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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher
Autoren: Stanislaw Lem
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es erst unlängst gesoffen haben, denn vor einer Woche hatte ich die Kannen gezählt, sie waren alle voll gewesen. Das erboste mich derart, daß ich ernsthaft überlegte, ob ich ihn nicht doch zum Verschrotten geben sollte. Da er keine Lust hatte, frühmorgens aufzustehen, stopfte er sich seit Monaten die Hörer mit Wachs zu. Man konnte bis zum Umfallen klingeln. Er entschuldigte sich damit, es aus Zerstreutheit getan zu haben. Ich drohte, daß ich ihm die Sicherungen ausdrehen würde, aber darauf summte er sich einen. Er wußte, daß ich ihn brauchte. Ich teilte das ganze Haus nach dem Pinkertonschen System in Plan quadrate ein und durchsuchte alles, als ginge es um eine Stecknadel. Schließlich fand ich eine Quittung aus der Wäscherei. Der Galgenstrick hatte alle meine Hosen zur Reinigung gegeben. Aber was war mit der geschehen, die ich am Tag zuvor angehabt hatte? Ich konnte mich einfach nicht daran erinnern. Unterdessen war es Mittagszeit geworden. Im Kühlschrank brauchte ich erst gar nicht nachzusehen – außer den Socken war nur Schreibpapier darin. Verzweiflung packte mich. Ich nahm den Raumanzug aus der Rakete, legte ihn an und ging zum nächsten Warenhaus. Ein paar Neugierige schauten sich auf der Straße nach mir um, aber ich kaufte zwei Paar Hosen, die eine schwarz, die andere grau, kehrte im Raumanzug zurück, zog mich um und fuhr fuchsteufelswild zu einem chinesischen Restaurant. Ich aß, was man mir vorsetzte, spülte den Ärger mit einer Flasche Moselwein hinunter und sah auf die Uhr: Es war kurz vor fünf. Den ganzen Tag hatte ich vertrödelt.
      Vor dem Lambretanum standen keine Hubschrauber, kein einziges Auto, nicht einmal eine kleine Rakete, nichts. »So schlimm ist das?« fragte ich mich. Durch einen großen Garten voller Dahlien gelangte ich zum Haupteingang. Lange Zeit wurde nicht aufgemacht. Schließlich öffnete sich die Klappe eines Selektivgucklochs, ein unsichtbarer Blick musterte mich, woraufhin das Tor gerade so weit geöffnet wurde, daß ich hindurchgehen konnte.
      »Herr Tichy«, sprach der Mann, der mir geöffnet hatte, in ein Taschenmikrophon. Dann wandte er sich zu mir: »Bitte nach oben. Die Tür links. Sie werden bereits erwartet.«
      Oben herrschte angenehme Kühle. Ich betrat einen kleinen Saal und fand mich in erlesener Gesellschaft wieder. Außer zwei mir unbekannten Männern im Präsidium war in den samtbeschlagenen Sesseln die Blüte der Kosmographie versammelt. Ich entdeckte Professor Gargarrag und seine Assistenten. Ich verneigte mich vor den Anwesenden und nahm in der hintersten Reihe Platz. Einer der beiden Männer im Präsidium, hochgewachsen, mit ergrauten Schläfen, entnahm einer Schublade eine Kautschukklingel und läutete damit lautlos. Was für teuflische Vorsichtsmaßnahmen, mußte ich denken.
      Der Mann mit den graumelierten Schläfen erhob sich. »Meine Herren Rektoren, Dekane, Professoren, Dozenten und du, verehrter Ijon Tichy«, begann er. »Als Bevollmächtigter für Angelegenheiten der höchsten Geheimstufe eröffne ich diese Sondersitzung, die der Sache Kareliriens gewidmet ist. Das Wort hat Geheimrat Xaphirius.«
      Ein stämmiger Mann mit schneeweißem Haar kam nach vorn, betrat das Podium, verbeugte sich leicht vor den Versammelten und sagte ohne jede Einleitung: »Meine Herren! Vor etwa sechzig Jahren ist vom planetaren Flughafen in Yokohama ein Frachter der Milchkompanie ›Gottesgabe II‹ abgeflogen. Dieses Raumschiff, das unter der Leitung des erfahrenen Vakuumfliegers Astrocent Peapo stand, hatte Stückgut für Areklandrien, einen Gammaplaneten des Orion, geladen. Zuletzt wurde es vom Milchstraßenleuchtturm in der Nähe des Zerberus gesichtet. Seitdem ist es spurlos verschwunden. Die Versicherungsgesellschaft Securitas Cosmica, kurz SECOS genannt, zahlte nach Ablauf eines Jahres die volle Entschädigung für das verlorengegangene Raumschiff. Etwa zwei Wochen später fing ein Funkamateur aus Neu Guinea einen Funkspruch folgenden Inhalts auf.« Der Redner nahm einen Zettel vom Tisch und las ab:

    KARKULONI VERTONI
HILFONI GOTSONI

    »An dieser Stelle, meine Herren, muß ich auf Einzelheiten eingehen, die für das weitere Verständnis der Frage unumgänglich sind. Jener Funkamateur war ein Neuling und lispelte obendrein. Kraft der Gewohnheit und, wie man ebenfalls annehmen kann, mangels Erfahrung hat er die Depesche entstellt. Eine Rekonstruktion durch die Experten des Galaktokodes ergab folgende Fassung: ›Kalkulator verrückt Hilfe
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