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Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz
Autoren: Tania Carver
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erst mal bleibst, wo du bist.«
    Er sah sie direkt an. Auge in Auge. »Ich bleibe, wo ich bin.«
    Schweigen.
    Draußen wehte der Wind Herbstlaub gegen das Fenster. Sie spürten einen leichten Luftzug. Die Außenwelt drang zu ihnen ins Zimmer herein.
    »Ich habe nachgedacht«, meinte Mickey nach längerer Überlegung.
    »Ich auch«, sagte Anni. »Sonst kann man hier drin ja nicht viel machen.« Sie zeigte auf den Fernseher. »Außer Kampf der Titanen im Bezahlfernsehen ansehen. Zum x-ten Mal.«
    »Wenn es dir wieder bessergeht, hättest du dann vielleicht Lust …« Er spürte, wie er rot wurde. »Hättest du dann vielleicht Lust, abends mal auszugehen?« Dabei starrte er wie gebannt aus dem Fenster.
    Anni verkniff sich ein Lächeln. »Soll das eine Verabredung werden?«
    Mickey konnte darauf nicht sofort antworten. Er hatte Angst, dass seine Zunge über die Worte stolpern würde.
    »Ja«, sagte er schließlich. »Ja, eine Verabredung.« Diesmal gelang es ihm, sie anzusehen. Er sah, dass sie lächelte. Für ihn.
    »Ja«, antwortete sie. »Sehr gern. Das fände ich wirklich schön.«
    Er wollte ihre Hand nehmen, aber die war verbunden. Also beschränkte er sich darauf, ihren Arm zu berühren.
    »Autsch.«
    »Sorry.«
    Sie lachten. Sahen sich weiterhin in die Augen.
    Draußen herrschte absolutes Hundewetter.
    Aber bei ihnen im Zimmer war es warm.
    133 Donna hatte sich nie viel aus Religion gemacht. Als sie draußen auf den Stufen vor der Kirche St. James and St. Paul in East Hill stand, hätte sie sich am liebsten umgedreht und wäre verschwunden, wäre einfach nicht reingegangen.
    Aber sie schluckte ihre Angst hinunter. Sog das letzte bisschen Leben aus ihrer Zigarette und trat den Stummel mit dem Fuß aus. Dann ging sie in die Kirche.
    Drinnen sah es genau so aus, wie sie es erwartet hatte. Dunkel. Blankpoliertes Holz. Stein. Große Buntglasfenster und eine hohe geschnitzte Decke. Die Menschen wirkten darin wie Zwerge, kleine Existenzen erschienen noch kleiner.
    Don und Eileen saßen ungefähr in der Mitte. Donnas erster Impuls war es, zu ihnen zu gehen und sich neben sie zu setzen. Aber dann ließ sie es sein. Vielleicht wollten sie sie gar nicht dabeihaben. Vielleicht war sie ihnen gar nicht willkommen. Also suchte sie sich einen Platz weiter hinten. Von dort aus konnte sie auch schneller verschwinden, wenn es vorbei war.
    Donna hasste Beerdigungen. Die von Faith war erst wenige Tage her. Da war alles ganz anders gewesen. Viel schlichter. Eine Kirche bei ihnen in der Nähe, Krematorium, dann zum Umtrunk ins Shakespeare. Ben hatte sie zur Schule geschickt. Es gab keinen Grund für ihn, dort zu sein, hatte sie sich gedacht. Seine Mutter war es ja auch nicht.
    Sie hatte mit angesehen, wie der Priester auf seine Uhr schaute, während er über Faith sprach. Sie hatte mit ange­sehen, wie der billige Holzsarg hinter dem Vorhang verschwand. Und dann hatte sie mit angesehen, wie Leute, die sie kaum kannte, Faiths Tod zum Anlass nahmen, sich zu betrinken. Später hatte sie Ben von der Schule abgeholt und war mit ihm in der Stadt was essen gegangen. Und als sie ihn so betrachtet hatte, wie er aß, lachte und ihr von seinem Schultag erzählte, hatte sie einen Entschluss gefasst. Sie würde Faith auf eine bessere Weise gedenken. Und dabei gleichzeitig auch noch was für sich – und für Ben – tun.
    Jetzt ließ sie den Blick durch die Kirche schweifen. Ziemlich viele Bullen. An einige Gesichter erinnerte sie sich, aber es waren keine glücklichen Erinnerungen. Wieder ertappte sie sich bei dem Wunsch, nicht hergekommen zu sein. Aber wegzubleiben wäre auch nicht richtig gewesen, das wusste sie.
    Die Trauerfeier begann. Irgendwann trat Phil vor, um eine Rede zu halten.
    Sie hatte ihn auf Anhieb gut leiden können. Ein anständiger Bulle. Und auch sonst anständig. Leider gab es so was viel zu selten. Sie sah ihn am Rednerpult stehen, wo er sich mit bandagiertem Arm abmühte, die Zettel aus seiner Tasche zu ziehen. Dann blickte er auf.
    »Rose Martin«, begann er und sah auf seine Notizen, »hat eine Zeitlang in meinem Team gearbeitet. Und in dieser kurzen Zeit habe ich sie ziemlich gut kennengelernt. Sie war …« Er hielt inne und schaute zu einer sehr attraktiven dunkelhaarigen Frau hinüber, neben der er gesessen hatte. Sie nickte. Er sah auf und sprach weiter. »Sie war alles, was eine gute Polizistin ausmacht. Gewissenhaft. Engagiert. Loyal.« Er schluckte schwer. »Und dass sie auf diese Weise ums Leben gekommen ist, das
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