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Sternenfaust - 096 - Das Triumvirat

Sternenfaust - 096 - Das Triumvirat

Titel: Sternenfaust - 096 - Das Triumvirat
Autoren: M’Raven
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zauderte noch einen Moment, ehe er gestand: »Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass Dagis Rendoy nicht mehr Dagis Rendoy ist. Er hat sich in den letzten Wochen in einer Weise verändert, die zwar sehr subtil ist, die mir aber sehr zu denken gibt.« Er blickte den Shisheni fragend an, um zu ergründen, was dieser von Jaros Theorie hielt.
    »Sprechen Sie weiter«, forderte Keshash ihn ruhig auf. »Woran machen Sie diesen Eindruck fest?«
    Meister Jaro zuckte mit den Schultern. »Ich hatte zwar nie viel mit Rendoy zu tun – nur alle paar Monate einmal auf einem offiziellen Empfang so wie dem vor ein paar Tagen, wenn es hoch kommt –, aber eben da ist mir aufgefallen, dass sich seine gesamte Ausstrahlung verändert hat, wenn Sie verstehen, was ich meine. Sehen Sie, jedes Lebewesen hat eine besondere Ausstrahlung, die nichts mit seinem mehr oder weniger vorhandenen Charisma zu tun hat.«
    Keshash nickte nach menschlicher Manier. »Sie sprechen von dem, was wir das sha’ashish nennen«, stellte er fest. »Oder was die Menschen als Aura bezeichnen und das so unverwechselbar individuell ist wie eine DNA.« Er verzog seinen Schlangenmund zur Imitation eines menschlichen Lächelns. »Und auch bei uns sind es in der Regel ausschließlich die Mitglieder der Priesterschaft, die das sha’ashish wahrnehmen können. Sie meinen also, dass Rendoys sha’ashish sich verändert hat.«
    Meister Jaro nickte ebenfalls. »Und nicht nur das. Er spricht auch ein bisschen anders als sonst. Wie Sie ja wissen, ist das Jubar in manchen Bereichen eine recht komplizierte Sprache, ganz besonders, was die Anredeformen betrifft.«
    »In der Tat«, bestätigte Keshash amüsiert. »Ich habe schon verschiedentlich gehört, dass einige der wenigen J’ebeem, die sich die Mühe machten, unser Shinea zu erlernen, sich verächtlich darüber äußerten, wie simpel unserer Sprache aufgebaut ist. Als ob komplizierte Grammatik oder andere Komplexitäten eine Sprache überlegen machten statt nur ineffizient. Aber Sie glauben bemerkt zu haben, dass Rendoy jetzt auch anders spricht, Meister Jaro?«
    »Ja«, bestätigte der Mönch. »Sehe Sie, der Hochadel, zu dem Rendoy und die anderen Triumvirn gehören, benutzt ganz bestimmte Redewendungen und vor allem Anredeformen gegenüber dem niedrigeren Adel oder gar dem gemeinen Volk. Das Jubar besitzt allein 55 verschiedene Wörter, um die Pluralanrede auszudrücken, je nachdem, wer mit wem spricht.«
    Keshashs Schuppen raschelten in einer Weise, die einem menschlichen Lachen entsprach. »In der Tat ist genau das eine jener Ineffizienzen, die uns am meisten amüsiert, weil sie so völlig bar jeder Logik und absolut sinnlos ist.«
    »Nicht in den Augen der J’ebeem, für die es ja ungeheuer wichtig ist, ihre Standesunterschiede zu wahren und nach außen hin auszudrücken«, widersprach Meister Jaro mit einem breiten Grinsen, wurde aber sofort wieder ernst. »Und genau das ist mir bei dem letzten Empfang aufgefallen. Rendoy hat nicht wie üblich die Anredeformen eines Triumvirs gegenüber niedriger Gestellten gebraucht, als die er uns betrachtet, sondern die Ausdrucksweise des mittleren Adels gegenüber Gleichgestellten. Und das passt absolut nicht zu einem so arroganten Kerl wie Rendoy.«
    Keshash schwieg einen Moment und schlürfte seinen Tee aus der für die Größe seines Mundes erstaunlich kleinen Tasse. Er schlabberte die Flüssigkeit mit blitzartigen Bewegungen seiner schmalen, langen Zunge in sein großes mit scharfen Zähnen bewaffnetes Maul hinein, wobei er überraschend wenige Begleitgeräusche produzierte.
    »In Anbetracht des Kooperationsangebots, das Rendoy uns allen an jenem Tag machte«, sagte der Shisheni schließlich, »könnte das eine absichtliche Formulierung gewesen sein, mit der er seine propagierten guten Absichten unterstreichen wollte.«
    Meister Jaro schüttelte den Kopf. »Das könnte zwar sein, wäre aber erstens absolut untypisch für Rendoy und erklärte außerdem nicht die Veränderung seines sha’ashish «, widersprach er nachdrücklich und hatte plötzlich das Gefühl, dass Keshash etwas vor ihm verbarg.
    Der Shisheni blickte ihn jetzt mit seinen faustgroßen grünen Augen reglos an in einer Weise, die der Christophorer als akute Bedrohung empfunden hätte, hätte ihm nicht sein Gespür gesagt, dass der Botschafter keinerlei Angriff auf ihn im Sinn hatte. In diesem Moment war sich Meister Jaro sicher, dass Keshash nicht nur genau wusste, wovon Jaro sprach, sondern selbst
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