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Stevens, Chevy

Stevens, Chevy

Titel: Stevens, Chevy
Autoren: Still Missing
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jede Menge netter Klamotten, aber ich ...«Ich
verstummte. Sie wollte mich in die Falle locken, und Mom ist nicht der Typ, der
einen so schnell wieder laufenlässt, sobald sie einen erst einmal an der Angel
hat. Das Letzte, was ich wollte, war, zehn Minuten mit ihr über angemessene
Businesskleidung zu diskutieren. Und das mit einer Frau, die Schuhe mit zehn
Zentimeter hohen Absätzen und Minikleid anzog, nur um die Post zu holen. Darum
ging es auch gar nicht. Ich hatte es Mom mein ganzes Leben lang noch nie recht
machen können.
    »Ehe ich
es vergesse«, sagte ich, »kannst du mir später noch meine Cappuccino-Maschine
rüberbringen?«
    Einen
Moment war sie still, dann sagte sie: »Du willst sie heute noch
haben?«
    »Sonst
würde ich nicht fragen, Mom.«
    »Aber ich
habe ein paar Nachbarinnen für morgen zum Kaffee eingeladen. Du hast dir genau
den richtigen Zeitpunkt ausgesucht, wie immer.«
    »Oh, Mist,
tut mir leid, Mom, aber Luke kommt später noch, und ich wollte ihm einen
Cappuccino zum Frühstück machen. Ich dachte, ihr wolltet euch selbst eine
kaufen und meine nur mal ausprobieren?«
    »Das haben
wir auch vor, aber dein Stiefvater und ich sind noch nicht dazu gekommen. Ich
werde wohl die Mädels anrufen und es ihnen erklären müssen.«
    Klasse,
jetzt kam ich mir vor wie ein Spielverderber.
    »Mach dir
deswegen keine Sorgen. Ich kann sie auch nächste Woche oder so abholen.«
    »Danke,
Annie Bear.« Jetzt war ich Annie Bear.
    »Gern
geschehen, aber ich brauche sie -« Sie hatte aufgelegt.
     
    Ich
stöhnte und schob das Telefon zurück in die Tasche. Die Frau ließ mich nicht
einen gottverdammten Satz beenden, solange es nicht das war, was sie hören
wollte.
    An der
Tankstelle an der Ecke machte ich halt, um mir einen Kaffee und ein paar
Zeitschriften zu holen. Meine Mom liebt diese Schundblätter, aber ich kaufe sie
nur, um etwas zu tun zu haben, falls niemand zur Besichtigung kommt. Auf einem
der Cover war das Bild einer armen vermissten Frau abgebildet. Ich betrachtete
ihr lächelndes Gesicht und dachte, sie hat einfach nur ihr Leben gelebt, und
jetzt glaubt jeder, alles über sie zu wissen.
     
    Bei der
Besichtigung war nichts los. Ich schätze, die meisten Leute haben das gute
Wetter ausgenutzt, so wie ich es auch hätte tun sollen. Zehn Minuten, bevor
offiziell Schluss war, begann ich meinen Kram zusammenzupacken. Als ich nach
draußen ging, um die Flyer im Kofferraum zu verstauen, rollte ein neuerer hellbrauner
Van heran und parkte direkt hinter meinem Wagen. Ein älterer Typ, vielleicht
Mitte vierzig, kam lächelnd auf mich zu.
    »Mist, Sie
packen schon ein! Geschieht mir ganz recht - ich warte immer bis zur letzten
Minute. Würde es Ihnen große Umstände bereiten, wenn Sie mich noch einmal kurz
herumführten?«
    Eine
Sekunde lang erwog ich, ihm zu sagen, dass er zu spät gekommen sei. Ich wollte
nach Hause, und außerdem musste ich noch einkaufen, aber während ich zögerte,
stemmte er die Hände in die Hüften, trat ein paar Schritte zurück und
betrachtete die Vorderfront des Hauses. »Wow!«
    Ich
musterte ihn rasch. Seine Khakis waren perfekt gebügelt, das gefiel mir. Meine
Version vom Bügeln bestand darin, die Klamotten im Trockner zu ruinieren. Einen
Moment lang fragte ich mich, warum er eine Jacke trug, selbst wenn sie fast
nichts wog. Seine Laufschuhe waren strahlend weiß, und er trug eine
Baseballkappe mit dem Logo des örtlichen Golfclubs auf dem Schirm. Wenn er in
diesem Club Mitglied war, hatte er eine Menge Geld. Zu einer
Open-House-Besichtigung kamen hauptsächlich Nachbarn oder Leute auf ihrem
Sonntagsausflug, aber als ich einen Blick auf den Van warf, sah ich das
Lokalblättchen mit den Immobilienanzeigen auf dem Armaturenbrett liegen. Zum
Teufel, ein paar Minuten mehr würden mich schon nicht umbringen.
    Ich
schenkte ihm ein breites Lächeln und sagte: »Natürlich macht es mir nichts
aus, dafür bin ich ja hier. Mein Name ist Annie O'Sullivan.«
    Ich
streckte meine Hand aus, doch als er auf mich zukam, um sie zu schütteln,
stolperte er über eine Gehwegplatte. Um nicht auf die Knie zu fallen, stützte
er sich mit den Händen auf dem Boden ab, Hintern nach oben. Ich wollte ihm
helfen, aber er sprang schon wieder auf, lachte und wischte sich den Dreck von
den Händen.
    »O mein
Gott, tut mir leid. Haben Sie sich weh getan?«
    Die großen
blauen Augen in dem offenen Gesicht strahlten mich amüsiert an. Er hatte
Lachfalten in den Augenwinkeln und gerötete Wangen. Grübchen
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