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Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6
Autoren: Liza Marklund
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lebte. Glaubst du, dass sie über achtzehn war?«
    Annika überlegte und erinnerte sich an die Plastikbrust.
    »Ja, wahrscheinlich.«
    »Dann gibt es vielleicht Abiturfotos von ihr, alle Jugendlichen gehen doch inzwischen aufs Gymnasium, und Abiturbilder sind nie verkehrt. Was sagen ihre Freunde?
    Hatte sie einen festen Freund?« Annika schrieb mit.
    »Und dann die Reaktionen der Nachbarn«, fuhr Berit fort. »Dieser Ort liegt doch praktisch mitten in der Stockholmer Innenstadt, in den Stadtteilen rundherum wohnen über dreitausend Frauen. Ein solches Verbrechen wird die Sicherheit von allen, das Nachtleben und das Stadtbild beeinflussen. Das sind eigentlich zwei Artikel.
    Wenn du die Nachbarn nimmst, nehme ich den Rest.«
    Annika nickte, ohne aufzuschauen.
    »Da ist noch etwas«, sagte Berit und ließ den Block auf ihren Schoß sinken. »Vor zwölf oder dreizehn Jahren geschah eine ganz ähnliche Sache, nur ungefähr hundert Meter entfernt.«
    Annika sah sie erstaunt an.
    »Wenn ich mich recht entsinne, wurde eine junge Frau auf einer Treppe an der Nordseite des Parks Opfer eines Sexualmordes«, sagte Berit nachdenklich. »Der Mörder wurde nie gefasst.«
    »Meine Güte«, erwiderte Annika, »kann es derselbe Typ sein?«
    Berit zuckte mit den Schultern.
    »Wahrscheinlich nicht«, meinte sie, »aber man muss den anderen Mord auf jeden Fall erwähnen. Sicher gibt es viele, die sich daran erinnern. Die Frau wurde vergewaltigt und erdrosselt.«
    Annika schluckte.
    »Was für ein grässlicher Job das im Grunde ist«, sagte sie.
    »Ja, das stimmt«, sagte Berit, »aber er wird um einiges leichter sein, wenn du deinen Hawaiipolizisten erwischst, ehe er wegfährt.«
    Sie zeigte zur Sankt-Göransgatan hinunter, wo der Mann im Hawaiihemd gerade den Friedhof verließ. Er ging auf ein Auto zu, das an der Ecke zur Kronobergsgatan geparkt war. Annika fuhr hoch, griff ihre Tasche und rannte zur Straße hinunter. Sie sah, wie der Reporter der Konkurrenz mit dem Hawaiihemd zu sprechen versuchte, aber der Polizist winkte ihn nur weg.
    Im selben Moment stolperte Annika über einen Bordstein und fiel fast hin. Mit unkontrollierten Schritten raste sie den steilen Hang zur Kronobergsgatan hinunter. Ohne etwas dagegen tun zu können, fiel sie dem Polizisten mit dem Hawaiihemd direkt in den Rücken, woraufhin er auf die Motorhaube seines Autos geworfen wurde.
    »Was soll denn das?«, brüllte er und packte Annikas Arme mit einem eisenharten Griff.
    »Entschuldigung«, piepste sie, »das war keine Absicht.
    Ich bin gestolpert.«
    »Was machen Sie denn für einen Mist? Sie sind wohl nicht ganz dicht?« Der Mann hatte sich erschrocken und war außer sich.
    »Tut mir Leid«, sagte Annika mit Tränen in den Augen.
    Ihr linkes Handgelenk schmerzte.
    Der Polizist hatte sich wieder unter Kontrolle und ließ sie los. Er schaute sie kurz an.
    »Sie sollten das alles etwas lockerer angehen«, sagte er, setzte sich in seinen weinroten Volvo-Kombi und fuhr mit quietschenden Reifen davon.
    »Verdammt«, flüsterte Annika. Sie blinzelte die ärgerlichen Tränen fort und schaute angestrengt gegen die Sonne, um die Rufnummer auf dem Auto zu erkennen. Sie meinte, eine »1813« auf der Seite erkennen zu können.
    Zur Sicherheit merkte sie sich auch die Autonummer.
    Dann drehte sie sich um und sah, dass die kleine Gruppe von Zeitungsleuten am Eingang sie anstarrte. Sie errötete bis zum Haaransatz. Schnell bückte sie sich und sammelte die Sachen ein, die bei der Kollision aus ihrer Tasche gefallen waren: einen DIN-A5-Block, ein Paket Kaugummi, eine fast leere Plastikflasche mit Pepsi und drei Slipeinlagen in einer grünen Plastikverpackung. Der Stift lag noch in der Tasche. Sie fischte ihn heraus und schrieb schnell die Autonummer und die Telefonnummer auf den Block.
    Die Journalisten und Fotografen starrten sie nicht länger an und unterhielten sich weiter miteinander. Annika bemerkte, dass Bertil Strand einen gemeinsamen Einkauf von Eis organisierte.
    Sie warf sich die Tasche über die Schulter und ging langsam auf ihre Kollegen zu, die sie nicht weiter zu bemerken schienen. Abgesehen vom Reporter des Konkurrenzblattes, der unter seinen Kriminalartikeln immer mit Foto abgebildet war, kannte sie niemanden. Da war noch eine junge Frau mit einem Kassettenrecorder, auf dem Radio Stockholm stand, zwei Fotografen, die jeder von einer Fotoagentur kamen, der Fotograf der Konkurrenz und drei Reporter, die sie nicht zuordnen konnte.
    Kein Fernsehsender war gekommen,
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