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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher
Autoren: Stanislaw Lem
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Regel das Recht auf Repräsentation… keine Verirrung schändet… schwere Bedingungen, die sie geformt haben… Wasserhaftigkeit, selbst gesalzene, kann nicht, sollte kein Hindernis sein… mit unserer Hilfe werden sie sich von ihrem schreck… ihrem gegenwärtigen Aussehen befreien, über das die Hohe Versammlung mit der ihr eigenen Großzügigkeit zur Tagesordnung übergehen möge… Deshalb stelle ich im Namen der tarrakanischen Delegation und des Bundes der Betelgeuzesterne hiermit den Antrag, die Menschheit vom Planeten Urde in die Reihen der OVP aufzunehmen und somit auch dem hier anwesenden edlen Uerdebewohner die vollen Rechte eines bei der Organisation der Vereinten Planeten akkreditierten Delegierten zu gewähren. Ich habe gesprochen.«
      Mächtiger Lärm erscholl, unterbrochen von rätselhaften Pfiffen. Händeklatschen gab es nicht. Da Hände fehlten, konnte es das auch nicht geben. Der Lärm und das Sprachengewirr hörten auf, als der Gong ertönte, die Stimme des Vorsitzenden war zu vernehmen: »Beabsichtigt eine der Hohen Delegationen das Wort in der Frage der Aufnahme der Menschheit vom Planeten Erdue zu ergreifen?«
      Der strahlende Tarrakaner, der offenbar mit sich überaus zufrieden war, zog mich auf die Bank. Ich setzte mich und brummte undeutlich ein paar Dankesworte an seine Adresse, als zwei grüne Strahlen von verschiedenen Stellen des Amphitheaters hochschossen.
      »Ich erteile dem Vertreter Thubans das Wort!« sagte der Vorsitzende. Etwas erhob sich.
      »Hoher Rat!« Ich vernahm eine ferne, durchdringende Stimme, ähnlich dem Geräusch beim Schneiden von Blech, doch bald achtete ich nicht mehr auf das Timbre. »Wir haben hier aus dem Munde des Polpitors Voretex eine warme Empfehlung des Geschlechts eines fernen Planeten vernommen, der bisher den Anwesenden unbekannt war. Ich möchte mein Bedauern ausdrücken, daß wir durch das unverhoffte Fernbleiben des Sulpitors Extrevor von dieser Sitzung der Möglichkeit beraubt sind, uns mit der Geschichte, mit den Sitten und Gebräuchen sowie mit der Natur dieses Geschlechts bekannt zu machen, dessen Mitgliedschaft in der OVP Tarrakanien so sehr befürwortet. Obwohl ich kein Fachmann auf dem Gebiet der kosmischen Terratologie bin, möchte ich doch in dem Maße, wie es mir meine bescheidenen Kräfte erlauben, das ergänzen, was wir gerade zu hören das Vergnügen hatten. Zunächst darf ich nur so obenhin und beiläufig vermerken, daß der heimische Planet der Menschheit nicht Erdue, Urde oder Uerde heißt, wie das, nicht aus Unkenntnis versteht sich, sondern lediglich, wovon ich zutiefst überzeugt bin, aus seinem rednerischen Elan und Schwung heraus, mein vortrefflicher Vorredner gesagt hat. Das ist eine unwesentliche Einzelheit, gewiß. Jedoch auch jener Terminus ›Menschheit‹, dessen er sich bediente, ist der Sprache des Erdengeschlechts entnommen – Erde, so nämlich lautet die Bezeichnung jenes fernen provinziellen Planeten. Unsere Wissenschaften bezeichnen die Erdenbewohner etwas anders. Ich erlaube mir, in der Hoffnung, die Hohe Versammlung nicht zu langweilen, die vollständige Bezeichnung und Klassifizierung der Art, deren Mitgliedschaft in der OVP wir erwägen, zu zitieren, wobei ich mich eines ausgezeichneten Werkes von Spezialisten bediene, und zwar der Galaktischen Terratologie von Grammpluss und Gzeems.«
      Der Vertreter Thubans schlug auf seinem Pult ein gewaltiges Buch auf – die Stelle war besonders gekennzeichnet – und begann zu lesen:
      »Entsprechend der gültigen Systematik umfaßt der Typ Aberran tia (Abseitige) die in unserer Galaxis anomalen Formen. Der Typ unterteilt sich in die Untertypen Debilitales (Blödiane) sowie Antisa pientinales (Vernunftwidrige). Zu letzterem Untertyp gehören die Gruppen Canaliacaea (Scheußler) und Nekroludentia (Leichenspieler).
      Bei den Leichenspielern unterscheiden wir wiederum die Gattung Patricidiaceae (Vatermörder), Matriphagideae (Mutterfresser) und Lasciviaceae (Ekelgeiler oder kurz: Geiler). Die Ekelgeiler, bereits völlig entartete Formen, klassifizieren wir, indem wir sie in Cretini nae (Stumpfmäuler, z.B. Cadaverium Mordans, Leichenbiß-Narrkopf) und Horrorissimae (Unheuer, mit dem klassischen Vertreter in Gestalt des Trübsinnhabachters, Idiontus Erectus Gzeemi) teilen. Einige der Unheuer bilden eigene Pseudokulturen; hierher gehören solche Arten wie Anophilus Belligerens, der Hinterlieb-Schlachter, der sich selbst Genius Pulcherrimus Mundanus nennt,
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