Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)

Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)

Titel: Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
Diener.
    »Herrin«, sagte er mit einer ehrerbietigen Verbeugung, »Ihr hattet darum gebeten, Euch mitzuteilen, wenn der Priester aufzubrechen gedenkt.«
    »Ja, danke.«
    Sie begab sich zu einer der Galerien im ersten Stock, die einen großen Innenhof säumten, wo kurz darauf jemand ihren Namen rief. Als sie sich umdrehte, entdeckte sie einen jungen Mann, der auf sie zugeeilt kam. Er hatte schwarze Augen und schwarzes Haar, wobei ihm das Stirnhaar wild über die Brauen fiel. Der Eindruck des ebenmäßigen, schönen Gesichts mit den vollen Lippen und der edlen Nase wurde ein wenig von den Bartstoppeln geschmälert, die das Kinn überzogen.
    »Ich traue meinen Augen nicht! Rayl!«, begrüßte sie ihn. »Was hat dich hierher verschlagen? Ich hatte angenommen, du seist in Alsgara!«
    »Schon seit einem Jahr nicht mehr«, antwortete der Glimmende lächelnd. Obwohl er zwei Jahre älter war als Algha, hatten sie sich beide schon in der Schule im Regenbogental angefreundet. »Vor einem Jahr wurde ich zusammen mit Thirra hierher beordert. Jetzt langweile ich mich in dieser Einöde zu Tode. Wie schön, dich zu sehen!«
    »Wie hast du erfahren, dass ich in Burg Donnerhauer bin?«
    »Ich habe Shila getroffen«, antwortete er und verzog genau wie damals zu Schulzeiten das Gesicht. »Was ich noch sagen wollte … Es tut mir entsetzlich leid, was mit Mitha und Dagg geschehen ist …«
    »Hör auf! Noch wissen wir überhaupt nicht, ob sie tot sind. Ich konnte ja schließlich auch aus der Schule entkommen …«
    »Du bist anders als diese beiden«, hielt er lächelnd dagegen und trat dicht an sie heran. »Die können dir doch nicht das Wasser reichen.«
    »Deine Schmeicheleien waren schon immer ein wenig zweifelhaft«, erwiderte Algha, die jedoch entgegen ihrem Willen ebenfalls lächeln musste. Sie schlug ihm sanft mit den Handtellern gegen die Brust, um ihn ein wenig von sich wegzustoßen und ihm jene Grenze anzuzeigen, die er nicht übertreten durfte. »Pass auf, ich bin in Eile, lass uns also nachher weiterreden, ja?«
    »Gern!«, antwortete Rayl. »Ich finde dich schon.«
    »Daran hege ich nicht den geringsten Zweifel«, sagte Algha und eilte nach unten, wobei sie jede gute Erziehung vergaß und gleich mehrere Stufen auf einmal nahm. Im Laufen band sie sich ihren Schal um den Hals und knüpfte die Pelzjacke zu.
    »Wie komme ich zum Nordtor?«, fragte sie einen der Soldaten im Hof.
    »Falls Ihr es eilig habt, könnt Ihr die Abkürzung durch diese Pforte hier nehmen, Herrin. Wenn Ihr gestattet, werde ich Euch den Weg zeigen.«
    »Danke!«
    Als sie das Nordtor erreichte, wollte Bruder Lereck bereits abfahren. Als er Algha sah, kletterte er jedoch noch einmal vom Wagen.
    »Ich habe schon gedacht, wir würden keine Gelegenheit mehr finden, uns zu verabschieden, mein Mäd… Herrin«, verbesserte er sich. »Ich freue mich, dass ich Euch an diesen sicheren Ort habe bringen können.«
    »Ihr schient nicht sehr verwundert, als Ihr erfahren habt, wer ich bin, Bruder Lereck.«
    »Stimmt«, gab er zu. »Denn bereits in dem Augenblick, als ich Euch von der Straße aufgelesen habe, wusste ich, mit wem ich es zu tun hatte.«
    »Aber wie habt Ihr das wissen können?«, fragte Algha verwundert.
    »Das ist schwer zu erklären«, antwortete Lereck. »Wahrscheinlich ist es eine Fähigkeit, die sich erst im Alter einstellt. Ich hatte auch früher schon mit dem Turm zu tun, dabei habe ich gelernt, Frauen mit Gabe zu erkennen. Sie haben einen anderen Blick, in dem ist der Funken zu spüren. Und ihr Auftreten ist reichlich stolz. Wenn Ihr also wollt, dass niemand die Schreitende in Euch vermutet, dann müsst Ihr Euch verändern. Andernfalls wird jeder beliebige Mensch recht schnell ahnen, was Ihr zu verbergen trachtet. Und nicht immer ist er Euch wohlgesinnt.«
    »Vielen Dank, das werde ich mir hinter die Ohren schreiben. Aber warum verlasst Ihr uns schon? Wollt Ihr nicht bis morgen bleiben, schließlich bricht die Nacht bald herein.«
    »Das schreckt mich nicht. In zwei Stunden werde ich in der Stadt sein. Und auch Euch würde ich raten, nicht allzu lange hierzubleiben.«
    »Gibt es Gründe für Eure Sorge?«
    »Eigentlich nicht«, gestand der Priester etwas verlegen. »Es ist lediglich eine dumme Ahnung, mehr nicht.«
    Er rang sich ein Lächeln ab, doch Algha rieselte eine Gänsehaut über den Rücken. Mit einem Mal kam ihr Burg Donnerhauer gar nicht mehr solide und sicher vor.
    »Tut mir leid, dass ich Euch beunruhigt habe«, murmelte Lereck.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher