Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stiefkinder der Sonne

Stiefkinder der Sonne

Titel: Stiefkinder der Sonne
Autoren: Edmund Cooper
Vom Netzwerk:
war rührend dankbar. Das war genau die Art Arbeit, die er wollte – genau wie im Gefängnis. Es war ein Dienst an der Öffentlichkeit.
    Ende 1988 hatten 1,2 Millionen britische Bürger Selbstmord begangen.
    Die ersten Löcher im Gewebe der Gesellschaft begannen sich zu zeigen. Die Transportmittel waren bis zum Zusammenbruch überlastet. Ein Brief brauchte von London bis zu den Industriestädten im Norden jetzt oft eine Woche. Nahrungsmittel und Benzin wurden wieder rationiert. Die Gasversorgung war bisher noch nicht beeinträchtigt; aber der Mangel an Kohle und öl war dafür verantwortlich, daß der Strom für Haushalte nur noch zu bestimmten Stunden eingeschaltet wurde. Ein Gesetz zur Lenkung der Arbeitskraft wurde hastig durch das Parlament gebracht. Es ermächtigte die Regierung dazu, jeden Mann zwischen achtzehn und fünfundsechzig zu wichtigerer Arbeit umzukommandieren. Das Lenkungsgesetz half ein wenig – das heißt, es verzögerte den schließlichen und unvermeidlichen Zusammenbruch –, aber seine Hauptfunktion schien es zu sein, der Regierung und der Gesellschaft, die sie vertrat, einen relativ geordneten Rückzug zu gestatten … Einen Rückzug von den komplizierteren Aufgaben einer zivilisierten Gesellschaft …
    Und weiter sandte die Omega-Strahlung ihre unsichtbare, schmerzlose und verrückt machende Botschaft vom fernen Antlitz der Sonne herab. Und weiter bemühten sich die (an Zahl schwer dezimierten) Wissenschaftler, irgendeinen wirksamen Schutz oder gar eine Immunisierung gegen sie zu finden. Und weiter stieg die SWS-Rate.
    1989 überstieg sie die Drei-Millionen-Grenze. Matthew Greville, Gefreiter im NBC, grub die Gräber nicht mehr mit der Hand. Er arbeitete mit einem Bagger. Dann setzte er sich in einen Bulldozer, um die Massen von dünnen Plastiksärgen in lange Gemeinschaftsgräber zu schieben.
    Ende 1990 erreichte die Anzahl der Toten zehn Millionen. Drei verschiedene Notregierungen waren unabhängig voneinander im Norden, in Mittelengland und im Süden tätig. Särge waren veraltet. Alle produzierten Gegenstände wurden von den Lebenden gebraucht.
    1991. Wieder ein herrlicher Sommer. Die Notregierungen hatten sich nun zugunsten von elf regionalen Verwaltungszentren aufgelöst.
    Der Bahnverkehr war bis auf den Transport von Brennstoffen und Nahrungsmitteln zwischen den großen Städten unbefristet aufgehoben. In London grassierte der Typhus … in Edinburgh, York und Birmingham brachen Aufstände aus … in Süd-Lancashire und Nord-Cheshire herrschte eine Hungersnot. Diebstahl, Fahnenflucht’ und Arbeitsentzug wurden unter Todesstrafe gestellt, und zwar in sieben der elf Regionen … Todesrate insgesamt: 15,5 Millionen.
    Matthew Greville, zeitweise Major im NBC London, wurde von Sklavenjägern aus den Midlands gefangengenommen. Schwere Ketten wurden um seine Knöchel geschmiedet, und er wurde zusammen mit einer Gruppe von anderen ‚fremden Rekruten’ in der Provinz Nottingham in eine Mine geschickt, um dort Kohle abzubauen. Die fremden Rekruten wurden genau wie die Grubenponys, mit denen sie arbeiteten und starben, immer unter der Oberfläche gehalten. Die Rationen, die man ihnen nach unten schickte, richteten sich nach der Kohlenmenge, die sie nach oben schickten. Es muß wohl kaum erwähnt werden, daß die Sterberate dort unten hoch war.
    1992. Die Anzahl der Toten in dem Gebiet, das früher als Großbritannien bekannt gewesen war, wurde von der statistischen Abteilung der Kommune London auf ungefähr acht Millionen geschätzt.
    Gegen Ende des Jahres 1992 gelang Matthew Greville die Flucht aus der Mine, indem er sich totstellte und es fertigbrachte, schweigend den routinemäßigen Bajonettstoß hinzunehmen. Diese Methode wurde von den übermüdeten Inspektoren angewendet, und in der Regel entdeckten sie dadurch solche Versuche bei ihrer Inspektion der zweimal wöchentlich herabgeschickten Bestattungswagen. Grevilles drei Zoll tiefe Wunde ließ überraschenderweise wichtige Organe unberührt. Nachdem er sich eine Zeitlang versteckt hatte und Fieber und Unterernährung auf sich genommen hatte, floh er aus der Provinz Nottingham und wurde praktisch sofort darauf von der Freiwilligen Bürgerwehr Leicester als ungelernter Landarbeiter eingestellt. Diese Arbeit war erheblich leichter als die in der Mine; aber das Essen war sowohl qualitativ als auch quantitativ schlechter. Er verlor an Gewicht, sein Haar begann erst grau und dann weiß zu werden. Trotzdem blieb er am Leben und bemerkenswert
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher