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Streng vertraulich Kommissar Morry

Streng vertraulich Kommissar Morry

Titel: Streng vertraulich Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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daß er schon ein Gebiß tragen muß? Dummerweise schien Getty das Talent zu besitzen, Gedanken erraten zu können. Wie beiläufig meinte er: „Meine Zähne sind echt. Alles an mir ist echt, mein Freund — auch der Vorschlag, den ich Ihnen unterbreiten möchte.“
    „Ist etwas dabei zu verdienen?“ erkundigte sich Lee.
    „Fünftausend“, sagte Getty ruhig.
    Lee schluckte. Seit mehr als zwei Jahren, seit der Zeit also, da man ihm aus dem Zuchthaus entlassen hatte, hatte er nicht mehr so viel Geld auf einen Haufen gesehen. Die Zeit hinter Gittern hatte ihn gebrochen; die Furcht vor einer neuen Strafe hatte ihm die Kraft genommen, seinem alten Gewerbe als Dieb und Einbrecher nachzugehen.
    „Fünftausend Dollar?“ fragte er ungläubig. Getty nickte. „Die Hälfte davon bar auf die Hand. Was halten Sie davon?“
    Lee schüttelte energisch den Kopf, als müsse er unbedingt der Versuchung trotzen. „Damit will ich nichts zu tun haben“, erklärte er.
    „Ah — das ist etwas anderes“, meinte Getty lächelnd. „Ich dachte, Sie könnten das Geld gebrauchen. Ich wollte Ihnen einen Gefallen tun.“
    Lee beugte sich über den Tisch. „Wer schickt Sie? Warum kommen Sie ausgerechnet zu mir?“ „Hm, Sie haben recht. Warum ausgerechnet Sie? Ich kann mir auch einen anderen suchen.“
    „Sie haben mir noch immer nicht gesagt, wer Sie an meine Adresse verwiesen hat.“
    „Ist das denn so wichtig? Nehmen wir an, ich sei rein zufällig darauf gestoßen. Ich hätte mich natürlich ebenso gut an einen anderen wenden können.“
    „Fünftausend Dollar“, murmelt Lee und strich sich mit einer Hand um das Kinn. „Das ist keine Kleinigkeit. Eine solche Summe verdient man nicht im Handumdrehen — dafür muß man eine Menge tun. Dinge, die sich mit dem Gesetz nicht vertragen, die einen ins Zuchthaus bringen können...“
    Getty räusperte sich. Der Wirt trat an den Tisch und stellte die beiden Whiskygläser auf die Platte. Er ging sofort wieder weg. Getty hob sein Glas in die Höhe und schnupperte mißtrauisch an dem Getränk. „Donnerwetter", sagte er überrascht. „Es ist tatsächlich eine gute Qualität.“
    „Was fordern Sie?“ frage Lee.
    Getty winkte ab. „Vergessen Sie es, mein Freund. Ich sehe schon, daß Sie nicht ernstlich an dem Geschäft interessiert sind. Zum Wohl, mein Lieber!“
    Sie hoben die Gläser und tranken. Lee lächelte unsicher, als er sein Glas absetzte. Er begriff natürlich, daß er noch eine Chance hatte, und daß Getty sein grausames Spiel nur deshalb mit ihm trieb, um seine Gier nach den fünftausend Dollar weiter aufzustacheln. Was bleibt mir denn für eine Wahl? fragte sich Lee. Ich bin am Ende. Finanziell fertig. Pleite. Ich habe nicht einmal das Geld für eine Hotelübernachtung im der Tasche. Meine Zimmerwirtin hat mir den Koffer vor die Tür gesetzt, weil ich ihr die Miete für zwei Monate schuldig geblieben bin. Wenn dieser Getty nicht gekommen wäre, hätte ich zum ersten Male seit meiner Entlassung wieder ein krummes Ding drehen und einen x-beliebigen Passanten auf der Straße überfallen und berauben müssen.
    Lee betrachtete sein Gegenüber, den Mann mit den braunen Augen. Auf den ersten Blick erschienen diese Augen sanft und verträumt — aber Lee spürte, daß dieser Ausdruck rasch wechseln konnte. Hieß der Bursche wirklich Getty? Nun, was spielte das schon für eine Rolle — wichtig waren nur die fünftausend Dollar, die Hälfte davon bar auf den Tisch. Das war das einzige, was im Moment zählte.
    „Haben Sie das Geld dabei?“
    Getty lächelte. „Darf ich aus der Frage schließen, daß Sie eventuell bereit wären, sich meinen Vorschlag einmal anzuhören?“
    „Ich will wissen, ob Sie das Geld bei sich haben!“'
    Getty nickte.
    „In bar?“
    Gettys Lächeln verstärkte sich. „Geschäfte dieser Art eignen sich nicht für den Scheckverkehr. Ja, ich habe das Geld bei mir — in hübschen, kleinen Scheinen. Sie werden Verständnis dafür haben, daß ich es in diesem Lokal nicht auf dem Tisch ausbreiten möchte. Ohne den Gästen zu nahe treten zu wollen, glaube ich doch behaupten zu können, daß der eine oder der ander sich dafür interessieren würde.“
    „Was soll ich tun?“
    „Eine Kleinigkeit. Sie sollen die Rolle eines Vagabunden übernehmen.“
    „Wie bitte?“
    „Sie sollen einen Landstreicher spielen. Ist das so schwer zu verstehen?“
    Lee griff verwirrt nach seinem Glas. Er nahm einen tüchtigen Schluck und meinte: „Das ist das Verrückteste, was ich
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