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Stoer die feinen Leute nicht

Titel: Stoer die feinen Leute nicht
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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nächste Wahl gewann; Frauen mochten solche Typen. Hilflos, scheu und lieb.
    Buth hatte sich in seinen Stuhl zurückgelehnt und der Begrüßungsszene mit einem spöttischen Grinsen zugesehen. Jetzt stand er auf, schnellte fast vom Stuhl, und drückte Katja die Hand, daß es schmerzte.
    „Buth“, lachte er. „Geht’s dir gut, liegt’s an Buth. Herzlich willkommen in Bramme, meine Gnädigste, und viel Erfolg bei uns! Ich werde mich gleich erkundigen, wieviel Tage man hier angemeldet sein muß, damit man ,Miss Bramme’ werden kann – meine Stimme ist Ihnen sicher… Mensch, wenn ich Sie vor einem meiner Häuser fotografieren lasse – das gibt einen Prospekt! Da kauft ganz Deutschland bei mir… Sie kennen doch meine Fertighäuser? WOHNE GUT MIT BUTH! Ich hoffe, Sie kommen auch mal in meine Firma und sehen sich da um. Kleine Betriebsbesichtigung. Müssen Sie wohl ohnehin – ich bin ja die Industrie von Bramme. Früher hatte ich einen Partner, der hieß Skohr, aber den mußte ich abstoßen, weil bei dem Firmennamen keiner was kaufte: Skohr und Buth – Skorbut…“
    Katja lachte, so wie es sich gehörte; sie fand die ganze Munterkeit ein bißchen aufgesetzt. Aber alert und dynamisch war er schon, der Herr Buth. Hager, drahtig; der Kopf schmal, englisch, vielleicht ein wenig birnenförmig. Braune Augen, bernsteinfarben – nein, eher wie Kaffee mit einem Schuß Sahne. Ein bißchen hohlwangig; schmale Lippen, eine Kerbe im Kinn; Halbglatze, hinten die grau melierten Haare lockig gehalten. Irgendwie… Eigentlich irgendwie sympathisch.
    Buth schlug Biebusch auf die Schulter. „Herr Professor, Fräulein Marciniak – ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung, wenn Sie etwas über Bramme und seine soziologischen Innereien wissen wollen. Anruf genügt – Buth ist immer gut!“ Ganz weltmännisch, ganz jovial.
    Biebusch bedankte sich, und nach ein paar Abschiedsfloskeln hielt er Katja die Tür auf. Der Ober kam zu spät.
    Brütende Mittagshitze auf dem Marktplatz; die trockene Luft erschwerte das Atmen. Katja hustete. Sie schloß für einen Augenblick die Augen, um ihnen Zeit zu geben, sich anzupassen.
    „Kommen Sie“, drängte Biebusch. „Wir können den Bürgermeister schlecht warten lassen.“
    Katja war nicht mehr dazu gekommen, auf die Toilette zu gehen. Ihre Haare? Sie bückte sich leicht, um in der großen Scheibe des Wespennest ihre Frisur zu überprüfen. Dahinter hatten Trey und Buth wieder Platz genommen. Katja verstand kein Wort, konnte aber an den Gesten erkennen, daß Trey heftig auf Buth einredete.
    Als sie Katja hinter der Gardine bemerkten, erstarrten sie sekundenlang, ehe Buth den Ober herbeiwinkte.

 
    2
     
     
     
    Magerkort legte eine kleine Pause ein, dehnte und reckte sich. 6 Uhr 32. Man müßte Urlaub haben, im Bett liegen, sich auf die andere Seite drehen, weiterschlafen.
    Der Aufsichtsbeamte schlenderte durch den Raum. Magerkort machte weiter, um ihm keine Gelegenheit zu anzüglichen Bemerkungen zu geben. Drewes war der unangenehmste Inspektor des ganzen Amtes, und Magerkort wollte möglichst bald Posthauptschaffner werden. Postoberschaffner war auch schon ganz schön, aber seine rund 800 Mark monatlich für Frau und Kind, die reichten nicht hin und nicht her.
    Er rückte seinen Schemel zurecht und öffnete das nächste Ortsbund. Draußen regnete es, und an sich war es hier am gewohnten Arbeitsplatz ganz gemütlich. Vor ihm im Verteilerspind steckten schon etliche Sendungen in den Fächern. Heute war Mittwoch; da würde es nicht so schlimm werden. Er hatte schon seit zwei Jahren denselben Zustellbezirk zu begehen, so daß er kaum noch auf die Verteilliste zu schauen brauchte, auf der sein Vorgänger die Häuser in den betreffenden Straßen nach ihren Nummern vermerkt hatte. Ein kurzer Blick, eine genau abgezirkelte rationelle Handbewegung – schon war der nächste Brief im richtigen Fach gelandet. Magerkort war mit sich und der Welt zufrieden.
    Als er den letzten Brief einsortiert hatte, ging er in den Aufsichtsraum hinüber und fragte, ob er mal schnell telefonieren könne.
    „Aber ja doch – Sie müssen nicht jeden Morgen dasselbe fragen!“
    Magerkort wählte die Nummer der Pension Meyerdierks und hatte wenig später seine Schwester am Apparat.
    „Morgen, Minni!“
    „Guten Morgen man auch. Sag schnell – ist heute was von Carsten bei?“
    „Nein, tut mir leid…“
    „Überhaupt nichts für mich?“
    „Nur ein Brief für einen Gast. Eine Frau – nee ein Fräulein Katja
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