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Sternenfaust - 093 - Auge des Feindes

Sternenfaust - 093 - Auge des Feindes

Titel: Sternenfaust - 093 - Auge des Feindes
Autoren: M’Raven
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kam selbstverständlich nicht in Frage. Nicht einmal, um seine eigene Haut zu retten.
    Zumindest nicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt …
     
    *
     
    Lorrin Sakala aus dem Hohen Haus Naris beendete seinen Dienst für Dagis Rendoy, einem der drei mächtigsten Männer im j’ebeemischen Reich, für diesen Tag und verließ die Residenz der Triumvirn.
    Es war schon reichlich spät, aber darauf nahm Rendoy natürlich keine Rücksicht. Und Lorrin war schon zu lange Rendoys Protokollführer, um sich darüber noch aufzuregen. Er hatte die höchste Stellung inne, die ein J’ebeem überhaupt erhalten konnte und genoss die damit verbundenen Privilegien. Er hätte sogar ein eigenes Haus und ein Lehen erhalten können, wenn er gewollt hätte; Rendoy hatte es ihm oft genug angeboten.
    Doch Lorrin fühlte sich nicht berufen, ein eigenes Haus zu gründen und ein Lehen zu verwalten. Zumindest nicht, solange er noch im aktiven Dienst Rendoys stand. Und ob er nach seinem Ausscheiden aus diesem Dienst noch allzu lange in der Lage sein würde, seinen Ruhestand geschweige denn die Vorteile eines Lehens zu genießen, war mehr als fraglich. Die Protokollführer der Triumvirn pflegten nach dem Ende ihrer Dienstzeit zu derart unachtsamen Trotteln zu werden, dass sie alle nur wenige Tage bis höchstens zwei Wochen später tödlichen Unfällen zum Opfer fielen oder an plötzlich auftretenden Krankheiten zugrunde gingen.
    Lorrin machte sich keine Illusionen, dass auch er einen »Unfall« erleiden würde, sobald er in fünf, spätestens zehn Jahren aus Rendoys Dienst schied. Vom Standpunkt der Triumvirn betrachtet war das eine durchaus folgerichtige Handhabung des Problems. Die Protokollführer der drei Regierenden waren das, was man bei den J’erde als »Privatsekretäre« bezeichnete. Sie waren nicht nur Geheimnisträger der allerhöchsten Sicherheitsstufe – und wussten als solche in gewissen Dingen sogar sehr viel mehr als der Temuran –, sondern auch die einzigen Personen, denen die Triumvirn vertrauten. So sie denn überhaupt jemandem vertrauten. Jeder Protokollführer wurde sorgfältigst ausgesucht und vom Temuran bis in die winzigste Zelle seines Körpers und den letzten Winkel seines Geistes überprüft, bevor die Linientreuesten und Loyalsten von ihnen, die sich zusätzlich durch ein tiefes Bedürfnis zu dienen neben einem absoluten Mangel an Ehrgeiz auszeichneten, einem Triumvir zugeteilt wurden.
    Auch Lorrin hatte seine Karriere unter diesen Vorzeichen begonnen und diese Vertrauensstellung erreicht und behalten. Und das, obwohl das Haus Naris schon des Öfteren an der Politik des Triumvirats Kritik geübt hatte. Ausgewogene Kritik wohlgemerkt – nicht genug, um die Triumvirn dazu zu provozieren, dem Haus seinen Adelstitel und sämtliche Lehen abzuerkennen oder es gleich vollständig auszulöschen, aber doch genug, um Aufmerksamkeit zu erregen. Lorrin hatte sich natürlich immer wieder von der Kritik seines älteren Bruders Karsan Sakala distanziert und sie sogar scharf verurteilt, ja, sich am Ende sogar von der ganzen Familie losgesagt und jeden Kontakt zu seinen Verwandten abgebrochen.
    Dass das Ganze Teil eines ausgeklügelten Plans war, der so sorgfältig aufgebaut und konstruiert war, dass nicht einmal der Temuran bis jetzt Wind davon bekommen hatte, wussten nur wenige. Und das Ziel dieses Plans war nur einer Handvoll ausgesuchter Eingeweihter bekannt, denn je weniger davon wussten, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass der Plan gelang.
    Immerhin hatte ein Aspekt davon gerade wieder einmal hervorragend funktioniert. Der Temuran musste auf Anweisung von Dagis Rendoy einen Teil seiner Kräfte für die Überwachung von Karsan Sakala und seinem Haus binden und war somit von gewissen anderen Dingen abgelenkt …
    Jedenfalls war das offizielle Zerwürfnis mit der Familie der Grund, weshalb Lorrin seine spärliche Freizeit allein verbrachte und sie damit begann, dass er jeden Abend, an dem er seine Arbeit für Dagis Rendoy rechtzeitig beenden konnte, ein Konzert besuchte. Musik half ihm zu entspannen, in Ruhe nachzudenken und auch die Angst zu besänftigen, die er ab und zu verspürte, wenn er Karsan wieder einmal eine wichtige Information zugespielt hatte.
    Als Mitglied eines Hohen Hauses und Protokollführer eines Triumvirs saß Lorrin in den Rängen der Emporen und hatte eine Kabine für sich. Er beugte sich vor, als das Ensemble die Bühne betrat und die Solistin sich anmutig vor dem Publikum verneigte. Tamfura Hattis
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