Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Streng vertraulich Kommissar Morry

Streng vertraulich Kommissar Morry

Titel: Streng vertraulich Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
Vom Netzwerk:
spielen. Einige Paare erhoben sich, um zu tanzen. Der Kellner trat mit einem Champagnerkübel an den Tisch und öffnete dann die Flasche.
    Lee lachte plötzlich leise; er verstummte, als er den verblüfften Blick des Kellners bemerkte. Du Esel, dachte Lee, wenn du wüßtest, wie leicht man sich heutzutage fünftausend Dollar verdienen kann. —
    Der Vorhang hinter dem Podium, auf dem die Musiker saßen, teilte sich. Patricia kam heraus. Sie trug ein silbern schimmerndes Cocktailkleid, das ihre schlanke und doch sehr weibliche Figur modellierte.
    Während der Kellner Lees Glas füllte und sich dann diskret zurückzog, starrte Lee auf das Mädchen, das jetzt an das Mikrofon trat und mit dunkler, kehliger Stimme zu singen begann. Lee schien es so, als wären die Jahre an Patricia spurlos vorüber gezogen. War sie nur geschickt geschminkt? War der Eindruck von Patrizias strahlender Jugend nur der diffusen Beleuchtung zu verdanken, von der alle Mädchen im Lokal profitierten — von diesem weichen, rötlichen Licht, das kleine Fältchen spurlos verschwinden ließ? Nein, Patricia stand jetzt im Scheinwerferlicht, sie war nur wenige Meter von ihm entfernt, und er war noch nüchtern genug, um sie kritisch betrachten zu können: sie war, falls sie sich überhaupt verändert hatte, noch schöner geworden.
    Lee begriff, daß es Leute gab, die miteinander sprachen, während Patricia sang. Er empfand das als rüde und beleidigend, und er wäre am liebsten aufgestanden, um „Ruhe!“ zu brüllen.
    In diesem Moment streifte ihn Patricias Blick — und wanderte weiter, von Tisch zu Tisch. Lee griff nach dem Glas. Als er es zum Mund führte, verschüttete er ein wenig von dem Champagner. Hatte sie ihn nicht wiedererkannt? Wollte sie ihn nicht sehen? Dann wurde ihm klar, daß das Licht des Scheinwerfers sie blendete; es war ihr völlig immöglich, irgendwelche Gesichter auszumachen.
    Er trank und stellte das Glas auf den Tisch zurück.
    „Ich muß sie wieder erobern“, murmelte er leise vor sich. Sie muß mir wieder gehören — so wie damals, als sie behauptete, mich zu lieben.
    Das Lied war zuende. Der Scheinwerfer erlosch und Patricia setzte sich auf einen Stuhl neben dem Klavier.
    Lee spürte, wie ihm das Herz hoch oben im Hals klopfte. Merkte Patrizia denn nicht, daß er hier war? Spürte sie nicht, daß er sie anstarrte und auf eine freundliche Geste, auf einen Blick, auf ein Lächeln wartete?
    Er winkte den Kellner heran und drückte ihm eine Banknote in die Hand. „Sagen Sie Patricia, daß ich hier bin — daß ich sie sprechen möchte.“
    Der Kellner zögerte; erst ein Blick auf dein Geldschein bewog ihn, Lees Wunsch auszuführen. Lee beobachtete, wie Patricia den Oberkörper vorbeugte, als der Kellner ihr die Botschaft ins Ohr flüsterte. Ihre Blicke wanderten die Tischreihen entlang, bis sie bei ihm halt machten. Dann sagte sie dem Kellner ein paar Worte, und der kam zurück an Lees Tisch, um die Antwort auszurichten.
    „Miß Britton bedauert unendlich, Sir — aber es ist ihr nicht gestattet, vor Mitternacht an den Tischen der Gäste Platz zu nehmen. Falls Sie warten wollen —.“
    „Natürlich warte ich!“ knurrte Lee. Er war enttäuscht. Nicht, weil Patricia sich an die Vorschriften hielt, sondern weil sie versäumt hatte, ihm ein freundliches Wiedersehenslächeln zu schenken. Sie tat wirklich so, als wäre niemals etwas zwischen ihnen gewesen! Hatte er sie damals in Stich gelassen, oder sie ihn?
    Nun, es war nicht mehr lange bis Mitternacht. Er würde mit Patricia sprechen. Sie hatte ihm zumindestens keinen Korb gegeben. Er leerte das Glas. Der Champagner schmeckte ihm nicht. Da war keine Kraft drin. Warum hatte er nicht Whisky bestellt? So ist es immer bei mir, dachte er bitter; ich tue zu oft Dinge, die keinen wirklichen Sinn haben und nur dazu dienen, andere zu beeindrucken.
    Eine halbe Stunde später kam sie an seinen Tisch. Der Kellner brachte ein zweites Glas und füllte es. Dann zog er sich wieder zurück.
    Lee lächelte unsicher. „Du siehst blendend aus.“ „Danke. Hast diu eine Zigarette?“ Patricias Stimme war noch immer rauchig und aufregend — aber sie sprach ohne sonderliche Betonung, es schien offensichtlich, daß ihr das Wiedersehen nichts bedeutete.
    Lee hielt ihr die Zigarettenpackung hin und gab ihr dann Feuer. „Du verwendest noch immer das gleiche Parfüm“, sagt er. „Weißt du noch? Ich habe es damals für dich ausgesucht.“
    „Wirklich? Ja, kann schon sein —“, Patricia
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher