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Striptease: Roman (German Edition)

Striptease: Roman (German Edition)

Titel: Striptease: Roman (German Edition)
Autoren: Carl Hiaasen
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wenig verlegen aussah, hüllte Erin in sein Anzugjackett. Es erschütterte ihn, sie in diesem Zustand zu sehen.
    »Wo ist Angie?« fragte Erin. »Hast du sie nicht mitgebracht?«
    Cleary nickte und wischte sich das Kondenswasser von den Brillengläsern. »Ich weiß nicht genau weshalb. Ich weiß auch nicht, mit was wir es hier zu tun haben.«
    »Mit einem Kidnapping, mehr oder weniger.« Erin lieferte eine gekürzte Schilderung des Abends. Sie war versucht, über den Kongreßabgeordneten alles zu erzählen, was sie wußte, angefangen bei dem Zwischenfall im Eager Beaver, aber das hätte wenig Sinn. Cleary war ein geradliniger Denker, kein verträumter Verschwörer. Er wollte eindeutige Handlungen und beweisbare Verbrechen.
    Mit gepreßter Stimme stellte er fest: »Du bist also Tänzerin.«
    »Bis heute abend«, sagte Erin. »Anwälte sind teuer, Tom. Ich habe dir ja schon früher erzählt, daß Darrell mich immer wieder auflaufen ließ. Er ist übrigens auch irgendwo da draußen.« Sie deutete auf die Zuckerrohrfelder.
    Bei der Erwähnung ihres Ex-Mannes verdüsterte sich die Miene des Agenten. Erin wußte, daß Cleary sich ziemlich mies fühlte, weil er ihr bei ihren Problemen mit Darrell nicht schon an dem Abend geholfen hatte, als sie ihn in seinem Haus aufgesucht hatte. Aber Vorschriften waren nun mal Vorschriften. Jetzt stand sie hier, mitten im Zuckerrohrfeld.
    Cleary sagte: »Es scheint, als hättest du einiges hinter dir.« Er versuchte, Ordnung in das Chaos zu bringen. Verzweifelt wehrte er sich gegen die Vorstellung von seiner Ex-Sekretärin, wie sie nackt auf irgendwelchen Tischen tanzte. Dann holte er das Notizbuch heraus und stellte seine Fragen: Hat Mr. Dilbeck dich vergewaltigt? »Nein.« Hat er dich tätlich angegriffen? »Ja.« Hat er versucht, in dich einzudringen? »In etwa.« Hatte er eine Waffe? »Jawohl.« Hat er dich bedroht? »Ganz gewiß.« Hat er sich selbst entblößt? »Er hat’s versucht.«
    Der Agent schrieb und dachte gleichzeitig nach. »Ich bin nicht sehr glücklich, was unsere Zuständigkeit hier betrifft.« Kritzel, kritzel. »Er hat dich nicht über die Staatsgrenze verschleppt, daher bewegen wir uns rein technisch in einer Grauzone.« Weitere Notizen. »Andererseits hat er dich mit einer Waffe bedroht, daher ergibt sich dort eine Möglichkeit.«
    Erin nahm ihm ungeduldig den Kugelschreiber aus der Hand. »Tom, der Mann ist Kongreßabgeordneter. Damit bist du verdammt noch mal zuständig.«
    »Ja«, sagte Cleary lahm.
    »Du siehst blaß aus«, stellte sie fest, »oder liegt es am Mondschein?«
    Die Blässe war echt. Wenn er an die Folgen dachte, war Tom Cleary plötzlich übel – die täglichen Nachfragen aus dem Justizministerium, der mehr oder weniger offen ausgeübte Druck, Ermittlungsergebnisse mitzuteilen, die nervenaufreibenden Verlautbarungen an die Medien. Eine Sexanklage gegen einen hohen Politiker war der Alptraum eines jeden aktiven Agenten. Cleary stellte sich Papierstapel so hoch wie das Washington Monument vor und sah den Wendepunkt in seiner einstmals vielversprechenden Karriere genau vor sich. »Ich brauche die ganze Geschichte«, verlangte er mürrisch von Erin, »wenn du erwartest, daß wir eine Anklage vorbereiten.«
    Lachend legte sie ihm eine Hand auf den Arm. »Tom, ich erwarte ganz sicher nicht, daß ihr eine Anklage vorbereitet.«
    »Was dann?« Wut schwang in seiner Stimme mit. »Das ist kein Scherz, Erin. Wir haben es immerhin mit einem Mitglied des Repräsentantenhauses zu tun.«
    »Der schmierige alte Scheißer wollte mich bumsen.«
    Als Cleary das Notizbuch zuklappte, gab Erin ihm den Schreiber zurück und sagte: »Der Mann ist krank.«
    »Möchtest du deinen Namen in allen Zeitungen lesen?«
    »Nicht unbedingt«, gab sie zu. Jedenfalls nicht vor der letzten Anhörung in ihrer Sorgerechtssache.
    »Dann treten wir auf der Stelle, nicht wahr?«
    Sie bat ihn, einmal nicht wie ein FBI-Mann zu denken, sondern wie jemand, der sich um ein öffentliches Amt bewirbt. Cleary blies die Backen auf und tat so, als würge er.
    »Du brauchst ihn nicht zu verhaften, Tom. Erkläre ihm nur die Tatsachen des Lebens.«
    Sie unterhielten sich noch einige Minuten lang, dann gingen sie zu den Wagen zurück. »Ich habe immer noch jede Menge Fragen«, beschwerte sich Cleary.
    »Es gibt da jemanden, mit dem du dich mal unterhalten solltest. Einen Detective.« Sie ergriff die Hand des Agenten. »Ist Angie nicht gewachsen?«
    »Sie ist bildhübsch«, sagte Cleary. »Sie hat die
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