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Sturm auf mein Herz

Titel: Sturm auf mein Herz
Autoren: Elizabeth Lowell
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Sicherheit, zu wissen, dass, wenn sie um Hilfe rief, die Antwort in einer Sprache kam, die sie verstand. Und was noch wichtiger war, sie brauchte die Gewissheit, dass es auf der Welt einen Ort gab, der ihr, ganz allein ihr gehörte, dass ihr Leben ihr gehörte, dass sie bleiben oder gehen konnte, wohin sie wollte.
    Und sie wollte bleiben, sich niederlassen, ein Zuhause haben.
    »Okay, Billy«, sagte sie entschlossen. »Wie sieht’s mit der Fütterung des zutraulichen Tierchens aus?«
    »Er braucht die nächsten fünf Tage nichts zu fressen. Besser sechs.«
    »Ist er auf Diät?«
    »Nö, aber wenn er nicht richtig hungrig ist, dann ignoriert er die arme Maus bloß, bis ich sie wieder rausnehme und mich an sie gewöhne. Dann muss ich noch eine kaufen, wenn Squeeze endlich Hunger kriegt.«
    Sie seufzte mitfühlend. Ihr taten die Mäuse auch immer Leid. Aber ihr taten ja auch all die Tiere Leid, die von Hauskatzen erjagt wurden, oder die Kaninchen, die Waschbären und Stinktiere und all die Haustiere, die von Autos rücksichtslos überfahren wurden. Das Leben war eben grausam.
    »Verstehe«, sagte sie. »Ich werde aufpassen, dass Squeeze auch wirklich hungrig ist, damit die Sache schnell und möglichst schmerzlos über die Bühne geht.«
    Billys Miene erhellte sich.
    »Danke. Ich wusste, Sie würden mich verstehen.« Er zögerte und fügte dann hinzu: »Es wär nett, wenn Sie Ihren Kindern erlauben würden, ab und zu mit ihm zu spielen. Er wickelt sich gern um mich herum, wenn ich meine Hausaufgaben mache.«
    Bei dem Wort »Kinder« verengten sich Cains Augen.
    »Ich habe keine Kinder«, sagte sie, »aber ich werde Squeeze ab und zu rauslassen. Du kannst mich auch besuchen, wann immer es deine Mutter erlaubt.«
    »Echt? Also das wäre spitze!«
    Mit einem breiten Grinsen ging er zur Ecke, um Squeezes Terrarium hervorzuzerren.
    »Das wird problematisch auf dem Motorrad«, bemerkte Cain.
    »Motorrad?« Eifrig richtete sich der Junge auf. »Du hast dein Motorrad dabei?«
    Cain wollte etwas sagen, überlegte es sich jedoch anders.
    Billys junges Gesicht nahm einen ausdruckslosen Ausdruck an, verriet weder Begeisterung noch Sehnsucht.
    »Ich hab ’ne Geländemaschine und ’n Bike«, erklärte Billy, »aber Mutter lässt mich nicht damit fahren, solange ich hier bin.«
    Shelley sah den Hunger und den Ausdruck von Heldenverehrung, mit dem Billy Cain ansah. Auf einmal war ihr zum Heulen zu Mute. Ihre Eltern hatten sie zwar durch die ganze Weltgeschichte geschleppt, aber sie musste nie die ganz spezielle Hölle durchleben, die Kinder durchmachten, wenn ihre Eltern sich nicht mehr genug liebten, um weiter zusammenzuleben.
    »Ich weiß das von deinem Bike«, sagte Cain mit leicht rauer Stimme. »Deshalb bin ich hier. Dave und ich fanden, du könntest ein wenig Gesellschaft gebrauchen, solange er in Frankreich ist.«
    »Du bist nicht hier, um, äh, Mutter zu besuchen?«, erkundigte sich Billy verlegen.
    »Ich bin hier, um dich zu besuchen.«
    »Weiß sie das?«
    »Nein.«
    »Dann sag’s ihr bitte nicht. Sie würd’s nicht verstehen. Sie hasst alles, was mit Dad zusammenhängt.«
    Cain suchte nach Worten, um der bitteren Wahrheit in der jungen Stimme seines Neffen etwas Tröstliches entgegenzusetzen, aber es fiel ihm nichts ein. Schließlich legte er ihm einfach die Hand auf die Schulter.
    »Ich werd mir was einfallen lassen«, versprach er. »Könntest du uns bis dahin deinen Helm ausleihen?«
    »Den da?«, fragte Billy.
    Er wies auf einen zerkratzten Motorradhelm neben dem Bett, der unter einem sandigen Badetuch hervorlugte.
    »Hast du noch einen Besseren?«, erkundigte sich Cain. »Nö.«
    Billy hob den Helm auf, klopfte rasch den Sand ab und taxierte Shelley mit geübtem Blick.
    »Dürfte prima passen, wenn sie diesen doofen Haarknoten aufmacht«, sagte er.
    Cains linke Hand bewegte sich so schnell, dass ihr weder Zeit zum Ausweichen noch zum Protestieren blieb. Sie fühlte den festen, suchenden Druck seiner Finger, und Sekunden später fiel ihr das Haar offen über die Schultern herunter. Verborgen unter der schweren, seidigen Masse, streichelte er kurz ihren Nacken und zog die Hand dann wieder zurück. Erneut überlief sie ein hilflos-erregter Schauder.
    Billy stülpte ihr den Helm über, um zu sehen, ob er passte, und nahm ihn ihr dann, zufrieden über das Ergebnis, wieder ab.
    »Sitzt wie angegossen«, lobte er und trat einen Schritt zurück.
    Shelley nickte zerstreut. Sie spürte nach wie vor das erregte Kribbeln von
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