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Stoerfall in Reaktor 1

Stoerfall in Reaktor 1

Titel: Stoerfall in Reaktor 1
Autoren: Wolfram Hänel
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und sie gegen die Wand schleudern, irgendwas kaputt machen, egal was.
    Erst als Koschinski sagt: »Setz dich mal hin, dann können wir den Rest schnell hinter uns bringen«, registriert er den plötzlichen Wechsel vom »Sie« zum »Du«. Er merkt, dass ihn das noch mehr irritiert, als dieser unmögliche Satz eben, dass die beiden Typen angeblich auf seiner Seite seien.
    Schließlich setzt er sich.
    »Wo warst du letzte Nacht?«, fragt Müller. »Na los, Junge, überleg nicht lange, die Frage ist einfach.«
    »Im Bett«, sagt Lukas. »Und als die Sirene losging, bin ich raus, weil ich wissen wollte, was los ist.«
    »Obwohl es eine Durchsage gegeben hat, dass alle in ihren Häusern bleiben sollen?«
    »Das habe ich nicht gehört. Ich bin von der Sirene wach geworden. Und da bin ich dann raus. Aber von irgendeiner Durchsage weiß ich nichts. Das habe ich erst heute Morgen beim Bäcker gehört.«
    »Apropos Sirene«, mischt sich Koschinski ein. »Wen aus deiner Klasse würdest du als deinen besten Freund bezeichnen?« Er zieht ein kleines Notizbuch aus der Tasche und blättert die Seiten um, als hätte er bereits ein paar Namen notiert, die er jetzt abfragen will.
    »Ich weiß nicht«, sagt Lukas vorsichtig. »Eigentlich keinen. Wir sind alle irgendwie befreundet, Kumpels eben. Das ist so, wenn man in einem Kaff wie Wendburg lebt, da bleibt dir kaum was anderes übrig … Wieso?«
    »Hast du ein Moped?«, kommt unvermittelt die nächste Frage. Diesmal wieder von Müller.
    »Nein. Ich mache ab Herbst den Führerschein fürs Auto. Moped fahren interessiert mich nicht.«
    »Aber irgendjemand von deinen Freunden wird bestimmt ein Moped haben, oder?«
    Lukas zuckt mit den Schultern. »Klar, ein paar gibt es schon, die eins haben. Oder einen Scooter oder so was.«
    »Wer genau?«
    Lukas stößt die Luft aus, als wäre das nun wirklich eine Frage, die er kaum beantworten könnte. »David, zum Beispiel. Nico auch. Timo.«
    Wenn er Jannik jetzt nicht nennt, fällt das auf, denkt er. Wahrscheinlich ist es kein Problem für die Typen, alle Mopedhalter in Wendburg rauszufinden.
    »Jannik«, setzt er also noch hinzu. »Aber ich glaube, sein Moped ist schon länger kaputt. Und ein paar von den Mädchen natürlich auch. Also, die haben auch einen Scooter oder so, meine ich.«
    Müller nickt, als hätte Lukas gerade eben seinen Verdacht bestätigt. Lukas merkt, wie ihm der Schweiß ausbricht. Verdammt! Als sie Janniks Maschine zurück in den Schuppen geschoben haben, haben sie vergessen, die Klebestreifen vom Nummernschild abzulösen, mit denen sie die Buchstaben verändert hatten …
    »Ist was?«, fragt Koschinski. »Du bist ganz bleich geworden. Geht es dir nicht gut?«
    Lukas beschließt, alles auf eine Karte zu setzten. Und es fällt ihm nicht mal schwer, so zu tun, als würde er gleich losheulen.
    »Ich hab keine Lust mehr«, stößt er hervor. »Ich kann nicht mehr. Meine Schwester stirbt vielleicht und ich sitze hier rum und soll irgendwelche blöden Fragen beantworten …«
    Koschinski hebt beide Hände. »Ist okay. Wir sind ohnehin fertig. Danke für den Kaffee. Und sag deiner Mutter noch mal einen schönen Gruß und Entschuldigung für die Störung.«
    Er schiebt seinen Stuhl zurück und steht auf. Auch Müller erhebt sich. Aber als er schon fast an der Tür ist, dreht er sich noch einmal um.
    »Eine Sache noch, geht ganz schnell. Wir würden gerne noch mal einen Blick in dein Zimmer werfen. Hier die Treppe hoch, oder …?«
    Koschinski legt dem Kollegen die Hand auf den Arm. »Lass gut sein. Wir haben doch, was wir wollten. Der Junge kann nicht mehr, siehst du doch.«
    Alles klar, denkt Lukas, aber das könnt ihr euch schenken! Auf das Spiel falle ich nicht rein. Guter Bulle, böser Bulle, so macht ihr das doch immer, wenn ihr anders nicht weiterkommt. Gleichzeitig überschlagen sich seine Gedanken: Was gibt es in seinem Zimmer, was ihn verraten könnte? Das schwarze Kapuzenshirt. Geschenkt, so ein Teil hat jeder. Die Ausdrucke, die neben seinem Computer liegen. Aus denen er die Infos hat, wie sich Leute bei Strahlenalarm verhalten sollen … Verdammt! Der Text, den er letzte Nacht übers Megafon gebrüllt hat, ist auf dem Computer abgespeichert, zwar nur in Stichworten, zum Üben, aber …
    Müller grinst. »Na, ist uns gerade was eingefallen, was wir vergessen haben, zu verstecken?«
    »Quatsch«, sagt Lukas schnell. »Aber ich glaube wirklich nicht, dass Sie das Recht haben, also, ich meine, brauchen Sie dafür nicht
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