Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturm ueber Cleybourne Castle

Sturm ueber Cleybourne Castle

Titel: Sturm ueber Cleybourne Castle
Autoren: Candace Camp
Vom Netzwerk:
weder der Diener noch eine Pflegerin.
    Der Fremde trat über die Schwelle, schloss leise die Tür hinter sich und ging dann quer durch den Raum bis zum Bett. Dort blickte er eine Zeit lang auf den Schlafenden. Der General wirkte so zerbrechlich, dass dem Eindringling Zweifel aufstiegen, ob sein Vorhaben wirklich notwendig war. Schließlich wäre der alte Herr ohnehin beinahe gestorben. Es bestand immer noch die Möglichkeit, dass er sich nicht wieder erholen und dann keine Gefahr mehr darstellen würde.
    Während der Fremde noch überlegte, öffnete der Kranke die Augen, so als habe er die Anwesenheit des ungebetenen Gastes gespürt. „Du?!" krächzte er. „Was zum Teufel machst du denn hier? Habe ich dir nicht gesagt..."
    „Ja, ja, ich weiß", erwiderte der Jüngere leichthin. „Ich sollte Sie nie mehr mit meiner Gegenwart belästigen. Aber ich bin der Ansicht, dass es besser wäre, wenn wir miteinander redeten. Die Situation hat sich schließlich verändert."
    „Ja, das ist richtig." Der General richtete sich auf und lehnte sich in die Kissen. Es war ein etwas mühsames Unterfangen für ihn, was dem Eindringling nicht entging.
    „Ich wollte sichergehen, dass Sie nicht irgendetwas äußerst Törichtes zu tun beabsichtigen."
    „Du meinst, die Wahrheit ans Licht zu bringen? Wie kommst du darauf, dass ich davon Abstand nehmen könnte?" zischte der alte Herr wütend und unbedacht. „Ich habe jetzt keinen Grund mehr, Stillschweigen zu bewahren."
    „Nun, das würde Ihnen große Probleme verursachen. Man würde mit Recht fragen, warum Sie die Geschichte nicht schon vor Jahren aufgedeckt haben, als sie geschehen war. Es würde Ihren Ruf ruinieren und Ihren Namen in den Schmutz ziehen."
    „Vielleicht muss es eben so sein", murmelte der Kranke müde.
    „Sie können so etwas mit Leichtigkeit sagen, da Sie ohnehin an der Schwelle des Grabes stehen. Ich aber habe noch viele Jahre zu leben und deshalb nicht die geringste Lust, das mit einem Skandal belastet zu tun."
    „Ein Skandal wäre noch das kleinere Übel."
    „Da bin ich anderer Meinung. Es steht dann Ihr Wort gegen meines, und Sie sind ein alter Narr, der gerade einen Schlaganfall erlitten hat. Jeder wäre bereit zu glauben, dass Sie nicht mehr richtig im Kopf sind."
    „Oh, sie würden mir glauben müssen", erwiderte der General mit hasserfüllter Verachtung. „Ich habe nämlich Beweise."
    Die Augen des Fremden wurden kalt wie Eis. Einen Augenblick lang starrte er den alten Herrn schweigend an. „Es betrübt mich außerordentlich, das hören zu müssen", sagte er schließlich.
    Rasch zog er ein Kissen aus dem Bett und presste es auf das Gesicht des Kranken. Der General versuchte, sich zu wehren, war jedoch von seiner Krankheit zu sehr geschwächt. Nach kurzem Kampf versiegte sein Widerstand. Der Eindringling wartete noch eine ganze Zeit, bis er wagte, das Kissen hochzunehmen. Nachdem er sich von dem Erfolg seiner Tat vergewissert hatte, legte er den alten Herrn mitsamt dem Kissen sorgsam wieder auf das Bett zurück, sodass es aussah, als sei der Tod friedlich im Schlaf eingetreten.
    Aufmerksam schaute der Eindringling sich im Zimmer um. Dabei durchfuhr ihn wie ein Messerstich der Gedanke, dass die Gefahr selbst jetzt nicht beseitigt war, wenn der General wirklich Beweise in der Hand gehabt hatte. Mit zusammengebissenen Zähnen starrte er zornbebend auf die reglose Gestalt in dem Bett. Der alte Narr hatte ihn so aufgebracht, dass er unüberlegt gehandelt hatte. Dabei hatte er versäumt, den Dummkopf zuvor dazu zu zwingen, ihm die Art und Weise seiner Beweise und deren Versteck zu verraten.
    Hastig ging er zu dem Schreibtisch und begann, die Schubladen herauszuziehen. Dabei wurde ihm bewusst, wie wenig Aussicht bestand, das Gewünschte zu finden. Zunächst war noch offen, ob diese Beweise wirklich existierten oder ob der General ihn nur hatte ins Bockshorn jagen wollen. Sollte er jedoch die Wahrheit gesagt haben, so blieb immer noch ungeklärt, woraus diese Beweise bestanden. War es ein Gegenstand? Ein Blatt Papier? Was es auch immer sein mochte, in jedem Fall würde der General es gut versteckt haben. Vermutlich in einem Safe. Doch als sich der ungebetene Besucher im Zimmer umsah, konnte er nichts dergleichen entdecken. Wahrscheinlich befand sich der Tresor im Studierzimmer des Generals im Erdgeschoss oder im Rauchsalon - vielleicht auch im Esszimmer, damit das kostbare Silber sofort weggeschlossen werden konnte. Danach zu suchen, war im besten Fall
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher