Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz
Autoren: Tania Carver
Vom Netzwerk:
wurde über das Wagendach geschleudert und landete hinter ihm auf der Fahrbahn. Der Aufprall zerschmetterte ihr Becken, so dass sich Beine und Torso gegeneinander verdrehten. Das nachfolgende Fahrzeug, ein BMW -Geländewagen, unternahm noch ein Ausweichmanöver. Er verfehlte ihren Oberkörper, überrollte dafür aber ihre Beine, die von den dicken Reifen förmlich zermalmt wurden, als der Fahrer mit aller Kraft auf die Bremse stieg.
    Faith hatte keine Ahnung, was passiert war. Keine Zeit zum Nachdenken. Alles, was sie sah, waren das Licht und der Himmel. Weit, weit weg und trotzdem ganz nah. Dann noch einmal das lächelnde Gesicht ihres Sohnes. Wie ein Bild aus einer anderen Welt.
    Und Sekunden später war es das auch.
    4 Immer, wenn Detective Inspector Phil Brennan dachte, jedes nur erdenkliche Grauen gesehen zu haben, das ein Mensch einem anderen zufügen konnte, passierte etwas, das ihm mit der Wucht eines rechten Hakens in die Magengrube vor Augen führte, dass er sich geirrt hatte. Dass er jedes Mal aufs Neue Erschütterung und Ekel empfinden würde, ganz egal, wie lange er lebte.
    Genau so einen Moment erlebte er jetzt, als er einen Blick in den Keller warf und den Käfig sah.
    »Um Gottes willen …«
    Als Detective Inspector in der Abteilung für Kapitalverbrechen der Polizei von Essex wurde er regelmäßig Zeuge, wie die Gestörten und Verlorenen dieser Welt sich selbst und andere mit geradezu tragischer Unvermeidbarkeit ins Verderben rissen. Er hatte mit ansehen müssen, wie sich die Heime glücklicher Familien in Schlachthäuser verwandelten. Hatte Menschen beigestanden, deren Leben vorbei war, obwohl sie noch gar nicht tot waren. War an Tatorte gerufen worden, die so entsetzlich waren, dass man dort eine Ahnung von der Hölle bekam.
    Und dieser Tatort zählte zu den allerschlimmsten.
    Allerdings nicht aus naheliegenden Gründen. Blut, verstümmelte Leichen. Unkontrollierbare Gefühle und ihre schrecklichen Folgen. Das gewaltsame und sinnlose Ende eines Lebens. Hier spürte man nichts von der Leidenschaft und Wut eines Mordes. Obwohl Phil sich vorstellen konnte, dass es über kurz oder lang dazu gekommen wäre. Nein, das Grauen, dem er sich hier gegenübersah, war ein ganz anderes. Es war kalkuliert und wohlüberlegt. Geplant und präzise und sadistisch.
    Das schlimmste Grauen überhaupt.
    Phil stand auf der festgestampften dunklen Erde und starrte auf den Käfig. Dass er zitterte, lag nicht nur an der feuchten Kälte des Kellers.
    An den Wänden hatte man in aller Eile Tatortleuchten aufgestellt. Sie verjagten die unheimliche Düsternis und verbreiteten stattdessen ein erbarmungsloses grelles Licht, dem nichts entging und das die Abscheulichkeit erst in ihrem ganzen Ausmaß offenbar werden ließ.
    Im Schein der gleißenden Lampen arbeiteten die Kriminaltechniker in ihren blauen Overalls. Es waren viele, und ihre Aufgabe war es, Proben und Befunde zu einem hauchdünnen roten Faden zu spinnen. Anhand winzigster Partikel das große Ganze sichtbar zu machen.
    Phil, der einen ganz ähnlichen Overall trug, stand wie versteinert und versuchte zu begreifen, was er vor sich sah. Den Anblick irgendwie zu verarbeiten. Im Wissen, dass ihm die Pflicht oblag, denjenigen zu finden, der dafür verantwortlich war.
    Der Fußboden des Kellers war übersät mit Blütenblättern, deren Farben im Licht deutlich hervortraten: blau, rot, weiß, gelb. Sie stammten alle von unterschiedlichen Blumen. Sie wurden bereits langsam braun, waren schon länger welk. An den Wänden gab es noch mehr Blumen, zu Sträußen gebunden und in regelmäßigen Abständen zu kleinen Grüppchen arrangiert wie vor Unfallkreuzen am Straßenrand. Auch sie waren welk. Der Gestank im Raum raubte einem den Atem.
    Über den Blumensträußen waren seltsame verschlungene Symbole an die Wände gemalt. Zunächst hatte Phil sie für eine Art Pentagramme gehalten, einen Hinweis auf Teufelsanbeter. Eine genauere Betrachtung jedoch hatte offenbart, dass dem nicht so war. Die Zeichen sahen anders aus als die satanistischen Symbole, die er kannte. Er hatte keine Ahnung, um was für Zeichen es sich handelte, aber ihr Anblick weckte ein unangenehmes Gefühl in ihm, ganz so, als hätte er sie schon einmal gesehen und wüsste, dass sie nichts Gutes bedeuteten. Er schüttelte sich und setzte seine Inspektion des Raums fort.
    In der Mitte stand etwas, das wie eine Werkbank aussah. Eine hölzerne Arbeitsplatte auf höhenverstellbaren Metallbeinen. Alt. Oft benutzt, aber gut
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher