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Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6
Autoren: Liza Marklund
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sich Annika. Sie dachte eine Weile darüber nach und musste dann einfach hinübergehen und hineinschauen. Als sie die Tür öffnete, war ihr klar, warum. Der Gestank, der von der Kloschüssel ausging, war unerträglich. Sie trat ein paar Schritte zurück und machte die Tür wieder zu.
    Vom Spielplatz her kam eine Frau mit einem Kinderwagen auf sie zu. Das Kind im Wagen hielt eine Flasche mit einer roten Flüssigkeit in der Hand. Die Mutter sah erstaunt auf das Plastikband, das am Gehweg gespannt war.
    »Was ist denn hier passiert?«, rief sie.
    Annika richtete sich auf und schob ihre Tasche etwas höher.
    »Die Polizei hat abgesperrt«, sagte sie.
    »Das sehe ich selbst. Warum denn?«
    Annika zögerte. Sie warf einen Blick über die Schulter und sah, dass die anderen Journalisten sie beobachteten.
    Schnell machte sie ein paar Schritte auf die Mutter zu.
    »Da drin liegt eine tote Frau«, sagte sie leise und zeigte auf den Friedhof. Die Frau wurde blass.
    »Das ist ja schrecklich«, sagte sie.
    »Wohnen Sie in der Nähe?«, fragte Annika.
    »Ja, gleich um die Ecke. Wir waren unten zum Baden, aber da waren so viele Leute, dass man kaum ein Bein an den Grund bekam, und deshalb sind wir lieber hierher gekommen. Liegt sie noch da?« Die Frau reckte den Hals und schaute zwischen den Linden hindurch.
    Annika nickte.
    »Gott, wie furchtbar!«, stieß die andere hervor und schaute Annika mit großen Augen an.
    »Kommen Sie oft hierher?«, fragte Annika.
    »Ja, jeden Tag. Der Kleine geht in die offene Vorschulgruppe oben am Spielplatz.«
    Die Frau konnte die Augen gar nicht mehr von dem Friedhof lassen. Annika beobachtete sie ein paar Sekunden.
    »Haben Sie heute Nacht oder heute früh irgendetwas Besonderes gehört? Ein Rufen aus dem Park oder so?«, fragte sie.
    Die Frau schob die Unterlippe vor, dachte nach und schüttelte den Kopf.
    »Hier in dem Viertel ist ziemlich viel los«, sagte sie. »Im ersten Jahr, als wir hier wohnten, wachte ich jedes Mal auf, wenn die Feuerwehr ausrückte, aber das passiert mir jetzt nicht mehr. Und dann haben wir die Besoffenen unten an der Sankt-Eriksgatan, und damit meine ich nicht die, die hier in die Kneipe gehen, die sind längst weg, wenn es Nacht wird, sondern die richtigen Säufer. Die können einen die ganze Nacht wach halten. Aber am schlimmsten ist die Klimaanlage von McDonald’s. Die läuft Tag und Nacht und macht mich wirklich wahnsinnig.
    Wie ist sie gestorben?«
    »Das weiß noch keiner«, antwortete Annika. »Das heißt, es hat niemand geschrien oder um Hilfe gerufen?«
    »Natürlich haben Leute geschrien, am Freitagabend wird hier jede Menge geschrien und gekreischt. Hier, mein Schätzchen, da hast du sie …«
    Das Kind hatte die Flasche fallen lassen und jaulte, die Mutter steckte sie ihm wieder zu. Dann wies sie mit dem Kopf auf Bertil Strand und die anderen.
    »Sind das die Hyänen?«
    »Genau. Der mit dem großen Eis ist mein Fotograf. Ich heiße Annika Bengtzon und komme vom
Abendblatt.«
    Sie streckte die Hand aus und begrüßte die Frau. Trotz der zuvor geäußerten Verachtung schien sie beeindruckt zu sein.
    »Du meine Güte«, sagte sie, »Daniella Hermansson, freut mich. Werden Sie darüber schreiben?«
    »Ja, oder ein anderer von der Zeitung. Ist es okay, wenn ich ein paar Notizen mache?«
    »Ja klar.«
    »Darf ich Sie zitieren?«
    »Ich werde mit zwei ›l‹ und zwei ›s‹ geschrieben, wie man es spricht.«
    »Sie sagen, dass es hier immer ziemlich laut ist.«
    Daniella Hermansson stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte, auf Annikas Block zu schauen.
    »Ja«, erwiderte sie, »entsetzlich laut, vor allem am Wochenende.«
    »Das heißt, wenn jemand um Hilfe rufen würde, dann würde niemand reagieren.«
    Daniella schob wieder die Unterlippe vor und schüttelte dann den Kopf.
    »Na ja, es kommt natürlich darauf an, um welche Uhrzeit«, sagte sie. »So ab halb fünf hat sich meist alles beruhigt. Dann hört man nur noch den Ventilator. Ich schlafe das ganze Jahr über mit offenem Fenster, das ist gut für die Haut. Aber ich habe nichts gehört …«
    »Gehen Ihre Fenster zur Straße oder zum Hof raus?«
    »Beides. Wir wohnen in der Zweizimmerwohnung ganz rechts im zweiten Stock. Das Schlafzimmer liegt zum Hof hinaus.«
    »Und Sie kommen hier jeden Tag vorbei?«
    »Ja, ich bin ja immer noch im Erziehungsurlaub mit dem Kleinen, alle Mütter der Gruppe treffen sich vormittags auf dem Spielplatz im Park. Ach komm, Schätzchen …«
    Das Schätzchen hatte die
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