsche und sonstige notwendigen Kleinigkeiten für die Reise zusammenzupacken. Seiner Miene und seinem Eifer war anzumerken, dass er der weisen Entscheidung seines Herrn Beifall zollte und froh
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