Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Straight White Male: Roman (German Edition)

Straight White Male: Roman (German Edition)

Titel: Straight White Male: Roman (German Edition)
Autoren: John Niven
Vom Netzwerk:
Schuljungmeifehla.
    »Geht’s Ihnen gut?«, fragte ihn jemand.
    »Alles bestens, danke der Nachfrage.« Ahsbessensdangedennafrare.
    Er drehte sich wieder zu dem wartenden Barmann um, bei dem er das nächste Pint Stella und einen Whisky-Soda orderte, wobei er die Wörter diesmal mit einem kräftigen Schluckauf sauber voneinander trennte.
    »Bitte?«
    »Einhalles-hicks-Pinlaga-hicks-unneinwischki-hicks-soda.«
    »Wie viele?«
    Kennedy wiederholte seine Bestellung.
    »Einen was? «
    Er unternahm einen dritten Anlauf.
    »Tut mir leid, Kumpel. Ich weiß, es geht auf die Feiertage zu, aber …«
    »Scheiß Iren«, fluchte ein anderer Gast. Kennedy torkelte schwankend in Richtung des Übeltäters, bevor er eine kräftige Hand auf seiner Schulter spürte.
    »Fi-hicks-euschdochins-Knie.«
    Kurz darauf, als er ohne Drink wieder auf der Straße stand, verschwammen das gleißende Licht der Straßenbeleuchtung, der Verkehrslärm und das Geplapper der Raucher vor der Tür zu einem einzigen, alles andere überlagernden Sinneswirrwarr. Tja, offenbar war es mit den Drinks im Pub allmählich vorbei. Egal. Der pakistanische Besitzer des kleinen Kiosks an der Ecke zur Old Compton Street war ohnehin sehr viel entgegenkommender. Kennedy war sogar einigermaßen überzeugt, dass er das Lädchen auch dann noch mit einer Flasche Bell’s und einem Päckchen Marlboro Lights verlassen hätte, wenn er in einem Krankenhausbett hereingerollt worden wäre, an einen Tropf und piepsende Monitore angeschlossen und mit dem warnenden Hinweis » LEBENSGEFÄHRLICHE LEBERZIRRHOSE – ALKOHOL FÜHRT ZUM SOFORTIGEN TOD « versehen.
    Gegen einen Laternenpfahl torkelnd, öffnete er die Whiskyflasche, als das iPhone in seiner Tasche vibrierte. Er zog es heraus und registrierte eine ganze Reihe neuer Textmitteilungen und verpasster Anrufe. Sein fahriger Blick fiel auf das orangefarbene iPod-Logo am unteren Ende des Displays. Musik. Könnte ganz nett sein, ein letztes Mal ein wenig Musik zu hören. Gleich zwei flackernde iPod-Logos schwebten millimeterhoch über dem Bildschirm. Plötzlich erinnerte er sich an etwas und klickte eines der beiden an. PLAYLISTEN. Noch ein Klick. Da war sie: DADS ENGLAND-ABENTEUER. Die Compilation, die Robin ihm zusammengestellt und die er ganz offensichtlich völlig vergessen hatte. Mit einem Mal verspürte er das dringende Bedürfnis, auf der Stelle die Musik zu hören, die seine Tochter für ihn ausgesucht hatte. Kopfhörer. Er brauchte Kopfhörer. Aber woher nehmen? In einem der Musikläden auf der Denmark Street würde er ganz sicher welche bekommen … aber nicht mehr um diese Zeit. Verdammt. Er blickte auf die Uhr. Es war bereits nach zehn. Er sah sich um. Ein Teenager kam ihm entgegen. Aus seinen Ohren baumelten Kabel.
    Kennedy trat ihm in den Weg. »Schullijung.«
    Der Junge runzelte die Stirn und zog einen der Ohrstöpsel heraus.
    »Wirstumirdeinkofförverkaufen?«
    »Hä?«
    »Kommschon, ischgebdirfuffischfundafür.« Kennedy wedelte mit dem pinkfarbenen Geldschein.
    »Alter«, sagte der Junge, »die Dinger kosten neu nicht mal ’nen Zehner.«
    »Schonninnornung.«
    »Aber ich …«
    »Nimmschonnasgeld. Isch … binnineile.«
    Kennedy schob sich die Stöpsel in die Ohren. Er ließ den Jungen mit dem Fünfziger in der Hand stehen und spürte, wie dieser ihm kopfschüttelnd nachblickte. Er ging weiter die Old Compton Street hinunter, machte bewusst einen Bogen um die Dean Street – das Groucho, das Dean Street Townhouse und das Quo Vadis waren zweifellos voller Leute, die er kannte und nun nie wieder sehen würde – und klickte auf Play, als er am Spice of Life vorbei auf den Cambridge Circus hinaustrat. Mit einem Mal erfüllte »William, It Was Really Nothing« ohrenbetäubend laut seinen Kopf. Kennedy war mit diesem Song aufgewachsen. Wie sehr die Musik ihn jetzt mitriss. Dieses fast rauschhafte Gefühl, das ihn erfasste, kam völlig überraschend für ihn. Wie lange war es her, dass er zuletzt Musik gehört hatte, während er durch die Straßen der Stadt lief? Wann hatte er zuletzt The Smiths gehört? Er fühlte sich emporgetragen, erhaben, losgelöst. Als wäre er wieder siebzehn. Gute Wahl, Robin. Exzellent. Fantastischer Einstieg. Er nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche und überquerte die Shaftesbury Avenue. Er bog nach Süden in die Charing Cross Road ein. Puderige Schneeflocken fielen durch die gelben Lichtkegel der Straßenlaternen, während in seinem Kopf der Regen auf eine eintönige Stadt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher