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Stille(r)s Schicksal

Stille(r)s Schicksal

Titel: Stille(r)s Schicksal
Autoren: Monika Kunze
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jetzt an der Reihe.
    Anne stellte sich kurz vor, fragte ihn dann mehr oder weniger unbefangen: "Sie sind doch der Sven Stiller, nicht wahr?"
    Der junge Mann stutzte, fragte aber nicht, woher sie das wohl wissen konnte. Anne sah die Bewunderung in seinem Blick, aber auch so etwas wie Angst. Hatte er schlimme Erfahrungen gemacht?
    Als hätte er Gedanken lesen können, musste er an seine Exfreundin denken. Sie hatte ihn verlassen, weil da plötzlich dieser Münchener Makler aufgetaucht war. Mit dem war Tina von einem Tag zum anderen durchgebrannt. Dabei hatte Sven schon angefangen gehabt, für sie beide im Nachbarort ein Häuschen auszubauen., Eine alte Frau hatte es ihm völlig unerwartet vererbt.
    Oma Jeschke hatte keine Kinder und Sven gleich ins Herz geschlossen, als er immer mal etwas an ihrem Häuschen repariert hatte.
    "Jungchen" hatte sie ihn mit zahnlosem Lächeln genannt, so dass man es nicht übel nehmen konnte, und ihm bei jeder Gelegenheit versichert, dass er goldene Hände habe. Jedesmal, wenn sie ihm für seine Arbeit verschämt einen Schein über den Tisch schob, hatte er ihn einfach liegen lassen.
    Als sie dann gestorben war, hatte ihm die alte Frau wirklich gefehlt, und dass sie ihm das winzige Haus vererben würde, damit hätte er gleich gar nicht gerechnet. Er wusste ja zu der Zeit nicht einmal, ob er sich darüber freuen sollte oder nicht. Erst, als er glaubte, in Tina die Frau fürs Leben gefunden zu haben, hatte er mit der Modernisierung des heruntergekommenen Hauses begonnen. Aber gleich nach dem Erneuern der Fenster war Tina plötzlich verschwunden gewesen. Den Zettel am Flurspiegel hatte er erst Tage später entdeckt. Sie könne es ihm nicht erklären, aber sie würde nie mehr zurück kommen. Seitdem konnte er den mühseligen Umbauarbeiten nichts mehr abgewinnen. Wozu? Für wen auch?
    Und nun stand er, fünf Flugstunden entfernt von der heimatlichen Lausitz, auf der größten Kanarischen Insel diesem unglaublichen Mädchen gegenüber, das Anne hieß und ihn spöttisch zu mustern schien. Schnell besann er sich, schloss endlich den Mund. Er wollte ihr sagen, wie hübsch er sie fand, aber ihm fehlten die Worte.
    Seine Unsicherheit schien Anne zu amüsieren, denn sie lachte schon wieder.
    "Soso, da bin ich also schuld, dass sie nach fremden Taschen greifen", kicherte sie. "Und dann komme ich auch noch daher mit einem, der gar nicht zu mir passt. Nicht zu fassen!"
    Sie machte keinen Hehl aus ihrer Spottlust, doch seine offensichtliche Verlegenheit ließ sie schnell einlenken.
    "Dieser Mann war mein Arbeitskollege, aber bitte nicht weitersagen!"
    Da war er schon wieder, dieser leicht spöttelnde Ton, sie konnte eben auch nicht über ihren Schatten springen. Wie oft hatte sie auf diese Weise schon unliebsame Annäherungsversuche im Keim erstickt. Wollte sie Sven auch abschrecken? Ihr wurde heiß, weil sie die Antwort ahnte. Das hinderte sie jedoch nicht daran, in diesem Ton fortzufahren:"Und dann reagiere ich noch nicht mal auf Ihre Annäherungsversuche! "
    Das Wort Anmache hatte sie absichtlich nicht benutzen wollen.
    "Fragen sie sich eigentlich überhaupt nicht, woher ich ihren Namen kenne?"
    Ihre Augen sprühten Funken und sie hatte Mühe nicht laut loszulachen. Als es dann doch einfach losbrach, das Lachen, fiel bei Sven endlich der Groschen. Natürlich, hinter ihr, auf der Treppenstufe stand sie ja, seine schwarze Reisetasche mit den blauen Rändern. Nun konnte auch er nicht mehr anders als zu grinsen. Dabei erschienen auf seinen ansonsten eher kantigen Wangen ein paar tiefe Grübchen. Anne musste an sich halten, um nicht einfach die Hand nach ihm auszustrecken.
    "Wir haben also dieselben Taschen", stellte Sven fest, wobei er sich ärgerlich an die Ohren fasste, denn er wusste, dass sie wieder hochrot waren.
    Anne hatte das längst bemerkt, amüsierte sich nun wieder köstlich, konnte sich aber trotzdem die Bemerkung nicht verkneifen, dass es sich nicht um dieselben, sondern die gleichen handelte.
    "Sonst hätten wir ja hier nur eine Tasche vor uns."
    Kaum waren die Worte heraus, ärgerte sie sich auch schon über ihren belehrenden Ton.
    Doch Sven nickte nur ergeben.
    "Wird schon stimmen, wenn Sie das sagen. Aber wir sollten jetzt einfach unsere Taschen wieder zurücktauschen, denn ich will schnell ans und ins Meer ... und FKK ist hier nicht angesagt, habe ich gehört."
    Klar, brauchst du eine Badehose, dachte Anne, denn sie wusste genau so gut wie er, dass man hier von der daheim immer noch gern
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