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Sternenstaub

Sternenstaub

Titel: Sternenstaub
Autoren: Kim Winter
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Prüfend strich ich ihm über die Wange. »Warum sind denn da so rote Striemen draufgeschminkt?« Ich zerrieb die Farbe zwischen meinen Fingern.
    Etwas unschlüssig kratzte sich der Kleine an der Nase. Er wollte wohl nicht petzen. Aber dann senkte er sichtlich gekränkt die Hand. »Silas hat gesagt, dass ich den Küchenjungen spielen soll. Du weißt schon, den, der die Ohrfeige kriegt.« Er holte Schwung mit dem Arm und stampfte kräftig mit dem Fuß auf. »Stell dir mal vor, er hatte vor, mir richtig eine zu kleben! Aber das wollte ich nicht!«
    Silas lachte. »War doch nur ein Spaß.«
    »Blöder Spaß«, schmollte Tony.
    »Du darfst mir nicht immer alles glauben.« Silas hielt die Hand hoch, um Tony zur Give me five -Geste einzuladen. Tony überlegte einen Moment, dann aber hellte sich seine Miene schlagartig wieder auf und er schlug ein. »Na gut«, kicherte er.
    Tja, so war unser Tony. Im wahrsten Sinne – und ich meine das wörtlich – ein Glückskind, das niemandem lange böse sein konnte.
    »Und du bist der Prinz?«, fragte ich Silas.
    Er warf sich in die Brust und hob das Schwert. »Yep.«
    Tony legte den Kopf weit in den Nacken, um halbwegs unter der Hutkrempe hervorlinsen zu können. »Wir möchten dir Glück schenken, weil du doch so einen aufregenden Tag vor dir hast.«
    Ich schmolz nur so dahin und ging vor dem Kleinen in die Hocke. »Das ist aber lieb von euch«, sagte ich und kniff ihm zärtlich in die Wange.
    Okay, es mag vielleicht nicht jedem nachvollziehbar erscheinen, dass meine Freunde und meine Schützlinge aus dem Tulpenweg im wahrsten Sinne des Wortes so ein Theater veranstalteten, nur weil ich heute mal meinen Dad traf, aber in der letzten Woche hatte jeder von ihnen, ich betone jeder , ertragen müssen, wie sehr ich neben der Spur war. Noch schusseliger als sonst. Die Hälfte des Tages hatte ich Löcher in die Wand gestarrt und so ziemlich die andere Hälfte kämpfte ich gegen den steinharten Klumpen in meiner Magengegend, weil mein Vater nach so langer Abwesenheit die ganze letzte Woche keine Zeit für mich gefunden hatte. Egal was da in der Wagenburg los war, ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass mir seine Prioritätensetzung nichts ausmachte. Aber ich wollte unserer ersten richtigen Verabredung nicht mit diesem bitteren Beigeschmack begegnen und zwang mich daher, meinen Frust herunterzuschlucken.
    »Mia?«, fragte Silas, wie immer darum bemüht, die logischen Zusammenhänge des Lebens zu ergründen. Er war auf jeden Fall das loduunischste Kind im Tulpenweg, wenn sich das überhaupt so sagen lässt. »Wie ist es eigentlich, wenn man seinen Papa nicht kennt?«
    Um ehrlich zu sein, wusste ich nicht genau, was ich darauf antworten sollte. Zum Glück sprang Lena für mich ein. »Mia kennt ihren Papa doch, sie hat ihn nur sehr lange nicht gesehen. Und jetzt treffen sie sich wieder.«
    Hope zupfte mich am Jeansbein. »Du hast großes Glück, weißt du? Ich würde meine Mama auch gern wiedertreffen.«
    Aber das ging leider nicht. Hopes Mutter war kurz nach ihrer Geburt gestorben. Genau wie es auch dem kleinen Mädchen vorausgesagt wurde, war der Sinn ihrer Mutter gewesen, eine bestimmte Anzahl Kinder zur Welt zu bringen. Und wenn sich der Sinn im Leben eines Loduuners erfüllt hat, stirbt er.
    Was mir als Irdin senkrecht die Fußnägel nach oben steigen ließ, war für meine Loduuner der ganz normale Weg, mehr noch, sie wollten es gar nicht anders. – Bis auf Iason vielleicht, der sich durch sein Leben mit mir hier auf der Erde irgendwie verändert hatte. Und auch wenn unsere Liebe ihn in den letzten Monaten stark verwirrt hatte, schwor er, sich kurz vor seiner Geburt mich als seinen Sinn ausgesucht zu haben, sei die beste Idee gewesen, die ihm jemals gekommen sei. Bizarr irgendwie, wenn ich unsere Beziehung bisher betrachtete. Na ja, zumindest erweiterten wir gegenseitig unseren Horizont und meine gesamte Geschichte würde mich auch Lügen strafen, wenn ich behaupten wollte, dass ich keine tiefe Verbundenheit mit den Loduunern aus dem Tulpenweg empfand, egal, wie anders sie waren.
    »Wenn ich meinen Papa sehe, gebe ich ihm erst mal einen dicken Kuss«, holte Tonys Stimme mich aus den Gedanken zurück. Die anderen Kinder nickten. Hope presste die Lippen aufeinander.
    Hoffentlich könnten die Kleinen bald wieder nach Hause auf ihren Planeten zurück. Dort würde Hope wenigstens ihren Vater wiedersehen. Vorausgesetzt, dass er den Krieg überlebte. Von dem ständigen Hoffen und
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