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Stone Girl

Stone Girl

Titel: Stone Girl
Autoren: Alyssa B. Sheinmel
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müsstest. Und ich bin nicht deine kleine Fallstudie aus der Highschool.«
    »Das weiß ich.« Ben fährt sich mit den Fingern durchs Haar und zwirbelt die Spitzen zusammen. Er schaut zur Decke und sagt: »Sethie, sei nicht sauer.«
    »Aha. Jetzt schreibst du mir also nicht nur vor, ob ich einen festen Freund haben soll oder nicht, nein, du sagst mir auch noch, wie ich mich fühlen soll, wenn du mir vorschreibst, ob ich einen Freund haben soll?«
    Ben setzt sich wieder hin, doch diesmal aufs Bett. Sogar im Sitzen ist er fast so groß wie Sethie, wenn sie steht.
    »Ich glaube, ich sollte jetzt gehen«, sagt Sethie schließlich.
    »Okay. Aber ich würde dich morgen gerne anrufen.«
    »Warum?«
    »Weil ich dein Freund bin. Und weil du früher oder später über diese Phase hinweg sein wirst, die du jetzt durchmachst, und dann will ich vielleicht mehr sein als dein Freund.«
    Sethie beugt sich über ihn und nimmt ihren Mantel vom Bett.
    »Tja, du kannst mich morgen nicht anrufen. Ich habe dir meine Nummer nie gegeben, und jetzt werde ich es erst recht nicht tun.«
    »Deine Nummer ist in meinem Handy«, erwidert Ben, als sei das die selbstverständlichste Sache der Welt. Was es wohl auch ist, immerhin hat sie ihn einige Male angerufen.
    »Na«, sagt sie, »dann lösch sie.«
    Sethie steht alleine an der Ecke, um sich ein Taxi zu rufen – auch wenn es spät ist. Sie erinnert sich an jenen Abend, als sie und Ben sich zum ersten Mal getroffen haben, wie er und Janey protestierten, sie solle nicht alleine auf der Straße stehen, um auf ein Taxi zu warten. Jetzt denkt sie, dass Ben es anscheinend gar nicht ernst gemeint hat. Doch dann, als sie ins Taxi gestiegen ist und die Tür hinter sich zugeworfen hat, meint sie, den Schatten eines Riesen an der Ecke auszumachen, so als sei er ihr gefolgt, um zu warten, bis sie sicher im Taxi sitzt, und sich dann umzudrehen und zurück nach Hause zu laufen.

23
    Es ist vermutlich ein bisschen früh, schon am zweiten Schultag mit dem Schwänzen anzufangen, denkt Sethie. Oder vielmehr ist das zweite Semester im Senior-Jahr ein bisschen spät, um überhaupt mit dem Schwänzen anzufangen, überlegt sie weiter. Sethie hat noch nie in ihrem Leben einen Kurs geschwänzt, hatte noch nie eine schlechtere Note als eine 2+ und war immer eine Lieblingsschülerin der Lehrer. Nie würden sie auf die Idee kommen, dass auch sie zu den Mädchen gehört, die Drogen ausprobiert haben und sich selbst ritzen. Und ganz offensichtlich scheinen sie auch nicht zu merken, wie sie vor ihren Augen immer weniger wird. Sie vertrauen ihr so sehr, dass sie ihrer Behauptung, sie könne wegen einer Vorstufe zur Kehlkopfentzündung nicht lauter sprechen, ohne Weiteres Glauben schenken. Sie vertrauen ihr so sehr, dass die Lehrerin sie mit einem Päckchen ihres Lieblingsallheilmittels, eines Tees, nach Hause schickt, als Sethie darum bittet, den Französischunterricht früher verlassen zu dürfen.
    Um zwei Uhr nachmittags, wenn jeder sonst in der Schule ist, sind die Straßen ziemlich verlassen. Sethies Mantel ist aufgeknöpft, doch sie trägt eine Mütze und einen Schal. Sie weiß immer noch nicht genau, wie warm oder kalt es eigentlich ist. Ihr fällt ein, was Janey ihr vor einer Woche gesagt hat. Janey hat im November mit Yoga angefangen und meinte, die Kälte würde ihr seitdem nichts mehr ausmachen. Der Grund dafür, sagte sie, seien ihre neuen Muskeln. Wenn man trainiert, meinte Janey, würden die Muskelfasern reißen und sich in der anschließenden Ruhephase wieder regenerieren, wobei Kalorien verbrannt würden und einem wärmer würde. Janey hat Sethie gefragt, ob sie nicht auch zum Yogakurs kommen wolle, doch Sethie hat abgelehnt. Sethie will genauso wenig trainieren wie sie Lust hat, ständig Diät zu halten. Sie möchte einfach eines dieser Mädchen sein, die alles essen können, was sie wollen, und dabei nicht zunehmen, die essen können, was sie wollen, ohne für einen flachen Bauch und straffe Arme trainieren zu müssen, die essen können, was sie wollen, ohne beim Anblick von einem Teller Pommes oder einer Tüte Chips Höllenqualen zu leiden.
    Aber da Janey ja nun einmal gesagt hat, Muskeln würden die Körpertemperatur erhöhen, fragt sich Sethie, ob sie Shaw zu Unrecht für stark und muskulös gehalten hat. Wenn er wirklich so muskulös wäre, hätte er sich doch wohl nicht immer so eisig angefühlt. Aber eigentlich glaubt Sethie nicht, dass Muskelaufbau wirklich Kalorien verbrennt, also stimmt das mit der
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