Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stiefkinder der Sonne

Stiefkinder der Sonne

Titel: Stiefkinder der Sonne
Autoren: Edmund Cooper
Vom Netzwerk:
Zigarettenmarken, die TransOrient Air Lines und die Empfängnisverhütungspille Jugendfreuden’. Daher per definitionem ein „ganz lustiger alter Typ.“ Das geborene Opfer Paulines.
    „Er hält eine ganze Menge von deiner Arbeit“, sprach sie weiter. „Er möchte sich mit dir über einen Auftrag unterhalten. Heffert McCall bekommen mehr, als sie schaffen können … Das wäre ein dicker Brocken, nehme ich an.“
    „Wie lange schläfst du schon mit ihm?“ fragte Greville in normalem Unterhaltungston und hielt seinen Blick auf die Straße gerichtet.
    „Sei bitte nicht kindisch, Liebling. Diese blöde Katze muß dich ganz durcheinandergebracht haben.“
    Für Pauline war ‚kindisch’ ein Vielzweckwort. Es konnte obszön, weinerlich, idealistisch, verkommen, altmodisch, naiv oder ehrlich bedeuten – das hing von der Gelegenheit und dem Zusammenhang ab.
    Für den vorliegenden Anlaß bedeutete es deutlich obszön plus weinerlich.
    Greville lenkte das Auto zur Chelsea-Brücke hin. Die Nadel auf dem Tachometer kroch wieder nach oben. Er wußte es zwar nicht, aber er hatte gerade eine Entscheidung getroffen.
    Er wandte sich Pauline zu.
    „Weißt du was, Liebling, ich glaube, ich bin jetzt tatsächlich nüchtern.“
    Plötzlich spürte sie, daß etwas nicht stimmte – ganz und gar nicht stimmte.
    „Wovon redest du überhaupt, Matthew, verdammt noch mal?“
    Die Chelsea-Brücke lag vor ihnen. Ein leicht gewölbter Straßenstreifen. Es war sonst niemand auf der Straße. Es gab da nichts als den Himmel und den Fluß.
    „Vom Leben, das ist alles. Mein Gott, tut das weh!“
    Fünfundsechzig, siebzig, fünfundsiebzig, achtzig …
    „Halt das Auto an! Hörst du mich? Halt das Auto an!“
    Er drehte sich um und lächelte ihr zu. In seiner Stimme klang Zuneigung mit. Sogar Mitleid. Endlich nämlich hatte er das Gefühl, daß er es sich leisten konnte, zu vergeben.
    „Liebste Pauline“, sagte er. „Es hat keinen Zweck, wenn nur einer von uns beiden nüchtern ist. Warum halten wir nicht die Welt an?“
    Beide zerrten am Lenkrad. Das Auto schleuderte wie verrückt gegen die Stahlverstrebungen der Brücke. Dann überschlug es sich zweimal und blieb auf der Seite liegen.
    Greville lebte noch. Er fand sich fast auf Pauline liegend wieder. Ihre Augen waren offen und erinnerten ihn an die Katze. Dieses Mal aber gab es kein Problem … Sie war noch immer schön; und einen Augenblick lang hätte er schwören können, daß er geröstete Maronen roch …
    Dann versuchte er, sich zu bewegen, und die Tränen in seinen Augen vermischten sich mit seinem eigenen Blut.
    Ein paar Minuten später kam ein anderes Auto auf die Chelseabrücke. Und kurz darauf ein Krankenwagen und die Polizei.
     

2
     
    Bis Anfang Juli war es ein typisch englischer Sommer gewesen – das heißt, daß das Wetter trotz bemannter Wettersatelliten und computergesteuerter Langzeit-Voraussagen so unberechenbar wie eh und je war und Wissenschaftler, Propheten, Bauern und Touristen gleichermaßen verblüffte. An einem Tag war der Himmel klar und die Sonne heiß; am nächsten goß es in Strömen, und die Temperatur sank so stark ab, daß wärmere Unterwäsche deutlich am Platz war.
    Mitte Juli jedoch sah es so aus, als würde sich der Sommer möglicherweise zu einer jener sagenhaften Jahreszeiten beruhigen, an die sich jeder aus seiner Kindheit erinnert, die aber niemand wirklich auf ein Jahr festlegen kann.
    Jeden Tag wurde der Himmel nach morgendlichem Nebel außergewöhnlich klar. Die Hitze war nicht zu stark, und leichte Brisen machten das Leben für die, die noch zur Arbeit gehen mußten, recht angenehm.
    Der Juli verging, und der August kam – und noch immer hielt das schöne Wetter an. Es war nicht auf die britischen Inseln oder sogar Europa beschränkt. Die meisten Länder auf der nördlichen Halbkugel genossen einen wahrhaftig goldenen Sommer. Später würde die südliche Halbkugel an der Reihe sein, in den Genuß dieser phantastischen Glückssträhne im Wetter zu kommen. Was jedoch noch niemand wissen konnte, war, daß in den nächsten zehn Jahren die Sommer in der ganzen Welt alle bekannten Rekorde brechen würden.
    Matthew Greville aber gehörte zu der Minderheit, die weiterhin am Wetter völlig uninteressiert war; eigentlich war er im Verlauf der nächsten drei Jahre davon so gut wie nicht berührt. Bei dem Unfall, bei dem Pauline umgekommen war, hatte er nur mehrfache Kopfverletzungen davongetragen. Er blieb bis September im Krankenhaus. Während
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher