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Stürmische Begegnung

Stürmische Begegnung

Titel: Stürmische Begegnung
Autoren: Rosamunde Pilcher
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hinaus traten, machten sie zuerst enttäuschte Gesichter, blickten dann aber wieder entschlossen optimistisch drein, als ob es morgen ganz bestimmt besser werden würde.
    Es hörte während der gesamten vier Stunden, die ich in der Transit-Lounge verbrachte, nicht auf zu regnen, und nach dem Start rumpelte die Maschine durch lauter dicke Regenwolken. Aber als wir die Wolken unter uns ließen und das Meer erreich ten, klarte es auf. Die Wolken wurden dünner, teilten sich und gaben einen tiefblauen, fast malvenfarbenen Himmel frei, und weit unten zeichnete das rosarote Licht der untergehenden Sonne breite Streifen über das gekräuselte Wasser.
    Bei der Landung war es dunkel. Dunkel und feucht. Während ich unter dem südlichen Himmel, an dem zahllose Sterne leuch teten, die Gangway hinunterging, konnte ich nur den Geruch von Flugbenzin wahrnehmen, aber als ich dann über das pfüt zenbedeckte Vorfeld zum Flughafengebäude ging, spürte ich den lauen Wind im Gesicht. Er war warm, roch nach Kiefern und beschwor all die Sommerferien herauf, die ich im Ausland ver bracht hatte.
    Auch diese Maschine war zu dieser ruhigen Jahreszeit nicht vollbesetzt gewesen. Ich kam schnell durch den Zoll, und als mein Paß abgestempelt war, nahm ich meinen Koffer und ging in die Ankunftshalle.
    Wie gewöhnlich standen kleine Gruppen von wartenden Leu ten herum, andere saßen apathisch auf den häßlichen langen Pla stikbänken. Ich blieb stehen, schaute mich um und wartete darauf, daß mich jemand entdeckte, sah aber niemanden, der aussah wie ein schwedischer Schriftsteller. Dann drehte sich ein Mann um, der am Bücherkiosk eine Zeitung gekauft hatte. Unsere Blicke begegneten sich, er faltete die Zeitung zusammen und kam auf mich zu. Er war groß, schlank und blond oder weißhaarig – es war unmöglich, die Haarfarbe bei dem grellen Neonlicht zu erkennen. Während er langsam auf mich zukam, lächelte ich zö gernd, und als er vor mir stand, sagte er fragend, immer noch nicht ganz sicher, daß ich es wirklich war: „Rebecca?“
    „Ja.“
    „Ich bin Otto Pedersen.“ Wir gaben uns die Hand, und er machte dabei eine kleine Verbeugung. Nun sah ich, daß sein Haar hellblond war und stellenweise ergraute. Sein Gesicht war knochig und braun gebrannt, mit trockener Haut, die von der Sonne tausend winzige Runzeln hatte. Seine Augen waren sehr hell, mehr grau als blau. Er hatte einen schwarzen Pullover an und einen leichten, hellbraunen Anzug mit gefältelten Taschen wie bei einem Safarihemd. Sein Gürtel hing so lose, daß die Schnalle sich beim Gehen bewegte. Er roch nach Rasierwasser und wirkte peinlich sauber, irgendwie gebleicht.
    Jetzt, wo wir uns gegenüberstanden, war es auf einmal schwierig, Worte zu finden. Wir wurden beide urplötzlich überwältigt von den Geschehnissen, die uns hier zusammengeführt hatten, und ich merkte, daß er genauso befangen war wie ich. Aber er war gleichzeitig gewandt und höflich und ent spannte die Situation, indem er mir den Koffer abnahm und fragte, ob das mein ganzes Gepäck sei.
    „Ja, mehr habe ich nicht.“
    „Dann gehen wir am besten. Wenn Sie am Ausgang warten, hole ich den Wagen und erspare Ihnen den Weg zum Park platz.“
    „Ich komme mit.“
    „Es ist nur über die Straße.“
    Wir gingen zusammen hinaus, wieder ins Dunkel. Er führte mich zu dem halbleeren Parkplatz. Dort blieben wir neben einem großen schwarzen Mercedes stehen; er schloß auf und legte meinen Koffer auf den Rücksitz. Dann öffnete er mir die Beifahrertür, ehe er sich ans Steuer setzte.
    „Ich hoffe, Sie hatten einen guten Flug“, bemerkte er höflich, als wir das Flughafengebäude hinter uns ließen und in die Straße einbogen.
    „Nach dem Start von Palma hat die Maschine ein bisschen geschaukelt. Ich mußte übrigens vier Stunden auf den Anschluß flug warten.“
    „Ja. Um diese Jahreszeit gibt es keine direkten Flüge von Lon don.“
    Ich schluckte. „Ich muß Ihnen erklären, warum ich Ihren Brief nicht beantwortet habe. Ich bin umgezogen und habe ihn erst gestern morgen bekommen. Er ist mir nicht gleich nachge schickt worden, verstehen Sie? Es war sehr freundlich von Ih nen, mir zu schreiben, und Sie haben sich sicher gewundert, daß ich nicht reagiert habe.“
    „Ich habe mir gedacht, daß irgend etwas schiefgegangen ist.“
    Sein Englisch war perfekt, nur die abgehackten schwedischen Vokale verrieten, woher er kam, und eine gewisse Förmlichkeit in der Wahl der Worte zeigte, daß er Ausländer war.
    „Ich
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