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Sternenfaust - 181 - Flucht von der Erde

Sternenfaust - 181 - Flucht von der Erde

Titel: Sternenfaust - 181 - Flucht von der Erde
Autoren: Thomas Höhl
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Regionen oder von sonst wo auf der Erde konnte sie sehen. Dafür hatte der Kastellan gesorgt.
    Esau setzte das kleine Mundstück ein, schob sich die Taucherbrille mit dem Innenvisier über die Augen, starrte auf das Wasser und sprang ins Meer.
    Ins kalte Nass einzutauchen war ein Schock, den er inzwischen als aufregend und wohltuend empfand. Es war wie ein Gefühlsrausch für den gesamten Körper. Zugleich konnte er für einen Moment nichts sehen, nur den wilden Strudel aus wirbelnden Luftblasen. Dieser Wirbel, kombiniert mit dem Gefühl der Muskeln, die sich unter der plötzlichen Kälte zusammenzogen, eine Kälte, welche die Lungen durchdrang und den Herzschlag beschleunigte, war wie ein belebender Impuls, der so lange anhielt, bis sich langsam unter Wasser Konturen herausbildeten und sich der Puls wieder normalisierte.
    Langsam holte Esau tief Luft, ließ den künstlichen Sauerstoff in seine Lungen strömen und atmete langsam wieder aus. Er hörte, wie die Luftblasen um seine Ohren sprudelten.
    Der Meeresboden war grau und kahl. Noch stand die Sonne nicht hoch genug, um auf dem Meeresgrund die faszinierenden Lichtspiegelungen zu erzeugen.
    Nur ein winziger Schwarm kleiner Fische raste über den Grund, gerade so, als wären sie auf der Flucht.
    Das Display der Taucherbrille zeigte ihm an, wo sich einige größere Fische befanden, doch Esau verlor plötzlich jegliche Lust, zu ihnen zu schwimmen. Lieber trieb er schwerelos im Wasser, schloss für einen kurzen Moment die Augen und genoss die Stille.
    Als Esau auch davon genug hatte, schwamm er zurück Richtung Ufer, bis das Wasser gerade mal einen halben Meter tief war.
    Schließlich winkelte er die Beine an, setzte sie auf dem sandigen Boden auf und erhob sich.
    Sofort spürte er wieder die Schwerkraft, die seinen Körper fast träge und unbeholfen machte. Und auch das Wasser, mit dem er vor wenigen Sekunden noch wie zu einer Einheit verschmolzen war, schien nun nur noch dafür zu sorgen, dass er Probleme hatte, aufrecht stehen zu bleiben.
    Langsam und mit schweren Gliedern ging Esau an Land. Das Salzwasser tropfte von seinen Lippen. Die Kälte des Morgenwindes verursachte ihm eine Gänsehaut.
    Doch auch die Kälte sorgte nach einer kurzen Zeit nur für ein angenehmes, taubes Gefühl, und als Esau das Handtuch ergriff, wischte er sich lediglich kurz über das Gesicht.
    Vor ihm lag das weiße Gebäude mit den Rasenflächen und den schön arrangierten Gärten, die von unzähligen Robots gepflegt wurden. Dies war alles, was er in seinen neun Lebensjahren von der Welt gesehen hatte. Menschen, Städte, Ländereien und Subregionen … all das kannte er nur aus Videofiles und Erzählungen seines Vaters.
    Als er das Haus betrat, rief sein Vater: »Esau, kommst du zum Frühstück?«
    Das Frühstück war für seinen Vater stets die wichtigste Mahlzeit, und sie zog sich oft bis zur Mittagszeit hin. Entsprechend tafelte sein Vater auch gerne auf, und auch jetzt war das ganze Haus vom süßen Geruch von Pancakes, Waffeln und Toast erfüllt.
    »Komme gleich«, rief Esau. Er wollte sich zunächst noch mit einer kurzen Dusche vom Salzwasser befreien, aber als er den Korridor durchschritt und seinen Vater bereits am Esstisch sitzen sah, hielt er doch für einen Moment inne.
    Vater war inzwischen nicht mehr wiederzuerkennen. Seine Augenhöhlen waren nahezu schwarz, das Gesicht aschfahl, und Esau konnte sehen, wie schwer es seinem Vater fiel, den Becher mit dem Syntho-Shake ruhig zu halten.
    Esaus Vater litt unter TMA. Das war die Abkürzung für Trans-Mutations-Adrenoleukodystrophie, eine unheilbare genetische Mutation, die zu einem Zerfall der weißen Hirnsubstanz führte und die sich auch durch modernste Gen-Therapien nicht stoppen ließ. Es war sogar so, dass alle bekannten Versuche, durch genetische Eingriffe die Ursache der Erkrankung zu beseitigen und die strukturellen Veränderungen der Astrozyten des Gehirns zu vermindern, zu weiteren Mutationen des GFAP-Gens führten.
    Obwohl Esau erst elf Jahre alt war – und da er für sein Alter recht klein war, wirkte er um einiges jünger, zumindest sagte das stets der Kastellan, wenn er sie besuchte – hatte er sich eingehend über die Krankheit informiert und wusste darüber wahrscheinlich mehr als der größte Experte in den Solaren Welten.
    »Guten Morgen«, sagte Esau, nahm am Tisch Platz und angelte sich höflichkeitshalber mit bloßen Händen einen der Pancakes, die auf einer großen, silbernen Platte warmgehalten wurden. Obwohl
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