Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Steueroasen Ausgabe 2013

Steueroasen Ausgabe 2013

Titel: Steueroasen Ausgabe 2013
Autoren: Hans-Lothar Merten
Vom Netzwerk:
die Finanzierung der griechischen Schulden. Das widerspricht dem Geist von Artikel 125 des Lissabon-Vertrags , der es den Ländern ausdrücklich untersagt, für die Schulden anderer Mitglieder zu haften. Doch wirklich glaubwürdig war diese sogenannte „No-Bailout-Klausel“ noch nie.
    Die besondere Verbindung zwischen Griechenland und der Eurozone ist der Euro. Andere Länder der Eurozone befürchten, dass ein Zahlungsausfall Griechenlands eine Reihe von unkalkulierbaren Ereignissen auslösen könnte, etwa:
eine systemische Bankenkrise,
das Erliegen des Interbanken-Kreditmarkts und
steigende Finanzierungskosten.
    Dies könnte den Euro destabilisieren. Daher bestand innerhalb der Euro-Regierung Mitte 2010 fast uneingeschränkte Einigkeit darüber, einen Zahlungsausfall Griechenlands zu verhindern.
    Doch die finanzielle Hilfe ist nicht das Problem. Das wahre Samariter-Dilemma besteht darin, dass diese Art von Hilfe den Empfängern in vieler Hinsicht schadet: Sie sorgt dafür, dass die Länder auf Hilfe von außen vertrauen, und bietet ihnen wenig Anreize, ihre Ausgaben zu senken oder ihre Einnahmen zu erhöhen. Ökonomen bezeichnen das als „Moral Hazard“. Ein Zahlungsausfall in der Eurozone folgt im Vergleich zu den Ausfällen von Schwellenländern in den 1980er- und 1990er-Jahren ganz anderen Regeln:
Erstens ist bei einem Ausfall in der Eurozone die Verschuldungsquote viel höher.
Zweitens ist der Bankensektor angesichts der engeren Verflechtungen mit dem internationalen Finanzsystem von größerer Bedeutung.
Drittens haben in der Währungsunion die einzelnen Länder keine unabhängige Zentralbank und keine eigene Landeswährung.
    Das bisherige Vorgehen im Fall Griechenlands zeigt, was ein Zahlungsausfall in der Eurozone mit sich bringt:
Erstens zögern die anderen Mitgliedstaaten aufgrund des „Samariter-Dilemmas“ einen nennenswerten Schuldenabbau möglichst lange hinaus. Eine Umschuldung wird erst zugelassen, nachdem alle Hilfs- und Sparoptionen sondiert sind.
Zweitens ist eine Umschuldung zunächst auf Laufzeitverlängerung und Zinsherabsetzung begrenzt. Die Beteiligung des Privatsektors erfolgt vorerst auf freiwilliger Basis, um ein „Kreditereignis“ abzuwenden, das Ansprüche im Rahmen von Ausfallversicherungen begründet.
Ist dann drittens ein Schuldenabbau unvermeidbar, fällt der Schuldenschnitt eher klein aus.
    Da die durchschnittlich gewichtete Verschuldungsquote in der Eurozone bereits bei 87,2 Prozent des BIP liegt, sind Maßnahmen zur Senkung der Schuldenlast eines angeschlagenen Landes auf 60 Prozent des BIP – die im Maastricht-Vertrag festgelegte Obergrenze – politisch nicht umsetzbar. Ein Zahlungsausfall in der Eurozone wird daher schrittweise erfolgen. Dabei senken mehrere kleinere Umschuldungen schließlich die Schuldenlast auf ein erträgliches Niveau.
    Nach der „freiwilligen“ Einigung mit seinen Gläubigern ist Griechenland seit dem Zweiten Weltkrieg das erste Industrieland, das seine Schulden umstrukturiert hat – 70 Prozent Forderungsverzicht bei Laufzeitverlängerungen und geringeren Zinssätzen. Dazu 110 Milliarden Euro Finanzhilfe von EU und IWF . Ein vollständiger Zahlungsausfall hätte weitreichende Konsequenzen für die Eurozone gehabt.
    Doch die Krise ist Mitte 2012 noch nicht vorbei, sie ist nur übertüncht. Nach wie vor gibt es Sorgen, dass die Anpassung in der südeuropäischen Zone nicht gelingt. Es fließt zwar reichlich Geld, aber man sollte in Europa nicht dauerhaft akzeptieren, dass kriselnde Staaten unbegrenzt gerettet werden. Die Liquiditätsversorgung von EZB und dem Rettungsschirm aus EFSF und ESM darf nicht dazu führen, dass Regierungen notwendige Anpassungen aufschieben. Brandmauern allein lösen die Krise nicht. Sie verschaffen nur vorübergehend Zeit, um die grundlegenden Probleme anzugehen. Die Logik „immer mehr Geld hilft immer mehr“ droht in eine Endlosschleife zu geraten, aus der wir nicht mehr herauskommen. Des Weiteren sollte man sich im Klaren darüber sein, dass die finanziellen Sondermaßnahmen auch Nebenwirkungen haben. So leicht werden wir Europäer die Krise also nicht los.
    Eurozone – die verschuldete Währungsunion
Land
Staatsschulden in Mrd. Euro
Haushaltsdefizit bzw. -überschuss in Prozent des BIP 2011
Estland ist das einzige Land in der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher